Vom Mangel zur Chance 

Das Kompetenzzentrum Sicheres Österreich (KSÖ) sucht neue Lösungsansätze, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.

„Fachkräfte werden immer knapper. Die geburtenstarken Jahrgänge gehen jetzt in Pension und hinterlassen eine Lücke am Arbeitsmarkt“, weiß Martin Kocher, Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft. Eine ernstzunehmende Herausforderung für alle Branchen, die aber im Bereich der Cybersicherheit und der IT besondere Auswirkungen hat. Sind doch mittlerweile so gut wie alle Unternehmen auf IT-Fachkräfte angewiesen. Dieser Mangel ist also keine kurzfristige Herausforderung, sondern hat auch mittelfristig das Potenzial, zu einer strukturellen Bedrohung für die österreichische Wirtschaft zu werden.

Um dem entgegenzuwirken, lud das Kompetenzzentrum Sicheres Österreich Interessenvertreter, Unternehmen und Ausbildungsanbieter zu einer Veranstaltung ins Raiffeisenhaus Wien – mit dem Ziel, neue Lösungsansätze zu finden, um die Cybersicherheit sowie die IT-Kompetenzen in Österreich zu stärken, aber auch jungen Menschen Mut zu machen, einen Beruf in diesem Bereich zu ergreifen, unterstreicht Michael Höllerer, KSÖ-Präsident und Generaldirektor der Raiffeise-Holding NÖ-Wien, in seiner Begrüßung.

Laut Arbeitsminister Kocher gibt es genug Potenzial, Fachkräfte in Österreich zu gewinnen. Um dieses zu heben, müsse man an verschiedenen Enden anpacken. Die Statistik zeigt, dass die Arbeitslosenquote bei Menschen mit Pflichtschulabschluss mit rund 18 Prozent deutlich höher ist, als bei allen weiteren Bildungsabschlüssen. Hier müsse man über verstärkte Weiterbildungsangebote eine Höherqualifikation anstreben. Enormes Potenzial sieht Kocher bei den Teilzeitbeschäftigten. Hier sei zum Beispiel der Ausbau der Kinderbetreueung insbesondere in ländlichen Regionen ein großer Hebel. Außerdem schlägt er vor, Anreize zu schaffen, damit „Menschen vielleicht etwas länger im Arbeitsmarkt bleiben würden“. Würde es gelingen, dass Pensionsanwärter vielleicht ein, zwei Jahre verlängern, „wäre viel vom Fachkräftemangel erledigt“, sagt Kocher. 

Individualität im Fokus

Vor welchen Herausforderungen Unternehmen beim Recruiting stehen, weiß Annette Scheckmann, Vorstandsmitglied der Strabag: „Für uns sind Daten das neue Rohöl. Diese Daten müssen wir vernetzen, aber auch immer besser absichern.“ Die richtigen Leute dafür fehlen aber. Um als Arbeitgeber interessant zu bleiben, müsse man „schnell, individuell und total flexibel sein“, sagt Scheckmann, aber nicht nur beim Gehalt, den Benefits oder dem Arbeitszeitmodell, auch in der Kommunikation und im Umgang mit den Bewerbern. 

„Arbeitgeber müssen sich mit Individualität auseinandersetzen. Das ist eine große Herausforderung, aber birgt auch Chancen“, betont Christian Klement, Geschäftsführer des Recruitingunternehmens epunkt, und rät zum Fokus auf die „Candidate Journey“. Arbeitgeber müssen den Arbeitnehmermarkt als Kundenmarkt sehen. So lässt sich eine Zielgruppe definieren und leichter die Bewerber finden, die man auch wirklich sucht und haben will. Gleichzeitig dürfe man auf die bestehenden Mitarbeiter nicht vergessen. „Es ist das Um und Auf, die eigenen Mitarbeiter in den Fokus der Arbeitgeberstrategie zu stellen.“

Begeisterung schaffen

Zusätzlich braucht es mehr junge Menschen, die sich für einen Job in der Digitalisierung interessieren, weiß Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm und betont: „Wir müssen daher insbesondere schauen, dass sich Mädchen und junge Frauen im Bereich der neuen Technologien jede berufliche Herausforderung zutrauen und mehr in scheinbar untypische Berufe gehen. Das müssen wir stärker auch nach außen tragen.“ Hier gebe es auch schon einige Initiativen von Politik und Wirtschaft, die es weiterzuverfolgen gelte.

Eine davon ist zum Beispiel die HAK Tamsweg mit ihrem Zweig für „Cybersecurity-Management“. Angelika Sery-Froschauer, Obfrau der Bundessparte Information und Consulting in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), verweist auch auf Veranstaltungen wie die Coding Days oder die „Spürnasenecken“. Das sind Forschungslabore in Kindergärten, die Neugierde und Forschergeist bei den Kleinsten wecken soll. 

AusgabeRZ26-2023

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