Kein Motto, aber ein durchaus wichtiges Thema hatte die Dachverbandstagung der Geschäftsleitervereinigungen Österreichs in diesem Jahr: Nach zwölf Jahren Präsidentschaft von Alfons Neumayer wurde mit Andreas Weber ein neuer Obmann gewählt. Der langjährige Geschäftsleiter der Raiffeisenbank Region Amstetten wurde bei der Generalversammlung mit 100 Prozent der Stimmen zum Präsidenten des Dachverbandes gekürt.
Der gebürtige Burgenländer, der seine Karriere bei der Raiffeisenbank Neusiedlersee begonnen hat und nach Zwischenstationen bei der ÖVAG und der BAWAG fünf Jahre lang in der RLB NÖ-Wien tätig war, ist vor 18 Jahren wieder dem Ruf der Primärstufe nach Amstetten gefolgt. Ein besonderes Anliegen im Bankgeschäft ist dem leidenschaftlichen Sportler stets der Vertrieb gewesen, wie er selbst betont.
Für seine Tätigkeit im Dachverband habe er sich drei Ziele gesetzt: Oberste Priorität habe die Interessenvertretung, wobei man sich zunächst den Themen Gehälter, Pensionen und der Abberufung von Geschäftsleitern widmen wolle. Wichtig sei ihm zudem, die Selbständigkeit der Raiffeisenbanken zu erhalten und die Kommunikation im Dachverband zu verbessern. Im Herbst sei eine Klausur geplant, bei der diese Schwerpunkte im Detail erarbeitet werden sollen.
Brücke von Andau
Die heurige Dachverbandstagung fand in Andau im burgenländischen Seewinkel statt. Wenige Kilometer außerhalb des Ortes befindet sich die Brücke von Andau, eine kleine Holzbrücke über den Einser-Kanal an der österreichisch-ungarischen Grenze, die berühmt wurde, als nach der Niederschlagung des ungarischen Volksaufstandes 1956 hier Zehntausende Menschen nach Österreich flüchteten. Eine Brücke sei auch für eine Organisation wie Raiffeisen, die das „Wir“ betone, von großer Bedeutung, leitete Moderator Christian Seidl zum inhaltlichen Teil der Dachverbandstagung über.
So gratulierte auch Generalanwalt Erwin Hameseder den anwesenden Geschäftsleitern nicht nur zum hervorragenden Ergebnis 2023 auf Primär- und Landesbank-Ebene, sondern bedankte sich auch für „das Gemeinsame und das gute Miteinander“: „Gemeinsam haben wir ein dickes Fundament für die Zukunft gebaut“. Zahlreiche Strukturmaßnahmen und auch Fusionen hätten dazu geführt, dass wir uns „interne Stärke geholt“ haben. Die steigenden Zinsen haben in dieser Entwicklung wie ein Turbo gewirkt. Die guten Jahresabschlüsse seien aber keine Selbstverständlichkeit, sondern ein Ergebnis intensiver Arbeit, vor allem in der zurückliegenden Niedrigzinsphase, gewesen.
Auch 2024 geht der Generalanwalt von guten Ergebnissen für die Raiffeisen Bankengruppe Österreich aus, wenngleich schon zu bemerken sei, dass die Risikosituation sich verändere. Vor allem im Immobiliengeschäft seien „schon dunkle Wolken aufgezogen – aber noch kein Gewitter“, so Hameseder. In seiner Rolle als Obmann des ÖRV, dem Prüfungsverband des Sektors, begrüßte der Generalanwalt daher, dass sich die internen Gremien noch stärker mit dem Thema Früherkennung und Stärkung der Risikotragfähigkeit auseinandersetzen.
Wettbewerb der besten Köpfe
Froh zeigte sich der Generalanwalt auch über den einheitlichen Auftritt von Raiffeisen Österreich am Markt, der gemeinsam mit der Raiffeisen Bank International, der Zentralen Raiffeisenwerbung (ZRW) und dem Dachverband gelungen sei und bei dem über die Marke Raiffeisen eine gemeinsame Botschaft und eine einheitliche Kultur nach außen getragen werde. „Es geht um den Wettbewerb der besten Köpfe“, weiß Hameseder.
Besonders am Herzen liege ihm, Hameseder, das Thema Diversität – jedoch nicht nur geschlechterbezogen, sondern auch, dass es uns gelingen muss, junge Menschen im Hauptberuf und in den Gremien anzusprechen. Dies sei wichtig, „um möglichst die richtigen Entscheidungen treffen zu können“. Es sei wichtig, die Gesellschaft in den Raiffeisenbanken, in den Landesbanken und auf Eigentümerebene abzubilden, dann sei Raiffeisen für die Zukunft gut aufgestellt.
