Nicht Alter, Einkommen oder Vermögen prägen das Entscheidungsverhalten bei Finanzfragen – sondern persönliche Einstellungen, Bedürfnisse und Ängste. Das zeigt eine neue Banking-Vertriebsstudie der globalen Strategieberatung Simon-Kucher. „Unsere Ergebnisse zeigen deutlich: Klassische demografische Kriterien eignen sich kaum zur Prognose von Abschlussverhalten“, sagt Felix Napp, Senior Director bei Simon-Kucher. „Wer Kunden wirklich verstehen und gezielt ansprechen will, muss ihr Finanzverhalten psychologisch segmentieren.“
Fünf Kundencharaktere
Im Rahmen der Studie wurden fünf verhaltensstabile psychografische Charaktere identifiziert – von digitalaffinen, preissensiblen Nutzern bis hin zu beratungsnahen, sicherheitsorientierten Charakteren. „Diese Charaktere liefern deutlich präzisere Anhaltspunkte für die Marktbearbeitung – unabhängig vom Einkommen oder Alter“, erklärt Denise Kutscher, Managerin bei Simon-Kucher. „Die Segmentierung hilft, Produkte und Kommunikation individuell auszurichten.“
Begleiter statt Verkäufer
„Banken sollten sich als lebensbegleitende Partner verstehen – nicht als Impulsgeber, sondern als verlässliche Ratgeber im richtigen Moment“, so Kutscher. Denn nur 18 Prozent der Kunden wurden aktiv durch Berater zu einem Abschluss bewegt. Viel häufiger sind Lebensereignisse – wie Familiengründung, Immobilienkauf oder berufliche Veränderungen – der Auslöser für Finanzentscheidungen.
Die Wahl des jeweiligen Instituts erfolgt primär aus emotionalen Gründen: 43 Prozent der Befragten nennen das Vertrauen in die Bank, 36 Prozent das Verhältnis zur Beraterperson als Hauptgrund. Erst mit Abstand folgen rationale Kriterien wie das Preis-Leistungs-Verhältnis (27 Prozent). „Insbesondere Filialbanken haben hier einen strukturellen Vorteil – wenn sie ihn konsequent nutzen“, ergänzt Napp.
Gen Z ist unverstanden
Die Gen Z zeigt mit 17 Prozent die höchste Wechselbereitschaft – angetrieben durch Frustration über digitale Angebote, das Image der eigenen Bank und bessere Empfehlungen im Freundeskreis. Im Gegensatz zu Gen Y, die ebenfalls wechselbereit ist (14 Prozent), spielt der Preis eine deutlich geringere Rolle. Die Gen X und die Boomer bleiben trotz ähnlicher Unzufriedenheit mit ihrer Bank weitgehend loyal.
Digitale Angebote wie Apps oder Websites sind vor allem in der Informationsphase relevant – etwa zur Produktrecherche oder zur vertiefenden Information. In der Aufmerksamkeitsphase hingegen dominieren persönliche Empfehlungen und Beratung. Selbst digitalaffine Kunden greifen in entscheidenden Phasen auf persönliche Beratung zurück. Die Rolle des Vertrauens bleibt auch hier zentral. „Wer Vertriebsimpulse datenbasiert aus dem Kundenverhalten ableitet und kanalübergreifend orchestriert, bleibt langfristig relevant – unabhängig vom Kanal“, fasst Napp zusammen.