Peter Stöger ist zwar schon seit einem Jahr Sportdirektor bei Zweitligist Admira Wacker, doch so ganz kann man immer noch nicht glauben, dass es diese Konstellation wirklich gibt. Hier der leicht angestaubte Kultklub aus Mödling, dessen Erfolge aus dem vorigen Jahrtausend stammen und der notorisch darunter leidet, dass mit Rapid und Austria zwei starke Zuschauermagnete die Fußballfans aus dem Großraum Wien anziehen. Dort der Trainer, der den 1. FC Köln von der 2. deutschen Liga in die Europa League führte, der mit Borussia Dortmund die Champions League erreichte und Austria Wien zum österreichischen Meister machte. Es waren private Gründe, die diese Zusammenarbeit ermöglichten, doch wenn Peter Stöger erst einmal eine Mission angefangen hat, will er sie mit aller Kraft zum Erfolg führen. „Klar ist: Wir möchten wieder nach oben“, sagt er.
Oben – damit ist die österreichische Bundesliga gemeint, zu dessen Inventar die Admira viele Jahrzehnte lang zählte. Doch nach bewegten Jahren, die den Klub in die Regionalliga und wieder zurück spülten, passierte 2022 etwas, das bis heute als „Südstadt-Drama“ bezeichnet wird. Unter dem damaligen Rekord-Nationalspieler Andreas Herzog als Trainer stieg der Klub ab, ohne vor der finalen Runde auch nur einmal Tabellen-Schlusslicht gewesen zu sein. Doch aus den letzten neun Spielen gelang nur ein Sieg, der Schluss-Akt wurde zum Nervendrama, der Niedergang ließ sich nicht mehr verhindern. Und wäre um ein Haar im kompletten Desaster geendet, da in der Saison darauf fast der erneute Abstieg von der zweiten in die Regionalliga passiert wäre.
Auf Kurs bringen
„Eigentlich ein Klassiker“, befand Peter Stöger in seiner Rolle als Analytiker für den Pay-TV-Sender Sky damals. „Entweder du spielst gleich wieder ganz oben mit oder es wird richtig gefährlich.“ Um die Gefahr abzuwenden, gelang im Sommer 2023 der Coup, Stöger als Sportdirektor zu verpflichten. Und damit das sinkende Schiff erst einmal wieder auf Kurs zu bringen. In der abgelaufenen Spielzeit wurde man Siebenter. Nichts, was Anlass zur Euphorie geben würde, aber eben deutlich besser, als einbeinig am Abgrund entlangzuhüpfen.
Nun aber soll alles anders werden. Stöger, der als Spieler seine glanzvolle Karriere 2002 bei der Admira beendete, hatte ein Jahr Zeit, sich in die Materie hineinzuarbeiten, sich ein Bild davon zu machen, an welchen Schrauben bei den „Panthern“ gedreht werden muss. Und Stöger drehte. Seine wohl wichtigste Entscheidung: Er verpflichtete Thomas Silberberger als Trainer. Also jenen Mann, der unfassbare elf Jahre bei der WSG Tirol das Zepter schwang, den Klub von der Regionalliga in die Bundesliga führte und dort bis zu seinem freiwilligen Abgang zum Ende der letzten Saison etablierte. Eine Erfolgsgeschichte, wie sie im modernen Fußball ihresgleichen sucht.
Vorne angreifen
„Silberberger hat nicht nur einen Top-Job unter überschaubaren finanziellen Mitteln gemacht, sondern ist dabei stets bodenständig geblieben. Diese Erdung ist etwas, das ich in der Südstadt gerne sehen will“, sagt Stöger über seinen wichtigsten Mitarbeiter, mit dem er als Spieler in den 90er-Jahren gemeinsam beim FC Tirol Innsbruck kickte und mit dem er jetzt zusammen auch den Analytiker-Job bei Sky macht. Und vor allem: Silberberger weiß, wie man aus der Underdog-Rolle heraus höher gehandelten Teams ein Schnippchen schlagen kann.
„Wir sind gut aufgestellt und verstecken uns nicht.“
Denn es war just die favorisierte SV Ried, die die Tiroler bei ihrem Bundesliga-Aufstieg 2019 hinter sich ließen. Also genau der Klub, der auch jetzt am öftesten genannt wird, wenn es um den Aufstiegs-Kandidaten mit den größten Chancen geht. „Der Favorit ist Ried, sie haben den ausgeglichensten Kader und das wahrscheinlich stärkste Gesamtpaket. Aber wir treten an, um ihnen einen Strich durch die Rechnung zu machen“, sagt Stöger forsch. Dabei verfällt er nicht dem branchenüblichen Getue des Understatements, sondern kehrt lieber die eigenen Stärken hervor. „Wir sind gut aufgestellt und verstecken uns nicht. Wer solch einen Aufwand wie wir betreibt, muss das Ziel haben, ganz vorne anzugreifen.“
Faktor Erfahrung
Dafür wurde freilich auch der Kader einem Facelifting unterzogen. Obwohl das Durchschnittsalter gerade einmal 23,4 Jahre beträgt, gibt es mit Spielern wie Stefan Haudum (kam von Bundesligist Blau-Weiß Linz), Matija Horvat oder Erz-Admiraner Thomas Ebner einige Profis, die Bundesliga-Erfahrung mitbringen. Und es gibt den Königstransfer dieses Sommers: Deni Alar. Der mittlerweile 34-jährige Stürmer erzielte in der vergangenen Saison 16 Tore für DSV Leoben und blickt auf Stationen wie Sturm Graz, Rapid Wien oder auch Levski Sofia zurück. In seiner Karriere, in der er auch zwei Länderspiele für Österreich absolvierte, hat er mehr als 120 Tore auf Profiebene erzielt, die Ausbeute eines Knipsers.
Er soll eine Führungsrolle übernehmen und mit seinen Treffern dafür sorgen, dass die Südstadt zur Torfabrik wird. „Wir haben irrsinnig viele Talente und wollen unseren Akademiespielern auch die Perspektive bieten, es bei uns in die Kampfmannschaft zu schaffen“, sagt Stöger. „Aber der Faktor Erfahrung spielt in der Struktur einer Mannschaft eben auch eine wichtige Rolle. Dem haben wir mit dieser Verpflichtung Rechnung getragen.“
Nächste Schritte
Dabei gilt der Admira-Nachwuchs und die Akademie ohnehin als wichtigstes Asset des Vereins. Das erkennt man auch daran, dass die Raiffeisen Regionalbank Mödling, seit 2017 Sponsor des Vereins, auch das beliebte „Panther Camp“ unterstützt, bei dem im Sommer 120 fußballbegeisterte Kids in der Südstadt dem runden Leder hinterherjagen. Auch hier verfolgt Stöger eine klare Vision: „Langfristig möchte ich hier einen Kader haben, der aus wenigen arrivierten und vielen jungen Perspektivspielern aus der Akademie oder der Umgebung besteht, die bei uns ihre nächsten Schritte gehen wollen.“ Und das möglichst in der Bundesliga.
Dorthin aufzusteigen ist das nächste Ziel von Admira Wacker, der bis zum Jahr 1966, also dem des letzten großen Triumphs, neun Meistertitel und sechs Cupsiege einheimste. Es wäre die Rückkehr an den Ort, an den man nach eigenem Selbstverständnis hingehört. Und auch ein Peter Stöger hat freilich den Anspruch, seine Expertise auf höchstem Level einzubringen. Das eint den erfolgreichen Trainer und den kultigen Klub, die spätestens beim Erreichen dieses Ziels als perfektes Match dastehen könnten.