Zur „spannenden Situation“ bei der RBI betonte Hameseder als deren Aufsichtsratspräsident einmal mehr, dass das Institut 2023 ein hervorragendes Ergebnis eingefahren habe und in Russland das Risiko gezielt deutlich verringert wurde. Die EZB übe unglaublichen Druck aus, dass sich die RBI aus Russland zurückziehe. Aber in letzter Konsequenz entscheide darüber der russische Präsident Putin. „Unser Job ist es, den Schaden zu minimieren und einen gangbaren Weg aus dieser Situation heraus zu finden“, stellte Hameseder klar.
Raiffeisen-Antworten
Bei einer hochkarätig besetzten Paneldiskussion wurden Raiffeisen-Antworten auf künftige Herausforderungen diskutiert. Für Rudolf Könighofer, Generaldirektor der RLB Burgenland, ist „die Bürokratie zur Krise geworden“. Daher sei es die wichtigste Aufgabe des Managements, „die Bürokratie von den Mitarbeitern fernzuhalten“. Nicht zuletzt deshalb habe man sich im Burgenland entschieden, mit Raiffeisen NÖ-Wien in der Abwicklung näher zusammenzurücken. Wichtig sei zudem, die Mitarbeiter entsprechend der neuen regulatorischen Vorgaben gut auszubilden, ihnen die nötige Flexibilität zu geben und auf Basis eines guten Employer Brandings im Unternehmen zu halten, betonte Könighofer: „Wo der Kunde ist, ist das Geschäft. Unsere Mitarbeiter sind ausschlaggebend für unsere Performance.“
Auch Heinrich Schaller, Generaldirektor der RLB OÖ, sieht die Regulatorik aktuell als größte Herausforderung: „Wenn wir so weitermachen, fahren wir in Europa an die Wand – nicht nur bei den Banken, sondern auch in der Realwirtschaft“, so Schaller. Zur Entwicklung in der IT sieht der Generaldirektor zwar die Angst vor den Digitalbanken als nicht gerechtfertigt, ein weiteres Zusammenrücken im Sektor sei aber dennoch notwendig.
Beide Generaldirektoren waren sich einig, dass die Zahl der Raiffeisenbanken in Österreich mittelfristig weiter zurückgehen werde, „aber nicht radikal“. Gleiches gelte für die Standorte: „Es wäre unser größter Fehler, die Bankstellen zu reduzieren. Das ist ein Vorteil, den sich Raiffeisen über Jahre erarbeitet hat“, betonte Schaller. Wichtig sei der Zusammenhalt in der Gruppe und der gegenseitige Austausch über die Sektorstufen hinweg. Veranstaltungen wie die Dachverbandstagung seien die „Brücke“ dazu.
Bundesländer-Fenster bei der Dachverbandstagung
In einem Bundesländer-Fenster berichteten die jeweiligen Vertreter im Dachverband über Neuigkeiten und aktuelle Projekte. In Kärnten steht derzeit etwa der Neubau der Raiffeisenlandesbank im Fokus. „Es soll in den nächsten Jahren das Gebäude geschliffen und neu gebaut werden“, berichtete Johannes Dörfler von der Raiffeisenbank Millstättersee. Darüber hinaus seien im Bundesland heuer vier Fusionen geplant.
Ein Führungswechsel steht indes in Tirol an: Reinhard Mayr, Vorstandsvorsitzender der RLB Tirol, geht 2025 nach 46 Dienstjahren bei Raiffeisen in Pension. Dafür verstärkt Gabriele Kinast, derzeit Generalbevollmächtigte der Berliner Volksbank, den Vorstand.
„Das zentrale Thema bei uns in Salzburg ist die Migration in die oberösterreichische IT-Landschaft“, erklärte Martin Huber, Geschäftsleiter der Raiffeisenbank Hohe Tauern. Derzeit läuft die Schulung von 2.000 Mitarbeitern in Salzburg, damit der Eintritt in die neue EDV-Welt am 15. September gelingt. In Sachen Digitalisierung habe man auch in Vorarlberg noch einige Hausaufgaben zu machen, sagte Jürgen Adami von der Raiffeisenbank am Hofsteig.
Klaus Ahammer, Vizepräsident des Dachverbandes, präsentierte stolz ein Projekt aus Oberösterreich. Dort ist die RLB OÖ an der Salvida Holding beteiligt, deren Geschäftsmodell in der Errichtung und dem Betrieb von regionalen Gesundheitszentren besteht. Ein Tool für Geschäftsleiter stellten indes Josef Galler und Armin Loder aus der Steiermark vor, mit dem man die wichtigsten Zahlen einer Bank am Laptop, Tablet oder Handy stets zur Hand hat.
Abschließend sprachen Andreas Korda von der Raiffeisenbank Korneuburg und Michael Höllerer, Generaldirektor der RLB NÖ-Wien, über den wichtigen Faktor Innovation: „Innovationsfähigkeit ist der Wettbewerbsvorteil in einer vernetzten Welt“, so Korda.