Wissentlich unangenehmen Dingen widmet man sich erst, wenn es wirklich sein muss: Tagsüber lassen sich die Zahnschmerzen ignorieren, werden sie nachts schlimmer, hilft eine Tablette. Die Zeit vergeht, das Problem vermeintlich gelöst. Doch dann, ein stechender Schmerz, ein penetrantes Pochen. Am Zahnarzt führt nun kein Weg vorbei, es kommt zum Unausweichlichen, der Zahn muss weg. Das Lächeln vergeht, denn es klafft im Mund eine unschöne Lücke. Im Nachhinein ärgert man sich: Wäre man doch gleich zum Arzt gegangen, hätte es nicht so weit kommen müssen. Nun ja, so ist es jetzt, beim nächsten Mal dann anders, belügt man sich.
So oder so ähnlich handhaben jüngere Menschen auch ihre Pensionsvorsorge. Obwohl es nichts Unangenehmes hat, sich mit seiner Zukunft auseinanderzusetzen und die positiven Effekte einer privaten Altersvorsorge nachweislich auf der Hand liegen, laufen auch hier viele Gefahr, mit einer (Pensions-)Lücke leben zu müssen. Und das, obwohl sich heute schon 75 Prozent von ihnen um die Sicherheit und Angemessenheit ihrer zukünftigen Pension Sorgen machen – zwar an zweiter Stelle nach der Teuerung, aber noch vor dem Klimawandel, wie eine aktuelle Studie zeigt.
Die von der „Initiative 2050“ beauftragte Jugendstudie gibt Einblicke in „die Sorgen und Aussichten junger Menschen in Österreich zu ihrer finanziellen Zukunft im Alter“. Dafür wurden 800 junge Erwachsene im Alter von 18 bis 30 Jahren befragt. An der Initiative 2050 sind alle Anbieter der betrieblichen und privaten Pensionsvorsorge in Österreich beteiligt. Zu diesen zählen der Fachverband der Pensions- und Vorsorgekassen, der Verband der Versicherungsunternehmen Österreichs (VVO) und die Vereinigung Österreichischer Investmentgesellschaften (VÖIG).
Mangelndes Vertrauen
Durchschnittlich erwarten sich die Befragten eine staatliche Pension von rund 1.400 Euro. „Ein Betrag, der den gewünschten Lebensstandard im Alter vermutlich nicht sichern kann und erstaunlich genau an der Grenze für Altersarmut liegt“, heißt es seitens der Initiative 2050. Dementsprechend sind sich auch gerade einmal 6 Prozent „ganz sicher“, dass sie mit der staatlichen Pension ihren Lebensstandard aufrechterhalten können. 27 Prozent sagen „eher schon“. 39 Prozent glauben allerdings „eher nicht“ daran, 23 Prozent sind sich „ganz sicher“, dass sich das nicht ausgehen wird. Dass 58 Prozent der Befragten angeben, wenig bis kein Vertrauen in das staatliche Pensionssystem zu haben, verwundert somit kaum.
„Die tiefe Besorgnis junger Menschen über ihre zukünftige Pension und das mangelnde Vertrauen in das staatliche System zeigen uns, wie dringend wir handeln müssen. Es ist jedoch ermutigend, dass junge Menschen bereit sind, in ihre Altersvorsorge zu investieren“, sagt Andreas Zakostelsky, Obmann des Fachverbandes der Pensions- und Vorsorgekassen in der Wirtschaftskammer Österreich (WKO).
Grundsätzlich positiv
Mit 54 Prozent hat die Mehrheit noch keine private Vorsorge in Ergänzung zur staatlichen Pension abgeschlossen. Nichtsdestotrotz steht man dieser aber grundsätzlich positiv gegenüber. Auch das Einzahlen in eine Zusatzpensionsvorsorge ist für 52 Prozent vorstellbar. Durchschnittlich haben die Befragten hier einen Betrag von etwas über 100 Euro pro Monat angegeben.
Allerdings geben insbesondere Geringverdiener und Teilzeitbeschäftigte an, sich den finanziellen Aufwand für eine Pensionsvorsorge derzeit nicht leisten zu können. „Vor allem für jene mit geringen freien Mitteln für die private Vorsorge bieten die Betrieblichen Vorsorgekassen aber bereits einen ersten wichtigen Baustein für die finanzielle Absicherung im Alter“, unterstreicht Andreas Csurda, Obmann-Stellvertreter und Vorsitzender der Berufsgruppe Vorsorgekassen in der WKO.
Auch VÖIG-Präsident Heinz Bednar sieht in den Ergebnissen der Jugendstudie „einen klaren Beleg für die Dringlichkeit, die persönliche Vorsorge als Ergänzung zu den staatlichen und betrieblichen Pensionssystemen weiter auszubauen“.
Die Studienergebnisse will man keinesfalls als Kritik an der ersten Säule des Pensionssystems verstehen, heißt es seitens der Verbände: „Vielmehr gilt es, die Bedeutung einer ergänzenden privaten und betrieblichen Vorsorge zu betonen.“
Bewusstsein bilden
Dass trotz der Sorgen um die Pension und der grundsätzlich positiven Haltung gegenüber privater Altersvorsorge die Mehrheit noch keine ergänzende Vorsorge abgeschlossen hat, ist für Peter Eichler vom Verband der Versicherungsunternehmen Österreich (VVO) „ein deutlicher Hinweis auf die Notwendigkeit von Bewusstseinsbildung und Anreizen“.
Die Ergebnisse zeigen, dass insbesondere Menschen mit bereits abgeschlossener privater Altersvorsorge, höher Gebildete und Männer sich „sehr bis eher gut“ über die Themen Geld und Finanzen informiert fühlen. 40 Prozent sehen sich „weniger bis gar nicht gut“ informiert. Zudem sagen 41 Prozent, dass in der Schule keinesfalls ausreichend Wissen zu diesen Themen vermittelt wurde.
Diese schulischen Wissenslücken werden vor allem online (52 Prozent) oder in Gesprächen mit dem sozialen Umfeld (36 Prozent) ausgeglichen. 17 Prozent geben an, sich nicht aktiv über die Themen Geld und Finanzen zu informieren.
Dass die junge Generation grundsätzlich bereit wäre, in eine sichere Zukunft zu investieren, müsse nun von den zuständigen Institutionen und der Politik gefördert und durch gezielte Maßnahmen in konkrete Vorsorgestrategien umgewandelt werden, betont man seitens der Initiative 2050: „Denn nur so kann ein Fundament gelegt werden, auf dem jeder Einzelne sein Alter sorgenfrei genießen kann.“