In den letzten zwei Jahrzehnten entstanden in Österreich zahlreiche alternative Lebensmittelnetzwerke (ALN): Gemeinschaften von Konsumierenden und/oder Produzierenden, die sich selbst organisieren. Dazu zählen in Österreich vor allem Foodcoops (Einkaufsgruppen), solidarische Landwirtschaften (SoLaWi) und Gemeinschaftsgärten, bei denen die Beteiligten die Kontrolle über ihre Lebensmittelversorgung gewinnen möchten. Sie gelten vielfach als Alternativen zur konventionellen Form der Lebensmittelproduktion und -versorgung sowie deren Marktmechanismus. Dabei weisen die alternativen Lebensmittelnetzwerke viele Ähnlichkeiten zum Genossenschaftswesen und dessen Grundsäulen – Demokratie, Solidarität, Regionalität sowie die Förderung der Mitglieder – auf.
Wie Genossenschaften für solche alternativen Lebensmittelnetzwerke Chancen bieten können, hat nun eine Grazer Forschergruppe untersucht. Dieser gehörten als leitende Institution das RCE Graz-Styria – Zentrum für nachhaltige Gesellschaftstransformation der Universität Graz, das Interdisziplinäre Forschungszentrum für Technik, Arbeit und Kultur sowie der Raiffeisenverband Steiermark an, der seine genossenschaftliche Expertise in das Projekt einbrachte.
Das auf 30 Monate ausgelegte Projekt „CoopsForFood“ widmete sich der Frage, wie die klimarelevanten Innovationen aus dem Bereich der alternativen Lebensmittelnetzwerke sozial inklusiver gestaltet werden können. Dazu wurde das Modell einer Multi-Stakeholder-Genossenschaft mit dem Namen „SuperCoop“ entwickelt. Das Modell der SuperCoop, das unterschiedliche Ausbaustufen umfasst, sollte die Innovationen von alternativen Lebensmittelnetzwerken mit der Expertise und den organisationalen Möglichkeiten aus dem Genossenschaftssektor verbinden. Für die Entwicklung des Modells wurden gute Praktiken, die Prinzipien und Innovationen von alternativen Lebensmittelnetzwerken mit der Rechtsform der Genossenschaft verbinden sowie die Bedarfslagen verschiedener sozialer Gruppen und potenzieller Stakeholder einer solchen Genossenschaft im Grazer Raum erhoben.
Um einen konkreten Gründungsimpuls zu setzen, wurde dieses Modell verschiedenen potenziellen Stakeholdern vorgestellt und mit diesen kritisch diskutiert. Die Erfahrungen aus diesen Diskussionen flossen in ein Handbuch ein. Dieses richtet sich an Menschen, die sich für eine SuperCoop interessieren, das heißt, einen sozial inklusiven und potenziell größer skalierten Ansatz für die sozial-ökologische Transformation des Ernährungssystems verfolgen wollen.
Das Handbuch gibt eine Orientierungshilfe anhand von Kernfragen, die sich Gründungswillige stellen sollten. Es erläutert in leicht verständlicher Sprache die Potenziale und Herausforderungen von Genossenschaftsgründungen im Allgemeinen und einer SuperCoop im Speziellen. Gründungswilligen Menschen soll dabei bewusst gemacht werden, dass eine erfolgreiche, authentische Genossenschaft, die das Potenzial hat, benachteiligte Personengruppen zu inkludieren, nicht nur betriebswirtschaftlich tragfähig, sondern auch sozial ansprechend und belastbar sein muss.