Vor etwas mehr als einem Jahr startete Raiffeisen Burgenland eine landesweite Nachhaltigkeitsinitiative, seither wurden 18 Energiegenossenschaften mit etwas über 2.000 Zählpunkten gegründet – davon haben knapp 600 eine eigene Photovoltaikanlage. Die Energiegenossenschaften, die derzeit auf Solarstrom fokussiert sind, sind mittlerweile auch alle in Betrieb und decken mithilfe des Engagements aller burgenländischen Raiffeisenbanken quasi die gesamte Fläche des Bundeslandes ab.
„Mit dem in Österreich einzigartigen und visionären Modell haben wir seit Jahresbeginn über 2 Millionen Kilowattstunden (kWh) Strom produziert“, freut sich Rudolf Könighofer, Generaldirektor der Raiffeisenlandesbank Burgenland, in einer ersten Zwischenbilanz. Zum Vergleich: Ein österreichischer Haushalt verbrauchte im Schnitt 4.415 kWh Strom jährlich. Damit hätte man insgesamt 476 Haushalte ganzjährig mit Strom versorgen können.
Mit den Energiegenossenschaften wird aktiv in eine vorausschauende und nachhaltige regionale Infrastruktur investiert. Das hat auch die Landeshauptstadt dazu bewogen, gleich bei der ersten Energiegenossenschaft mitzumachen. „Das war ein Megaschritt für uns“, strich Könighofer hervor. Seit Jahren mache man sich Gedanken und setze Aktivitäten, um effizienter mit der Energie umzugehen, zum Klimaschutz beizutragen und auch die Menschen mitzunehmen, betonte Eisenstadts Bürgermeister Thomas Steiner. Insofern war das ein großes Anliegen. Die Zahlen der Energiegenossenschaften im ersten Jahr seien insgesamt beeindruckend. So habe etwa die Energiegenossenschaft Eisenstadt in Summe mehr als 400 Mitglieder. Damit zähle man zu den größten Energiegenossenschaften Österreichs.
„Es war ein logischer Schritt, den Genossenschaftsgedanken auf die Themen ,Energie’ und ,Nachhaltigkeit’ auszuweiten“, erklärte Generaldirektor-Stellvertreterin Eva Fugger. Seit Beginn der Initiative habe man rund 250 Photovoltaik-Anlagen im gesamten Bundesland finanziert, wobei der Fokus auf versiegelte Flächen gelegt wurde – getreu dem Motto ‚Dächer vor Äcker‘. Der Autarkiegrad der burgenländischen Energiegenossenschaften sei mit 30 bis 40 Prozent sehr hoch. Eine Energiegenossenschaft funktioniere dann besonders gut, wenn möglichst viele Mitglieder mit unterschiedlichem Strom-Abnahmeverhalten („Lastprofile“) teilnehmen, denn dann werde zu unterschiedlichen Zeiten Strom benötigt und produziert. „Private produzieren unter der Woche einen Stromüberschuss und benötigen ihn am Wochenende, Unternehmen umgekehrt“, erläuterte die Risikovorständin.
Zahlreiche Benefits
Die Vorteile für die Mitglieder der Energiegenossenschaften, die nicht gewinnorientiert, sondern gemeinnützig sind, sind mannigfaltig. Dazu zählt Könighofer unter anderem die reduzierten Netzkosten, die Befreiungen von bestimmten Abgaben wie der Elektrizitätsabgabe oder Gebrauchsabgabe, aber auch die Möglichkeit, den Preis für den produzierten Strom durch die Energiegenossenschaft selbst festzulegen. „Eine Energiegenossenschaft ist wie ein Fonds – mittel- und langfristig kann man daraus nur profitieren“, sagt der Generaldirektor. Daneben werde auch das Bewusstsein für Klima und Energie gestärkt, die Energiewende aktiv unterstützt und der CO₂-Fußabdruck der Mitglieder, aber auch der ganzen Region und des Burgenlands insgesamt verringert.
