Die traditionelle Herbsttagung des Funktionärinnen-Beirats hat heuer in Kärnten stattgefunden. Die Kärntner Funktionärinnen Anna Wriesnig und Maria Gfrerer-Zahradnik luden ihre Bundesländer-Vertreterinnen zur Vernetzung und zum Erfahrungsaustausch nach Pörtschach am Wörthersee. Dort wurden gleich sechs neue Mitglieder begrüßt: Irene Neumann-Hartberger für Niederösterreich, Katja Kogler für Kärnten, Viktoria Hutter und Franziska Schilcher für den Lagerhausbereich sowie Maria Brandstetter und Margit Mayr-Steffeldemel für den Milchbereich. Damit sind nun auch die Lagerhäuser und Molkereien im Beirat vertreten. Bettina Kastner, Koordinatorin des Funktionärinnen-Beirats, freut sich, dass dieses schon seit langem angeregte Projekt der Erweiterung nun umgesetzt werden kann: „Erstens ist Diversität für alle Bereiche von Bedeutung und zweitens versteht sich der Österreichische Raiffeisenverband für alle Sparten als Plattform und Dienstleister.“
Katja Kogler – Inhaberin einer Kommunikationsagentur und Aufsichtsratsmitglied der Raiffeisen-Bezirksbank St. Veit an der Glan-Feldkirchen – löst zukünftig Gastgeberin Maria Gfrerer-Zahradnik in ihrer Funktion als zweite Vertreterin des Bundeslandes Kärnten ab, welche auf der Herbsttagung ihren Abschied bekannt gab.
Ebenso vorgestellt wurde die neue Raiffeisenbank Mittelkärnten, die aus einer Vierer-Fusion hervorging. Obwohl sich im neuen Gremium lediglich zwei Funktionärinnen befinden, betont die Aufsichtsratsvorsitzende der neuen Bank, Edith Jandl, die Wichtigkeit von Frauen in der Aufrechterhaltung gewisser Attribute wie Durchhaltevermögen, Empathie, Verlässlichkeit und Kompetenz in den Gremien. „Ich sehe das Talent von Frauen darin, dass sie den Mut haben es anzusprechen, wenn diese Eigenschaften nicht vorhanden sind und dann auch etwas daran zu verändern“, so Jandl.
Erweiterungspotenzial
Gerhard Oswald, Aufsichtsratsvorsitzender der Raiffeisen Landesbank Kärnten, und Georg Messner, Vorstandsdirektor der RLB Kärnten, standen im Rahmen der Herbsttagung für einen Austausch mit den Funktionärinnen zur Verfügung und präsentierten aktuelle Themen aus der Raiffeisen Bankengruppe Kärnten. Ein großes Thema bildete dabei das österreichweite, selbstgesteckte Ziel „25 bis 25“ – das Vorhaben, bis zum Jahr 2025 einen Anteil von 25 Prozent Frauen in den Gremien der Raiffeisen Bankengruppe zu erreichen. Trotz der ähnlichen Ausgangssituation der Bundesländer im Jahr 2014, als der Beirat gegründet wurde, bildet Kärnten mit 12,5 Prozent aktuell das Schlusslicht im Bundesländervergleich.
Zurzeit engagieren sich 41 Funktionärinnen bei Raiffeisen in Kärnten. Im Vergleich zum Vorjahr ist dieser Anteil um sechs Personen gestiegen. „Wir haben schon einen Zugewinn. Vielleicht noch in zu kleinen Schritten, aber die Tendenz stimmt“, so der Aufsichtsratsvorsitzende. Unter den insgesamt 621 Funktionären in den Banken, Lagerhäusern und Molkereien sind aktuell 66 Frauen. Oswald sieht in diesem Bereich noch viel Erweiterungspotenzial. „Wir als Gesellschaft haben die Aufgabe, Rahmenbedingungen zu etablieren, damit wir mehr Funktionärinnen bekommen. Es muss für jeden alles möglich sein“, betonte er. Bereiche wie Bildung und Kinderbetreuung sollten dabei in den Vordergrund gestellt werden, denn wichtig sei, dass Menschen auch die Zeit haben, sich für etwas einzusetzen und sich einzubringen. Auch Georg Messner sieht noch strukturelle Hindernisse, die dem gesetzten Ziel im Weg stehen: „Es gibt keine einzige Generalversammlung in Kärnten, wo wir das Thema der Funktionärinnen nicht ansprechen. Ich glaube nicht, dass es noch Widerstände gibt, es ist eher eine Frage der Verfügbarkeit.“
Notwendige Quote
Bei der Talkrunde „Wir erfolgreiche Kärntnerinnen“ sprachen Kärntner Unternehmerinnen und Führungspersönlichkeiten über ihren persönlichen Werdegang und die Wichtigkeit, Frauen in Funktionärs- und Führungspositionen zu haben. „Diese Mischung aus unterschiedlichen Ansätzen und Betrachtungsweisen, die Frauen und Männer haben, ist wichtig. Deswegen sollten die Frauen viel mehr in den Vordergrund treten“, so Ruth Schellender, Geschäftsleiterin der Raiffeisenbank Rosental. Neben der Familiensituation gäbe es jedoch das Problem, dass Frauen sich tendenziell eine derartige Position weniger zutrauen als ihre männlichen Kollegen.
Österreichweit liegt der Anteil an Funktionärinnen aktuell bei 20 Prozent, seit 2014 gab es also eine Steigerung um 11,5 Prozentpunkte. Trotz dieses Anstiegs bleiben jedoch weiterhin 32 Raiffeisenbanken ohne Funktionärinnen. Astrid Brunner, Landesbäuerin und Vizepräsidentin der Landwirtschaftskammer Kärnten, sieht dieses Problem als ein Allgemeines, welches nicht nur im Raiffeisensektor besteht. Ein Mittel, um diesem Problem entgegenzuwirken, sei die Frauenquote. „Diese ist zwar sehr umstritten, aber oft braucht es sie, damit überhaupt daran gedacht wird, eine Frau zu fragen“, sagt Brunner. Auch Vera Led, CEO von Uniquare Software Development, sieht in der Quote ein Mittel zum Zweck einer schnelleren Zielerreichung. Dennoch wäre eine gesellschaftliche Entwicklung, die eine Quote nicht mehr notwendig macht, wünschenswert.
Diesen Erfordernissen zur Gewinnung von weiteren kompetenten Eigentümervertreterinnen haben sich die Funktionärinnen in intensiven Gesprächen am zweiten Tag des Treffens gewidmet. Viele Ideen wie etwa ein strukturierter Leitfaden für die Nachfolgeplanung der Gremien, Diversitäts-Workshops mit Infoblättern für die Praxis sowie ein Pool an möglichen Aktivitäten in Kleinstgruppen sind gesammelt worden. Diese sollen nun zeitnah in Konzepte geschnürt und mit Beginn des Jahres 2023 vorgestellt werden.