Nicht nur die hochsommerlichen Temperaturen, auch das Thema „Nachhaltigkeit und Transformation“ trieb den Anwesenden den Schweiß auf die Stirn. Umso mehr war es Michael Laminger, Generalrevisor des Österreichischen Raiffeisenverbandes (ÖRV), ein Anliegen, mit zahlreichen Missverständnissen „in Verbindung mit Nachhaltigkeitsfragen aufzuräumen“.
Treiber des Themas sei die Europäische Union mit ihrem „Green Deal“, welcher insbesondere die Finanzwirtschaft in die Verantwortung nimmt, sowie die EU-Taxonomie in weiterer Folge. Für die geforderte Transparenz sind künftig „jede Menge Nachhaltigkeits-Berichtspflichten verbunden, die ganz viel Bürokratie und Zusatzaufwand mit sich bringen werden“, weiß Laminger.
Unterschätzer Aufwand
„Am Anfang wird es zuerst nur die großen Banken und Kapitalgesellschaften treffen, ab 2025 aber die meisten Unternehmen“, informiert Laminger über die Vorgaben zur Nachhaltigkeitsberichterstattung. Damit sei gleichzeitig eine umfangreiche Prüfungspflicht durch Bank- bzw. Wirtschaftsprüfer verbunden. Herausfordernd werde die Analyse der Emissionen der Lieferkette werden, befürchtet der Generalrevisor und hält fest: „Ein geprüfter Nachhaltigkeitsbericht wird für größere Finanzierungen zum Standard werden. Taxonomie-fähige Kredite werden künftig auch spürbar günstiger sein.“
Der Aufwand zur Erfüllung der regulatorischen Vorgaben wird enorm sein und mit Sicherheit vielfach unterschätzt werden, schätzt Laminger. „Banken sollen aber nicht nur die Kosten sehen, sondern vor allem die Chancen, ganz speziell in der Kundenberatung“, lautet der Appell. Mit den strategischen Fragen und Hausaufgaben sollte sich jedes Unternehmen schon jetzt beschäftigen, so die Empfehlung Lamingers: Wie nachhaltig ist das Geschäftsmodell? Wurde das Thema in der Unternehmensstrategie verankert? Wie nachhaltig wird man von außen wahrgenommen?
Top-down vorleben
Einblick in die praktische Umsetzung der Nachhaltigkeitsanforderungen gab Melanie Kainz. Die Nachhaltigkeitsmanagerin der Alwera-Gruppe, mit über 300 Mitarbeitenden unter anderem der größte Kürbiskernölproduzent des Landes, schilderte die großen Herausforderungen, die es zu meistern gilt. Alwera habe sich das Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2030 energieautark zu sein und bis 2035 als Zero-Waste-Unternehmen die Ressourcen-Kreisläufe zu schließen. Dass man in Energiefragen schon ganz gut unterwegs sei, zeige die Nominierung beim Energy Globe Styria Award, freute sich Kainz. Ihr Tipp: „Das Thema Nachhaltigkeit muss von der Geschäftsführung aus gelebt und vorgelebt werden. Wichtig sind auch einfache Schulungen, um die Belegschaft abzuholen.“
Unklare Regelungen
„Nachhaltigkeit betrifft alle Produktionsschritte und -prozesse, ist durchaus komplex und fängt im Kleinen an“, weiß auch Richard Stralz, CEO der Mayr-Melnhof Holz Holding AG. Die Industrie habe viele Ideen zur Bewältigung der Nachhaltigkeitsvorgaben. Bei Mayr-Melnhof setzt man beispielsweise auf riesige Photovoltaikanlagen, Elektromobilität im Transport oder biobasierte Klebstoffe. Stralz abschließend: „Wir agieren proaktiv und versuchen eine gute Lösung für die gesamte Wertschöpfungskette zu finden. Es ist allerdings nicht einfach, weil die Regelungen oft nicht klar sind.“
Regionaler Einfluss
Ein Plädoyer für den bewussten und regionalen Einkauf von Lebensmitteln hielt die Heimschuher Hendlbäuerin Daniela Posch. Ihr Credo: „Frische Produkte mit kurzen Transportwegen von der Region für die Region.“ Konsumenten könnten mit ihrem Einkaufsverhalten sowie im Umgang mit Lebensmitteln einen ganz wesentlichen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten. Dies würde zum einen die regionale bäuerliche Produktion stärken und andererseits die Landwirte in ihrem nachhaltigen, ökologischen, ethischen Wirtschaften ermutigen, meint die Leibnitzer Bezirksbäuerin: „Wir Bäuerinnen und Bauern wollen nicht Weltretter sein, aber auf uns ist Verlass! Es braucht von allen Seiten Herz, Hirn und Hausverstand!“