Seit dem Jahr 2002 sind 549 gebietsfremde Arten (Neophyten) neu hinzugekommen, davon haben sich 94 bereits fest in der heimischen Flora eingebürgert. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktualisierte Übersicht aller gebietsfremden Pflanzenarten, die in der Fachzeitschrift „Preslia“ neu veröffentlicht wurde.
Unter den Neuzugängen finden sich großteils bewusst eingeführte Pflanzen wie Zierpflanzen, aber auch Arten, die unbeabsichtigt eingeschleppt wurden (etwa mit verunreinigtem Saatgut). Manche dieser Pflanzen haben gravierende Auswirkungen auf die heimische Biodiversität, die Landwirtschaft und auf die menschliche Gesundheit. Zu letzteren gehört das Ragweed, eine aus Nordamerika stammende Pflanze, die bei vielen Menschen Heuschnupfen auslöst und gerade jetzt im Spätsommer blüht und ihre Pollen entlässt. Der Rundblättrige Baumwürger wurde beispielsweise 2003 erstmals in Österreich nachgewiesen und gilt mittlerweile wegen seiner Schäden als invasive Art von europaweiter Bedeutung.
„Wir haben mit einer Zunahme an gebietsfremden Pflanzenarten gerechnet, waren aber von den Ergebnissen selbst sehr überrascht“, so Franz Essl, dessen Team vom Department für Botanik und Biodiversitätsforschung der Universität Wien über die letzten Jahre an der Aktualisierung der Checkliste gearbeitet hat.
Erhebliche Folgen
Auch wenn die Folgen nicht für alle Arten bekannt sind, so ist offensichtlich, dass mit der rasanten Ausbreitung vieler gebietsfremder Arten die negativen Folgen ebenfalls stark zunehmen. „So ist auffällig, dass immergrüne Gehölze wie die Hanfpalme oder auch der Kirschlorbeer sich zunehmend ausbreiten, da sie die milderen Winter, eine Folge des Klimawandels, besser überstehen“, erläutert Essl. Und Michael Glaser, der Erstautor der Studie, ergänzt: „Die Erdmandel ist im letzten Jahrzehnt in der Südsteiermark im Mais- und Kürbisanbau zu einem schwer bekämpfbaren Unkraut geworden.“ Sind invasive Pflanzen einmal weiträumig verbreitet, wird deren Bekämpfung sehr schwierig, da sie dann nur mit großem Aufwand oder gar nicht mehr zurückgedrängt werden können.
„Wir wissen noch nicht bei allen Arten, wie beziehungsweise wo sie Probleme verursachen werden“, so Essl. „Das macht den Umgang mit ihnen besonders schwierig – manche Arten bleiben unauffällig und entwickeln sich erst nach Jahrzehnten zu Problemarten.“ So etwa der Stechapfel, der seit dem 16. Jahrhundert in Österreich vorkommt, aber erst seit dem späten 20. Jahrhundert durch die hochgiftige Verunreinigung der Sojaernte zur Problemart wurde.
Klimawandel fördert Ausbreitung
Die als Folge des Klimawandels um durchschnittlich 3,1 Grad gestiegenen Temperaturen der letzten Jahrzehnte ermöglichen es vielen wärmeliebenden Arten, sich in Österreich dauerhaft anzusiedeln. Milde Winter, längere Vegetationsperioden und mehr Extremwetterereignisse begünstigen diesen Prozess.
„Mittlerweile ist das Klima stellenweise warm genug, dass sich auch zwei Kakteenarten, die eigentlich aus Mexiko stammen, bei uns etablieren können“, veranschaulicht Glaser. Durch die zunehmende globale Vernetzung gelangen Pflanzen immer häufiger in neue Regionen und oftmals viel weiter, als sie es auf natürlichem Weg schaffen würden.
Frühzeitiges Handeln
Die neue Checkliste dient nicht nur als wissenschaftliche Bestandsaufnahme, sondern auch als Grundlage für Naturschutz, Landwirtschaft und Politik. „Frühzeitiges Handeln ist entscheidend“, betont Glaser: „Je schneller wir problematische Arten erkennen und Gegenmaßnahmen ergreifen, desto größer sind die Chancen, gravierende Schäden zu vermeiden.“
Daher sei es wichtig, dass Österreich die EU-Verordnung zu invasiven Arten ambitioniert umsetzt und bei neu auftretenden problematischen Arten rasch handelt – nur so können schwerwiegende Schäden verhindert werden, unterstreicht der Studienautor.