„Im Tiefland ist dieser Winter der sechstwärmste in der Messgeschichte gewesen“, so Harald Seidl von GeoSphere Austria. Dies beeinflusse auch die Pollenbelastung, denn die Blühbereitschaft der einzelnen Spezies leitet sich stark aus der Witterungs-Historie und der Temperatur ab. So wird die Klimaerwärmung auch für Pollenallergiker und Asthmatiker zunehmend zum Problem. Ebenso müsse man mit einer Zunahme an Extremwetterereignissen rechnen, die sowohl für Allergiker und Asthmatiker, als auch für den Gesundheitszustand der allgemeinen Bevölkerung bedenklich sind.
So wirkt sich die steigende Anzahl an Tropennächten beispielsweise negativ auf die Schlafqualität aus, welche weiters Konsequenzen für die Konzentration, für das Herz-Kreislauf-System sowie für das Immunsystem nach sich zieht. Fehlt die Nachtabkühlung, kann sich der Organismus nicht ausreichend erholen und ist infolgedessen anfälliger für Pollen. Zudem ist die Atemluft in Zeiten anhaltender Hitze durch Ozon und Feinstaub belastet, was Asthma-Anfälle auslösen kann.
Früher Start im Osten
„Das Wetter selbst macht nicht krank, aber es hat Einfluss auf Menschen mit chronischen Erkrankungen wie Allergien oder Asthma. Speziell wenn es zu Wetterereignissen wie Gewittern kommt“, weiß Biologe Holger Westermann. Geht ein Gewitter nieder, so quellen Pollen auf und platzen, wobei eine große Menge Allergene freigesetzt wird, was zu einem erhöhten Risiko für Asthma-Attacken führt. Ein Ausbruch des sogenannten Thunderstorm-Asthmas könnte mitunter auch das Versorgungssystem massiv belasten, gibt Lungenfacharzt Felix Wantke zu bedenken. Zuletzt waren bei einem Ausbruch in Melbourne 8.500 Leute betroffen, die wegen Atemnot in den Notfall-Ambulanzen versorgt werden mussten. Wichtig sei deshalb, eine Pollenallergie früh zu behandeln, um einen Übergang ins Asthma zu vermeiden, appelliert er. Denn aktuell leiden in Österreich mindestens 5 Prozent der Erwachsenen an Asthma, bei Kindern ist die Häufigkeit fast doppelt so hoch.
Die heurige Pollensaison startete deutlich früher als im langjährigen Schnitt. Dies war jedoch vor allem im Osten Österreichs der Fall, während im Rest des Landes kein verfrühter Start von Erle und Hasel verzeichnet wurde. „Es ist keine außergewöhnliche Saison und es sind keine außergewöhnlichen Mengen in der Luft“, so Uwe E. Berger, Leiter des Pollenwarndienstes der MedUni Wien. „Was ungewöhnlich ist, ist die Rückmeldung der Patienten, die im Osten über massive Beschwerden geklagt haben.“ Definitive Erklärungen für diese überdurchschnittlich starke Reaktion auf eine vergleichsweise geringe Menge an Pollen gibt es zwar noch nicht, jedoch ließen sich basierend auf bisheriger Erfahrung einige Vermutungen aufstellen, so Barbara Bohle, Leiterin des Instituts für Pathophysiologie und Allergieforschung an der MedUni Wien.
Wärme als Stressfaktor
Einerseits ließe sich eine verstärkte Wahrnehmung der Symptome auf den warmen Winter zurückführen. Denn Wärme und Trockenheit sorgen bei den Pflanzen für Stress, was wiederum zu einer vermehrten Produktion zahlreicher Allergene führen könnte, auch wenn geringere Mengen an Pollen freigesetzt werden. Weitere Möglichkeiten seien starker Wind, der die Pollen aufwirbelt, sowie die Aufhebung der Corona-Maßnahmen. In den vergangenen Jahren konnte die FFP2-Maske zusätzlichen Schutz vor Pollen bieten, wodurch allergische Reaktionen nun ohne Maske subjektiv stärker wahrgenommen werden können. Weiters kann ein verstärkter ständiger Reiz durch Indoor Allergene wie Hausstaub oder Haustiere eine verstärkte Reaktion auf Pollen im Freien auslösen.
Um Allergikern und Asthmatikern den Alltag zu erleichtern, wurde die Pollen-App des Pollenwarndienstes um die Bereiche „Asthmawetter“ und „Gewitterwarnung“ ergänzt. „Bei ‚Asthmawetter‘ bekommen die Nutzer in fünf Abstufungen Auskunft, ob die Wetterlage des Tages zu vermehrten oder verminderten Symptomen führen kann. Die ‚Gewitterwarnung‘ zeigt an, wann im Umkreis Unwetter zu erwarten sind und ob die Ozonwerte steigen“, erklärt Markus Berger, ärztlicher Mitarbeiter des Pollenwarndienstes. Mit diesen Informationen können Betroffene rechtzeitig Innenräume aufsuchen und Notfallmedikation vorbereiten.