Keine Panik, aber Sorgenfalten

Österreichs Agrarspitze greift den heimischen Land- und Forstwirten aufgrund der hohen Inflation künftig verstärkt unter die Arme.

Die Pandemie, der Russland-Ukraine-Krieg, die damit einhergehende Teuerung und der Klimawandel – Österreichs Agrarbranche steht vor einigen Herausforderungen. Die Bundesregierung setzt daher weitere Schritte, um die heimische Land- und Forstwirtschaft zu entlasten. Aber auch bei den Konsumenten herrscht Unsicherheit in Bezug auf die Versorgungssicherheit: doch der Reihe nach. 

Aktuell ist die Lebensmittelversorgung in Österreich gesichert, betont Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig. Um diese Stabilität auch in Zukunft gewährleisten zu können, kommt die Regierung den Betrieben mit Entlastungsmaßnahmen entgegen. Dazu werden erstmals seit dem Jahr 2002 die gesetzlich vorgegebenen Voraussetzungen für die steuerliche Pauschalierung erleichtert. So wird die Umsatzgrenze von 400.000 auf 600.000 Euro angepasst und der Einheitswert für die Teilpauschalierung erhöht. Beschlossen wurde zudem eine Anhebung der Einnahmengrenze für landwirtschaftliche Nebentätigkeiten von 40.000 auf 45.000 Euro. „Derzeit werden in der Land- und Forstwirtschaft steuerrechtliche Umsatzgrenzen überschritten, ohne dass die Entwicklung der Einkommen einigermaßen Schritt halten kann“, kommentiert der Präsident der Landwirtschaftskammer, Josef Moosbrugger, die geplanten Schritte. Die Reform trage den jüngsten Kostensteigerungen Rechnung. Bundesminister Totschnig betont, dass damit auch administrative Erleichterungen einhergehen werden.

Beginn einer Zeitenwende

Die derzeitige Situation der Landwirtschaft war auch das Hauptthema bei einem Pressegespräch zum agrarpolitischen Herbstauftakt. Agrarminister Totschnig ortete vor dem Hintergrund der hohen Energiepreise eine angespannte Lage. Die Lebensmittelversorgung sei aber gesichert – nicht zuletzt durch die Stromkostenbremse und die steuerlichen Anpassungen, denen in naher Zukunft ein weiteres Entlastungspaket folgen soll.

„Unsere Landwirtschaft befindet sich in einer Zeitwende und damit auch die Agrarpolitik“, erläutert Bauernbund-Präsident Georg Strasser. „Die hohen Energiepreise betreffen die gesamte Produktionskette.“ Er verweist hierzu exemplarisch auf die aktuelle Lage der Putenzüchter, die sich zusehends mit größerer Konkurrenz aus dem Ausland konfrontiert sehen. Die heimische Pute sei mittlerweile doppelt so teuer wie die europäische Pute. Angeheizt werde die Situation von den Lebensmittelhändlern, die häufig das Billigfleisch neben der heimischen Ware platzieren würden, so Strasser. Und die steigenden Lebensmittelpreise würden die Konsumenten dazu veranlassen, nach billigerem Fleisch mit niedriger Qualität zu greifen. Diese hätten ihren Ursprung meist im Ausland und stellen somit eine Konkurrenz für die heimischen Produkte dar. Strasser bemüht sich um die „Sicherung der österreichischen Qualitätsproduktion“ und appelliert an die Konsumenten heimische Lebensmittel zu bevorzugen.

Kaufverhalten widerspricht den gestellten Forderungen

Aber nicht nur Österreichs Bauern befinden sich in einer schwierigen Lage, auch die Situation der Konsumenten ist angespannt. Bei einer Erhebung im Auftrag der Landwirtschaftskammer fordern 88 Prozent der Befragten mehr Unabhängigkeit Österreichs vom internationalen Handel. Die Bereitschaft, eine Petition für die vermehrte Produktion heimischer Lebensmittel zu unterschreiben, liegt bei 81 Prozent. Jedoch achten zwei Drittel der Befragten aufgrund der Krisen immer häufiger darauf, billigere Lebensmittel zu kaufen. „Die Umfrage verdeutlicht somit den Widerspruch zwischen den Forderungen und der Handlungsbereitschaft der Konsumenten“, so der LKÖ-Präsident Moosbrugger. „Die Menschen sind verunsichert und sparen angesichts der aktuellen Diskussionen über Inflation und Preisexplosion.“

Zudem äußert Moosbrugger Kritik an den Plänen der EU. Dabei geht er unter anderem auf die Initiativen zur Wiederherstellung der Naturräume ein, die „nicht mit dem Realitätssinn“ zu vereinbaren seien. Auch die geplante Überarbeitung der „Erneuerbaren Richtlinie“ auf EU-Ebene betrachtet Moosbrugger mit Entsetzen. „Jede zusätzliche Aufgabe“ mache die Produktion teurer und die Versorgung schwieriger, so Moosbrugger: „Wir brauchen jetzt Stabilität und keine weiteren Experimente auf Kosten unserer Familienbetriebe und unserer Versorgungssicherheit.“

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