„Eine starke Bank kann Krise und Innovation“

Die Raiffeisen-Landesbank Steiermark blickte beim Festakt zur Hauptversammlung auf 95 Jahre Raiffeisen Steiermark zurück.

Im Zeichen einer erfolgreichen Verbindung zwischen Tradition und Innovation fand heuer der Festakt der Raiffeisen-Landesbank (RLB) Steiermark anlässlich der Hauptversammlung zum 95-Jahr-Jubiläum statt. Aufsichtsratspräsident Josef Hainzl blickte dabei auf eine bewegte Geschichte der Raiffeisen Bankengruppe Steiermark zurück, die 1927 nur zwei Jahre vor der großen Weltwirtschaftskrise gegründet wurde. Seither überstand die mittlerweile führende steirische Bankengruppe mit einer Bilanzsumme von über 50 Mrd. Euro zahlreiche Herausforderungen wie den Zweiten Weltkrieg, den Ölschock oder die Lehmann-Pleite. Entscheidend dafür sei, dass es trotz dieser massiven Gegenwinde immer eine stetige Aufwärtsentwicklung gab, strich Hainzl hervor und betonte: „Raiffeisen Steiermark hat sich für die Wirtschaft und Gesellschaft seit jeher als stabiler Anker erwiesen. Ausschlaggebend dafür waren die ausgeprägte Kundennähe und der Zusammenhalt in der Raiffeisen-Bankengruppe.“

Besonders die implementierten Verbünde in der Bankengruppe hob Hainzl hervor. So habe man etwa auf die Lehmann-Pleite mit einem Liquiditätsverbund reagiert, „mit dem wir die Liquidität unter den Raiffeisenbanken aussteuerten und bepreisten – und auf diese Weise ein grundlegendes Vertrauen zueinander haben.“ Wichtiger als der Blick in die Vergangenheit sei aber der Fokus auf die Zukunft. „Daher haben wir im steirischen Raiffeisensektor ein sehr engagiertes Strategieprojekt gestartet. „Ziel ist es, dass wir zum 100-jährigen Jubiläum im Jahr 2027 eine vollkommen erneuerte Bankengruppe sehen, die im Sinne des Gründungsgedankens neue Tätigkeitsfelder erschlossen hat“, formulierte Hainzl den bevorstehenden Weg ins runde Jubiläumsjahr.  

„Erfolg anders definieren“ 

Generaldirektor Martin Schaller betonte, dass sich die Wirtschaft vor einer fundamentalen Transformation in Richtung Nachhaltigkeit befindet, die durch den Ukraine-Krieg verschärft wird. Die große Frage sei, wie man Sicherheit schaffe. „Und da bauen wir auf starken Fundamenten. Denn Sicherheit entsteht durch Erfolge der Vergangenheit“, so Schaller. Und diese haben die Raiffeisen-Landesbank Steiermark sowie die Raiffeisen-Bankgruppe Steiermark auch im letzten Jahr mit einem Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (EGT) von 144 Mio. Euro bzw. 328 Mio. Euro einfahren können. Dennoch ist Schaller überzeugt, dass man wirtschaftlichen Erfolg auch im Lichte der aktuellen Entwicklung künftig anders, nicht nur in Zahlen beschreiben werde. „Wirtschaftlicher Erfolg ist es wenn wir unseren nachfolgenden Generationen eine intakte Natur hinterlassen und das soziale Gefüge in der Zukunft zumindest so stabil ist wie heute“, ist Schaller überzeugt.

Innovation als Motor

Raiffeisen Steiermark habe in den vergangenen 95 Jahren bewiesen, „dass Wirtschaftlichkeit auf der einen Seite und Generationentauglichkeit auf der andere Seite keine Gegensätze sind. Diese Generationentauglichkeit wollen wir auch in der Zukunft weiterentwickeln.“ Als Schlüssel dafür sieht Schaller einen gesunden Innovationsgeist und eine starke Wir-Kultur. Raiffeisen habe daher im Vorjahr sektorweit die Identität neu geschärft, dabei das Wir als zentrale Haltung jeglichen Tuns formuliert und auch bewusst auf Innovation gesetzt. Denn Innovation bedeute neues Denken, neues Tun, mitunter auch Scheitern, damit man für erneutes Tun lernen könne. Genau darum gehe es im Innovationsprogramm „Hummelflug“ der RLB Steiermark. Über 160 Ideen, dazu hunderte Inputs von engagierten Mitarbeitern sorgten für einen Energieschub in der RLB Steiermark. In mehreren Phasen seit Herbst 2021 wurden die Ideen vorgestellt, weiterentwickelt und gepitcht. Letztlich ging eine Co-Owning-Plattform des Teams „Stoak“ mit den RLB-Mitarbeitern Matthias Stern, Andrea Kunze und Desiree Wagner als Sieger-Projekt hervor. Dabei können Objekte – sei es ein Camper oder auch ein Ferienwohnsitz – gemeinsam gekauft und gemeinschaftlich genutzt werden. 

