Die zwölf Gemeinden der Region Eferding haben 2002 einen Verein für die Regionalentwicklung und zur Abwicklung des EU-Förderprogramms LEADER gegründet. Ab 2007 wollte man sich stärker dem Thema alternative Energien widmen, 2009 wurde der Bezirk dann als erster Klimabündnisbezirk ausgezeichnet. „Alle Gemeinden haben Energiekonzepte erarbeitet und hatten viel Potenzial für Klimaschutz und Energieeffizienz in der Schublade, aber eigentlich kein Geld für die Umsetzung“, erinnert sich Susanne Kreinecker, Obfrau der Energiegenossenschaft Region Eferding.
Im nächsten Schritt hat sich die Region als Modellregion beim Klima- und Energiefonds beworben und wurde auch als solche anerkannt. „Das hat uns die Sicherheit gegeben, die Projekte mit fachlicher Begleitung eines Energiemanagers umsetzen zu können“, so Kreinecker. Nur an einem rechtlichen Rahmen für das Realisieren von investiven Energieprojekten fehlte es noch. Ein Verein war aufgrund der Haftungsfrage keine Option. „Eine GmbH war uns – als kleine Region – immer zu groß. Mit der Idee, eine Genossenschaft zu gründen, hat uns der Geschäftsleiter der örtlichen Raiffeisenbank an den Raiffeisenverband Oberösterreich verwiesen“, sagt Kreinecker. Dort habe man viele Fragen gestellt und auch auf alle eine Antwort bekommen. „Ein vom Verband eigens erstelltes Rechtsgutachten hat aufgezeigt, in welcher Form wir Bürgerbeteiligung bei der Errichtung von Photovoltaik-Anlagen umsetzen können. Nachdem das geklärt war, wurde im September 2012 die Genossenschaft gegründet.“ Tätigkeitsgebiet der Genossenschaft ist der Bezirk Eferding und angrenzende Gemeinden, derzeit werden PV-Anlagen ausschließlich auf öffentlichen Dächern errichtet.
Wie kommen die PV-Anlagen nun auf die Dächer?
Susanne Kreinecker: Wir haben analysiert, welche Dachflächen sich in der Region eignen würden und gehen proaktiv auf die Gemeinden und öffentlichen Verbände zu und bieten ihnen an, mit uns gemeinsam Photovoltaik-Anlagen zu errichten.
Warum braucht es die Energiegenossenschaft dazu?
Kreinecker: Der große Vorteil für die Gemeinden ist, dass sie kein eigenes Geld und auch kein Know-how benötigen. Sie stellen eine Dachfläche für einen bestimmten Zeitraum zur Verfügung. Die Genossenschaft errichtet eine PV-Anlage und bietet das nicht-geförderte Investitionsvolumen als Bürgerbeteiligung von maximal 5.000 Euro pro Haushalt an. Das wird in Form von Inhaberschuldverschreibungen umgesetzt. Je nach Rendite, die wir erwirtschaften können, bieten wir einen entsprechenden Zinssatz für diese Beteiligungen. Zurückgezahlt wird das eingesetzte Kapital in Jahrestranchen inklusive Verzinsung des aushaftenden Kapitals. Ist die Anlage abgezahlt, übergeben wir sie an die jeweilige Gemeinde oder den Verband.
Was passiert mit dem Strom, der davor produziert wurde?
Kreinecker: Es gibt zwei verschiedene Modelle. Das eine sind Volleinspeisemodelle, hier haben wir Verträge mit der OeMAG (Anm. Abwicklungsstelle für Ökostrom), wo wir den produzierten Strom über die festgesetzte Laufzeit zum Fixpreis in das öffentliche Netz einspeisen. Bei den Überschusseinspeiseanlagen wird grundsätzlich der Strom im eigenen Gebäude verbraucht und nur der Überschuss in das Netz eingespeist.
Wie viele Anlagen sind mittlerweile errichtet worden?
Kreinecker: Die Energiegenossenschaft Region Eferding hat mittlerweile 18 Anlagen mit mehr als 500 kWp errichtet. Wenn das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz beschlossen wird, hätten wir im Moment zwei weitere größere Projekte, die sich für eine Energiegemeinschaft eignen würden. Zurzeit fehlt es aber noch an den entsprechenden Rahmenbedingungen, um in die Umsetzung gehen zu können.
Gibt es in der Region Eferding noch mehr Potenzial für PV-Anlagen?
Kreinecker: Durchaus. Es werden immer wieder neue öffentliche Gebäude errichtet. Und wir haben noch nicht alle bestehenden Flächen bestückt. Natürlich ist das Potenzial irgendwann einmal erschöpft. Das Ziel der Genossenschaft ist aber nicht, möglichst viele PV-Anlagen zu bauen, sondern das vorhandene Potenzial in einer verträglichen Geschwindigkeit zu entwickeln.
Und eventuell andere erneuerbare Energieträger?
Kreinecker: Wir haben bereits geprüft, ob wir in anderen Bereichen der erneuerbaren Energien tätig werden können. Windmessungen haben gezeigt, dass es dafür kein Potenzial in der Region gibt. Bei Wasserkraft gäbe es Potenzial und auch Interessenten, aber das ist im Moment nicht wirtschaftlich darstellbar.
Gibt es noch weitere Geschäftsfelder?
Kreinecker: Ja, wir beraten sehr viele Privathaushalte, teilweise auch Betriebe und Landwirte, wenn es beispielsweise um die Umstellung von Heizsystemen oder den Bau von PV-Anlagen geht. Zusätzlich betreiben wir in der Region vier Car-Sharing-Standorte, wollen aber auch Fahrtendienste zusätzlich zum Öffentlichen Verkehr in der Region aufbauen. Grundsätzlich ist auch die Bewusstseinsbildung zum Klima- und Umweltschutz ein großes Thema. Aktuell arbeiten wir intensiv am Aufbau eines Direktvermarkternetzwerkes, um die Konsumenten zu informieren, wo regionale Produkte angeboten werden. Außerdem wird eine Kampagne zur Steigerung des Alltagsradverkehrs unter dem Motto „Radln auf Rezept“ gemeinsam mit Ärzten und Therapeuten vorbereitet. Abgeschlossen ist mittlerweile die zweite Ausschreibung zur Umstellung von Straßenbeleuchtung auf LED, die wir jeweils für mehrere Gemeinden koordiniert und durchgeführt haben.
Wohin soll sich die Energiegenossenschaft künftig entwickeln?
Kreinecker: Wir gehen davon aus, dass es in den nächsten Jahren genug Potenzial zur Weiterentwicklung der Genossenschaft, zur Erweiterung der Geschäftsfelder geben wird. Die Themenfelder sind breit gefächert: Erneuerbare Energie, Energieeffizienz, Mobilität, Lebensmittelversorgung und so weiter. Ziel ist es, möglichst zeitnah die Fahrtendienste in der Region zu etablieren.
Bis 2030 will Österreich 100 Prozent des benötigten Stroms aus erneuerbaren Energiequellen gewinnen. Geht sich das aus?
Kreinecker: Natürlich sind die Ziele sehr ambitioniert und wir haben nicht mehr viel Zeit. Wichtig ist, dass der Gesetzgeber umsetzungsfähige Rahmenbedingungen schafft. In vielen Bereichen sehen wir, dass bisher die Bürokratie das größte Hindernis ist. Vorerst hoffen wir darauf, dass das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz praktikabel umsetzbar ist. Aus meiner Sicht ist es wichtig, bei der Schaffung von Rahmenbedingungen die Umsetzungsebene schon miteinzubinden.