Mit Sonnenstrom aus der Region kann die Unabhängigkeit vom internationalen Strommarkt gelingen. Einer der Hauptgründe für die Gründung der Energiegenossenschaften war, allen Genossenschaftsmitgliedern attraktive Preise sowie langfristige Sicherheit und Stabilität zu bieten. Aber auch gemeinsam in der Region wichtige Schritte in Richtung nachhaltiger Energieerzeugung zu setzen. Die Tarife werden vierteljährlich zum nächstmöglichen gesetzlichen Termin angepasst, ab dem 1. Oktober 2023 werden die Tarife erneut gesenkt.
Raiffeisen Burgenland leistet mit dieser Initiative einen Beitrag zur Attraktivität der Energiegenossenschaften, indem es ehrenamtlich und unentgeltlich die Mitgliederverwaltung übernimmt. Zudem stellt der Revisionsverband über die laufende Prüfung und Kontrolle auch die Einhaltung der Gemeinnützigkeit sicher. Darüber hinaus benötigt eine Energiegenossenschaft unter anderem auch eine Finanzbuchhaltung, einen Jahresabschluss, eine Anteilsverwaltung und muss etwa monatlich den Stromhandel für die Mitglieder abrechnen. „Mit der Erfahrung und den Kooperationspartnern von Raiffeisen können diese Dienstleistungen zu einem günstigen Teilkostenersatz von 3 Cent Deckungsbeitrag pro kWh erbracht werden“, sagte Fugger.
Herbstschwerpunkt „Kesseltausch“
Mit der Nachhaltigkeitsinitiative hat sich Raiffeisen Burgenland auch zum Ziel gesetzt, die Menschen in der Region zu informieren, zu vernetzen und innovative Projekte für eine ökologisch lebenswerte Zukunft zu fördern. Nun soll mit einem Kesseltausch ein weiterer Schritt in diese Richtung folgen. „Der Umstieg auf ökologische Heizsysteme erfordert eine gewisse Investition. Dennoch sind diese Kosten langfristig gesehen gut investiert, da sie nicht nur die Umwelt schützen, sondern auch die Energieeffizienz steigern und die Energiekosten senken. Mit dem Online-Nachhaltigkeitsrechner auf der Website der Raiffeisen Nachhaltigkeitsinitiative wollen wir Orientierung geben und detailliert darüber informieren, welche Kosten und welcher Nutzen mit Investitionen in eine grünere Zukunft verbunden sind“, erläuterte Vorstand Rudolf Suttner.
Im vergangenen Jahr wurden burgenlandweit insgesamt 120 Informationsveranstaltungen durchgeführt, um die Vorteile der Energiegenossenschaft zu veranschaulichen. Mit der Aktion „Mitglieder werben Mitglieder“ wird der Weg der burgenländischen Energiegenossenschaften konsequent weitergegangen und Burgenländer eingeladen, Teil dieser zukunftsweisenden Initiative zu werden. Die Aktion läuft bis zum Ende 2023. Für die ersten 2.000 neuen Mitglieder erhält jedes Genossenschaftsmitglied ab Ende März 2024 eine Gutschrift von 100 kWh. Darüber hinaus wird auch eine neue Herbstkampagne („Erneuerbare Energie zum Happy-Preis“) gestartet.
Preise vergeben
Mit Gewinnspielen und Innovationspreisen will Raiffeisen für mehr Klimabewusstsein unter den Burgenländern sorgen. Im Rahmen eines landesweiten Gewinnspiels wurden insgesamt vier Photovoltaikanlagen ausgelobt, davon eine mit einer Leistung von 5 Kilowatt-Peak inklusive Montage vergeben. Dieser Preis wurde im Rahmen der Pressekonferenz symbolisch an die Gewinnerin Gertraud Mader übergeben. Der im Vorjahr neu geschaffene Innovationspreis der Raiffeisen Nachhaltigkeitsinitiative Burgenland wurde heuer wiederum an innovative Projekte im Bereich Nachhaltigkeit übergeben. Der Preis ist mit 2.000 Euro dotiert und wurde 2023 gleich an zwei Preisträger aus unterschiedlichen Bereichen übergeben: Einerseits an die beiden ehemaligen Schüler der HTL Pinkafeld, Siavash Salehi und Ali Gilaki, die sich in ihrer Diplomarbeit mit dem Thema Energiegenossenschaften beschäftigen, und andererseits an die in St. Margarethen ansässige Firma CleanWell GmbH, die mit einem speziellen Roboter Photovoltaik-Reinigung anbietet.