Gerade jetzt, da solche Träume oft schwer finanzierbar seien, scheint eine solche Plattform erfolgversprechend zu sein und entspricht darüber hinaus auch der Raiffeisen-Idee, betonen die Sieger. „Innovation braucht jedenfalls einen Kulturwandel im Unternehmen, und dieser muss von Vorstand und Führungskräften vorgelebt werden“, waren sich die RLB-Vorstände Ariane Pfleger (Transformation), Rainer Stelzer (Markt) sowie Florian Stryeck (Risiko) einig. Marktseitig befinden sich einige digitale Produktinnovationen wie eine neue Business-Plattform für Unternehmen sowie eine einheitliche mobile Payment-App für alle Handy-Betriebssysteme in den Startlöchern.

Die großen Herausforderungen wie der Klimawandel oder der Ukraine-Krieg seien nur durch gemeinsame Anstrengungen zu bewältigen. „Dies alles stellt uns vor die Herausforderung, im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld Krisenfeuerwehr in der Kundenbetreuung zu sein und gleichzeitig Innovationsprogramme zu managen“, fasste Schaller zusammen und ergänzte: „Eine starke Bank kann beides – Krise und Innovation.“ Dies treffe auch auf die Raiffeisen Bank International (RBI) zu, an der die RLB Steiermark mit gut 10 Prozent beteiligt ist.

Einblick in die RBI 

Einen aktuellen Einblick in die RBI erhielten die Gäste der Veranstaltung aus erster Hand vom Vorstandsvorsitzenden Johann Strobl: „Seit 24. Februar hat sich die Welt verändert. Es ist eingetreten, was vielleicht in manchen Szenarien irgendwo mitgedacht war, was aber keiner für möglich gehalten hat. Wir sind alle emotional getroffen.“ Ein Bankbetrieb in Kriegszeiten wie in der Ukraine bedeute, die Basisversorgung der Bevölkerung aufrechtzuerhalten. Das gelinge der ukrainischen RBI-Tochter bisher sehr gut, ein Großteil der Filialen werde offen gehalten, solange Kunden und Mitarbeiter nicht gefährdet werden. 

In der russischen RBI-Tochter sei die Lage dagegen eine ganz andere. Dort würden sich die Mitarbeiter über die Entwicklung des Landes Sorgen machen. „Aus einem offenen Land wird es möglicherweise einen neuen Eisernen Vorhang geben“, so Strobl. Darüber hinaus leistete die russische RBI-Tochter bisher einen wesentlichen Beitrag zum Gesamtgewinn der RBI-Bankengruppe. Sollte das Russland-Geschäft der RBI aufgrund der geopolitischen Konflikte entschädigungslos verloren gehen, würde die Kernkapitalquote der Bank von 13,1 Prozent auf etwas über 12 Prozent zurückgehen. Mit dem Verkauf der bulgarischen RBI-Tochter könnte sie wieder auf 13 Prozent steigen. Die RBI hätte zwar nicht mehr ganz so viel Ertragskraft, aber eine solide Kapitalausstattung und gute Voraussetzungen für die Zukunft. Denn: „Die RBI ist aus einer Position der Stärke in diese Krise gegangen. Wir haben im ersten Quartal hohe Risikovorsorgen gebildet und dennoch ein deutlich positives Konzernergebnis erzielt“, resümierte Strobl. 

Johann Strobl berichtet über die RBI-Töchter in der Ukraine und Russland.
Johann Strobl berichtet über die RBI-Töchter in der Ukraine und Russland. (c) RLB Steiermark/Riedler

Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer betonte, dass in der gesamten Steiermark Tradition und Innovation Hand in Hand gehen – so wie bei Raiffeisen. Die steirischen Unternehmen – von den Start-ups bis zu den Industriebetrieben – seien der Motor für die wirtschaftliche Entwicklung und den sozialen Fortschritt. Denn sie schaffen Arbeitsplätze, verhelfen neuen Ideen und Technologien zum Durchbruch und machen die Steiermark gemeinsam mit unseren Hochschulen und Forschungseinrichtungen zum Forschungsland Nummer 1 nicht nur in Österreich, sondern auch in der gesamten EU, gemeinsam mit Baden-Württemberg. Mit Blick auf den Ukraine-Krieg betonte der Landeshauptmann, dass es entscheidend sei, dialogfähig zu bleiben. Man müsse versuchen, das große Ganze zu sehen und nicht nur einen Teil. Wir sehen in Europa das Ende einer Illusion. Der russische Präsident versucht nicht weit weg von uns den Zerfall der Sowjetunion zum Teil rückabzuwickeln. Das betrifft uns alle, weil wir das große Ganze sehen müssen. Die Abhängigkeiten sind im Krieg noch mehr spürbar. Dennoch gibt es keine Alternative zum Dialog und in Österreich müsse man das Miteinander stärken – „dann kann es wieder gut gehen“.

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