Mit 58,9 Kilogramm Konsum pro Kopf sind die Österreicher immer noch Fleischtiger – auch wenn diese Zahl seit geraumer Zeit leicht sinkt. Wie die Zukunft aussehen wird, ist angesichts kritischer Aspekte wie den Klimaauswirkungen der Produktion und der Diskussion rund ums Tierwohl aber nicht absehbar. Alternative Formen von „Fleisch“, etwa Imitate aus Pflanzen oder im Labor gezüchtete Zellen, könnten große Teile des Marktes für sich beanspruchen. Dementsprechend offen gestaltete die Agrarmarkt Austria (AMA) die Einladungsliste bei ihrem Fleischforum, um für die 150 Gäste aus dem Sektor auch Inputs aus alternativen Kreisen miteinbeziehen zu können.
So fasste der Journalist und Autor Andreas Sator Zahlen zu den Auswirkungen der modernen Landwirtschaft zusammen. „26 Prozent der Treibhausgasemissionen kommen aus dem Ernährungssystem.“ Zudem sei die veränderte Landnutzung der wichtigste Grund für das Massensterben von Vögeln und Insekten. Dass bis 2050 mit der wachsenden Weltbevölkerung ein um die Hälfte steigender Bedarf an Lebensmitteln und bei tierischen Produkten sogar ein Zuwachs von 70 Prozent prognostiziert wird, gab Sator zu denken. „Wir werden zweimal das Agrarland von Indien zusätzlich benötigen.“ Der Konsum von tierischen Produkten müsste daher eingeschränkt, jener von pflanzlichen Alternativen forciert werden. „Wir brauchen alle zur Verfügung stehenden Ressourcen und müssen auch den Einsatz von Gentechnik überdenken“, stellt Sator einen weiteren Lösungsansatz zur möglichst effizienten Flächennutzung zur Diskussion.
Den Weg einer intensiven, aber gleichzeitig nachhaltigen Produktion will man in Dänemark gehen. Dort hat man sich vorgenommen, Nahrungsmittel bis 2050 komplett klimaneutral zu produzieren. Der Leiter des Sektors Schwein beim dänischen Fachverband der Land- und Ernährungswirtschaft, Andreas Leegard Riis, stellte Konzepte vor, wie das für seinen Bereich machbar sein könnte. Immerhin ist das Land einer der wichtigsten Erzeuger von Schweinefleisch. Schon bisher hat man sich mit beeindruckender Effizienz fit für den Weltmarkt gehalten. Diese soll in Zukunft auch das Klima entlasten. „Wir wollen mehr Zuwachs pro Futtereinheit erreichen und klimafreundlichere Futtermittel einsetzen“, erklärte Leegard Riis. Außerdem soll die Gülle angesäuert und gekühlt werden, um das Ausgasen von Methan zu reduzieren und danach in Biogasanlagen gehen. Schon bis 2030 soll damit eine Reduktion in der Primärproduktion im Vergleich zu 2005 erreicht werden.
Anja Grunefeld von „The Livekindly”, einem Kollektiv an Gründern und Unternehmern mit dem Selbstverständnis, eine Initiative für den Wandel zu sein, verwies darauf, dass es 1,75 Erden brauchen würde, um den derzeitigen Ressourcenverbrauch zu decken. „Der zweitgrößte Treiber des Klimawandels ist die Landwirtschaft“, hielt die Deutsche fest. Der „Like Meat“-Markt, der klassische Rezepturen auf Basis alternativer Rohstoffe wie Soja oder Erbsen imitiert, könne dabei Entlastung schaffen. „Make plant based the new normal – Machen wir pflanzenbasiert zum neuen Normal“, ist der Leitspruch der Gruppe. Aktuell ist der Umsatz im Vergleich zur herkömmlichen Fleischindustrie noch recht klein. In Deutschland beträgt der Marktanteil der pflanzlichen Alternativen 1,7 Prozent. Wachstumspotenzial sieht Grunefeld dann, wenn man es schafft, jene Menschen anzusprechen, die weniger Fleisch konsumieren, aber gleichzeitig traditionelle Gerichte essen wollen. Bis 2040 würde der Fleischkonsum Studien zufolge nur mehr zu 40 Prozent aus klassischem Fleisch bestehen. Den Rest würden Alternativen ausmachen, so Grunefeld.
Die Notwendigkeit einer Veränderung sieht auch der Professor für Tierernährung an der TU München, Wilhelm Windisch: „Fleisch und Fleisch ist aber zweierlei. Es gibt welches, das einen großen Flächenverbrauch mit sich bringt, und Produktionsformen, die fast klimaneutral sind.“ Als Beispiel nannte er grünlandbasiertes Rindfleisch. Auch bei der Herstellung pflanzlicher Lebensmittel würden zahlreiche Nebenprodukte anfallen, mit denen Tiere gefüttert werden können. „Die Lösung liegt also in der Balance, nicht in der bloßen Reduktion“, so Windisch. Auch das Argument, nur noch am Sonntag Schweinsbraten essen zu wollen, entkräftete er: „Wenn ich ein Schwein schlachte, fallen so viele zusätzliche Teile an, dass ich davon auch an jedem anderen Wochentag essen kann.“