Sie sind 29 Jahre jung, ist Ihr Alter in Ihrer neuen Funktion eher Vor- oder Nachteil?
Konrad Mylius: Ich gehöre jener Generation an, die die Herausforderungen der Zukunft bewältigen muss, insofern würde ich mein Alter ganz sicher nicht als Nachteil empfinden. Ich teile nicht die Ansicht jener, die sich derzeit als „Letzte Generation“ bezeichnen. Ganz im Gegenteil, ich bin Teil der Zukunftsgeneration und ich freue mich auf diese spannende Herausforderung.
Vereinfachungen, Eigenverantwortung, Entscheidungsfreiheit – mit diesen drei Schlagwörtern haben Sie Ihr Amt angetreten. Was kann man sich darunter vorstellen?
Mylius: Wir müssen darauf achten, dass es nicht zu viel Bürokratie gibt und dass wir nicht eines Tages vor der Situation stehen, dass wir den bürokratischen Anforderungen nicht mehr Herr werden. Damit wir mehr Zeit dafür haben, was wir am liebsten und besten machen, nämlich draußen in und mit der Natur zu arbeiten.
Das Renaturierungsgesetz lässt die land- und forstwirtschaftliche Praxis und die Anliegen der Landbewirtschafter in vielerlei Hinsicht außer Acht.
Konrad Mylius
Die Land & Forst Betriebe sind aufgrund ihres Geschäftsmodells ja schon von Haus aus auf eine intakte Natur angewiesen. Warum sprechen Sie sich trotzdem gegen das EU-Renaturierungsgesetz aus?
Mylius: Die Land- und Forstwirtschaft wird aktuell sehr oft als Sündenbock beim Thema Naturschutz dargestellt. Dabei tragen gerade die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe mit vielfältigen Initiativen dazu bei, die Biodiversität zu stärken, um Wiesen, Felder und Wälder für zukünftige Generationen zu erhalten.
Das Renaturierungsgesetz lässt die land- und forstwirtschaftliche Praxis und die Anliegen der Landbewirtschafter in vielerlei Hinsicht außer Acht. Wesentliche Fragen, wie etwa zur Finanzierung, blieben bis zuletzt unbeantwortet. Insgesamt lassen die überzogenen Ziele, gepaart mit großen Rechtsunsicherheiten, die Land- und Forstwirtschaft fürchten, dass sie unfreiwillige Maßnahmen übergestülpt bekommen und an ihre Existenzgrenzen geraten.
Sie kritisieren vor allem die Zielformulierung der Wiederherstellung von 100 Prozent der degradierten Ökosysteme bis zum Jahr 2050. Was ist daran konkret problematisch?
Mylius: Die Ziele der Verordnung berücksichtigen die Dynamiken des Klimawandels nicht ausreichend. Denn der Klimawandel wird trotz aller Maßnahmen weiterhin den Ökosystemen schaden und für eine immer größer werdende Anzahl an zu renaturierenden Habitaten sorgen. Zielführender wäre es, die Lebensräume proaktiv an den Klimawandel anzupassen, anstatt sie in einen starren, an die Vergangenheit angelehnten Zustand zurückzuführen. Auch die Datenbasis, auf die sich die Verordnung bezieht, ist zu hinterfragen. Ausgehend von wenigen Lebensräumen und Arten wird nicht nur auf den Wiederherstellungsbedarf innerhalb der untersuchten Lebensräume geschlossen, sondern auch in allen anderen Ökosystemen.
Mit welchen zusätzlichen Anforderungen werden sich heimische Wald- und Landbewirtschafter durch das Renaturierungsgesetz konfrontiert sehen?
Mylius: Die Zielvorgaben der EU-Kommission sind hoch, die konkreten Umsetzungsvorgaben jedoch sehr vage. Eine Betrachtung der möglichen Maßnahmen im Anhang der Verordnung zeigt, dass die Wiederherstellung laut 100-Prozent-Ziel nur durch den starken Eingriff in sehr viele land- und forstwirtschaftliche Flächen möglich ist. Maßnahmen könnten dabei von Außernutzungstellung und Wiedervernässung über eine Reduktion des Pestizideinsatzes, der Anwendung einer bestimmten Bewirtschaftungsform, bis hin zur Änderung der Artzusammensetzung eines Lebensraumes reichen.
Fest steht, dass es hier finanzielle Anreize und freiwillige Programme geben muss und keinesfalls hoheitlich verordnete Vorgaben.
Konrad Mylius
Das Gesetz wurde im EU-Umweltrat mit knapper Mehrheit angenommen. Wie sieht der weitere Fahrplan aus? Sind inhaltliche Änderungen am Gesetz noch möglich?
Mylius: Ab Inkrafttreten der Verordnung haben die Mitgliedsstaaten zwei Jahre Zeit, um nationale Wiederherstellungspläne aufzusetzen. In Österreich sind für die Erstellung dieser Pläne die Bundesländer zuständig. Fest steht, dass es hier finanzielle Anreize und freiwillige Programme geben muss und keinesfalls hoheitlich verordnete Vorgaben. Für die Land- und Forstwirtschaft ist zudem wichtig, dass bestehende Biodiversitätsleistungen in der nationalen Umsetzung Berücksichtigung finden. Zudem darf die notwendige Anpassung an den Klimawandel keinesfalls vernachlässigt werden. In der tatsächlichen Umsetzung könnte dies allerdings zu einem Problem werden, da die nationalen Pläne letztendlich von der Kommission bestätigt werden müssen. Als Land&Forst-Betriebe stehen wir jederzeit für den Dialog mit den politischen Entscheidungsträgern zur Verfügung.