Auf die Entwicklung der Milchanlieferung im abgelaufenen Geschäftsjahr 2024 kann die Milchgenossenschaft Niederösterreich (MGN) zufrieden zurückblicken. Obwohl die Anzahl der Milchlieferanten um 91 auf nunmehr 2.205 Betriebe gesunken ist (-3,98 Prozent), schlägt sich bei der Menge ein Plus zu Buche. Exakt 438.454.408 kg Milch wurden 2024 angeliefert, was einem Plus von 2,12 Prozent entspricht. Die durchschnittliche Anlieferung pro Lieferant ist damit um 11.888 kg gestiegen. Im Schnitt lag der Preis für Rohmilch bei 48,40 Cent/kg.
Ein Wachstum, wenn auch ein geringeres, gab es ebenfalls bei der Biomilch. „Hier haben ein paar Betriebe gewechselt von bio auf gentechnikfrei, weil die Biomilchzuschläge nicht zufriedenstellend sind“, stellte MGN-Obmann Martin Steiner bei der Generalversammlung in Altlengbach fest. Dennoch gab es bei der angelieferten Menge ein Plus von 1,14 Prozent auf nunmehr 53.225.841 kg. Der durchschnittliche Biomilchzuschlag lag im Vorjahr somit bei 6,72 Cent – derzeit sind es 6,80 Cent.
Bei der Qualität habe man ein bisschen geschwächelt, räumte Steiner ein – in der
S-Klasse gab es einen geringfügigen Rückgang um 1,5 Prozentpunkte. Trotz Bemühungen der Bauern mit Investitionen in Ventilatoren und Schlauchlüftungen habe den Betrieben der heiße Sommer zu schaffen gemacht: „Wenn die Hitze im Stall ist, tun sich auch die Kühe schwer.“ Dennoch konnte an 926 von insgesamt 2.200 aktiven Milchbauern das Milchgütesiegel verliehen werden.
Europa in der Pflicht
Trotz der laut Steiner unterm Strich „erfreulichen“ Bilanz bereiten der MGN die aktuellen Rahmenbedingungen Sorgen – global wie national. „Wir haben nach wie vor den Krieg in der Ukraine, dazu kommt ein Handelskonflikt, der sich durch Zölle aus den USA aufschaukelt – das alles in einem stagnierenden weltwirtschaftlichen Umfeld“, so der Obmann. Österreichs Exportquote lag zuletzt bei rund 60 Prozent des BIP – das sei jedoch keine Selbstverständlichkeit. Umso wichtiger sei es, die heimische Volkswirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Klare Ablehnung äußerte Steiner in Richtung des geplanten Mercosur-Abkommens, das nicht im Interesse der heimischen Landwirtschaft sei.
Geschäftsführer Leopold Gruber-Doberer ortete in den aktuellen weltpolitischen Umwälzungen einen Weckruf, wenn nicht sogar eine Chance für Europa. Zu lange habe man in einer bequemen Abhängigkeit den Wohlstand genossen – mit den USA als Aufpasser und billiger Energie aus Russland. Jetzt sei es an der Zeit, Verantwortung zu übernehmen, auch über die Landwirtschaft hinaus, denn: „Es werden in den nächsten Jahren schwierige Zeiten auf uns zukommen“, so Gruber-Doberer. Dabei brauche es auch Mut zur Veränderung.
MKS sorgt für Nervosität
Aktuell ist die Branche stark durch die Ausbreitung der Maul- und Klauenseuche (MKS) gefordert. „Die Nervosität bei unseren aktiven Lieferanten ist spürbar. Wir hatten sehr viele Anfragen“, berichtete Steiner, auf die man sofort mit gezielter Information reagiert habe, um den Druck herauszunehmen. Aktuell komme den Milchbauern entgegen, dass sich die eingerichteten Sperrzonen in vieharmen Gebieten befinden. Gruber-Doberer plädierte bei Maßnahmen gegen MKS auf Vernunft statt Emotionalität. Man habe vor fünf Jahren erlebt, was passiert, wenn Verantwortung in Hysterie umschlägt: „Da wurden Gräben aufgerissen, die teilweise noch immer nicht zugeschüttet sind.“ Mit Blick auf die milliardenschweren Corona-Hilfen nahm Steiner die Politik in die Pflicht, sollte sich die Seuche weiter ausbreiten: „Es kann nicht sein, dass wir dann im Regen stehen gelassen werden.“
Er warnte zudem davor, die Landwirtschaft in die Rolle eines Klimasünders zu drängen: „Wir produzieren lebensnotwendige Lebensmittel – das darf nicht vergessen werden.“ Die Branche kämpfe auch mit einem Rückgang bei Investitionen, was unter anderem an der Inflation liege. Hier brauche es seitens Politik und Landwirtschaftskammer Nachbesserungen bei den Investitionsförderungen.
Hoher Stellenwert von NÖM
Positiv hoben beide Redner den beigelegten Konflikt mit dem Lebensmittelhändler Spar hervor. „In der ganzen Diskussion hat sich eines bewiesen: Unsere Marke ist unser Wert. Die Marke NÖM, der Stellenwert der Produkte hat wesentlich dazu beigetragen, dass eine Einigung gefunden wurde. Darauf dürfen wir gemeinsam stolz sein“, betonte Gruber-
Doberer.
Für die gute Zusammenarbeit bedankten sich auch die NÖM-Vorstände Josef Simon und Alfred Berger. Die Rohmilchanlieferung sei weiterhin durch starke Schwankungen geprägt – „Fluktuation ist die große Herausforderung“, erklärte Simon. Zum Schlüsselfaktor sei Magermilch geworden. Einst habe man einen Überschuss von 80 Mio. kg gehabt und nicht gewusst, wohin damit. Der Trend zu Proteinprodukten habe das geändert: „Heuer werden wir dort rund 80 Mio. kg Magermilch verarbeiten. Das ist ein Gamechanger“, so Simon.
Zum Abschluss bedankten sich die MGN-Verantwortlichen bei den Funktionären für die positive Entwicklung und richteten einen zuversichtlichen Appell an die Versammlung. Steiner zeigte sich optimistisch: „Wenn die Seuche nicht zu uns überschwappt, bin ich überzeugt, dass wir positiv durch 2025 gehen.“ Und Gruber-Doberer appellierte mit einem Zitat von Mahatma Gandhi, dass in einer demokratischen Gesellschaft jeder einen Beitrag leisten könne: „Die Zukunft basiert auf dem, was wir heute tun.“