Laut Schätzungen der Vorsorgekassen befinden sich noch immer knapp 800.000 Österreicher:innen im System Abfertigung alt. Was bedeutet das für Unternehmen?
Klaus Pekarek: Arbeitsverhältnisse, die vor dem 1. Januar 2003 begründet wurden, unterliegen grundsätzlich dem alten Abfertigungsrecht. Mitarbeiter:innen, deren Dienstverhältnis z.B. am 1. Januar 2002 begonnen hat, haben mittlerweile einen Anspruch auf 9 Monatsgehälter (zuzüglich Sonderzahlungen etc.). Bei entsprechender Dienstzeit kann dieser „Faktor“ sogar 12 Monatsgehälter betragen. Teilweise sehen Kollektivverträge noch höhere Leistungen vor.
Immer wieder wird von Abfertigungsvorsorge gesprochen. Was bedeutet das?
Pekarek: Seit dem Jahr 2003 dürfen steuerrechtliche Rückstellungen für Abfertigungsansprüche nur noch im Ausmaß von maxi mal 45 Prozent gebildet werden (§ 14 EStG). Für Mitarbeiter:innen über 50 Jahre bleibt der bisherige Prozentsatz von maximal 60 Prozent aber erhalten. Die Verpflichtung, für diese Rückstellungen Wertpapiere anzuschaffen, welche dann als Finanzierungsquelle zur Bezahlung der Abfertigungsleistung dienen sollten, ist schon vor einigen Jahren weggefallen. Das kann Unternehmen durch fehlende Finanzierungsmittel schnell in Schwierigkeiten bringen – beispielsweise, wenn mehrere Abfertigungen gleichzeitig ausgezahlt werden müssen. Ein Fehlbetrag von bis zu 100 Prozent der Abfertigungsansprüche ist keine Seltenheit. Berücksichtigen muss man auch, dass im Todesfall eines Arbeitnehmers, einer Arbeitnehmerin 50 Prozent des Anspruches sofort an die unterhaltspflichtigen Hinterbliebenen geleistet werden muss.
Und: Einzelunternehmer:innen und Gesellschafter:innen von Personengesellschaften haften für diese Ansprüche sogar mit dem Privatvermögen! Man sieht schon, hier kann ein Unternehmen schnell in Schieflage kommen. Damit das nicht passiert, sollte die Möglichkeiten der Abfertigungsvorsorge genutzt werden.
Raiffeisen Versicherung bietet hier die Abfertigungsrückdeckungsversicherung und die Abfertigungsauslagerung an.
Wie funktioniert die Abfertigungsrückdeckungsversicherung?
Pekarek: Bei der Rückdeckungsversicherung spart man bis zum Pensionsantritt der Mitarbeiter:innen mit einer laufenden Prämie für die Abfertigungszahlung an.
Die regelmäßig anfallenden Prämien er möglichen eine gleichmäßige und planbare Liquidität und die Prämie kann als Betriebsausgabe abgesetzt werden. Die Versicherungsleistung wird dann an das Unternehmen ausbezahlt und die Kapitalauszahlung unterliegt nicht der Kapitalertragsteuer. Gut zu wissen ist auch: Der Abschluss kann für jeden Mitarbeitenden individuell entschieden werden. Gerade wichtig für Einzelunternehmer:innen und Gesellschafter:innen von Personengesellschaften im Falle eines Betriebsüberganges, denn die Versicherung reduziert Haftungsansprüche aus Abfertigungsverpflichtungen gegenüber dem Erwerber (§ 6 ArbeitsvertragsrechtsAnpassungsgesetz).
Was kann man unter dem Angebot Abfertigungsauslagerung verstehen und wer wird damit angesprochen?
Pekarek: Bei der Abfertigungsauslagerung werden die hierfür dotierten Rückstellungen aufgelöst und entsprechend einer be stimmten Mindestvorgabe als sofortige Einmalprämie in den Versicherungsvertrag einbezahlt. Weiters kommt es zu laufenden Prämienzahlungen, die notwendig sind, um die arbeitsrechtliche Abfertigungsverpflichtung auszufinanzieren.
Wenn nun der ausscheidende Arbeitnehmer einen Anspruch auf Abfertigung hat, so wird die Versicherungsleistung exklusive Lohnsteuer direkt an diesen ausbezahlt. Den Lohnsteuerbetrag bekommt der Arbeitgeber und ist zur Weiterleitung an das Finanzamt bestimmt.
Teilweise kommt es vor, dass „Fehlbeträge“ an das Versicherungsunternehmen nachgezahlt werden müssen, sofern der Abfertigungsanspruch höher als das Versicherungsergebnis ist. Aus diesem Grund ist es sehr ratsam, die prognostizierte Leistung regelmäßig zu überprüfen und die Prämie an die aktuelle Gehaltssituation anzupassen. Besteht kein Anspruch auf Abfertigung, so bekommt das arbeitgebende Unternehmen die Versicherungsleistung ausbezahlt.
Nicht unerheblich ist der Umstand, dass für eine Abfertigungsauslagerung keine Versicherungssteuer abzuführen ist. Dies wirkt sehr positiv auf das Veranlagungsergebnis.
Was gilt es dabei noch zu berücksichtigen?
Pekarek: Für Beschäftigte wird eine Direktversicherung mit einer unwiderruflichen Zweckwidmung und einem bedingten Bezugsrecht abgeschlossen. Die damals dotierten steuerrechtlichen Rückstellungen (Betriebsausgabe) werden vollständig auf gelöst (dies stellt grundsätzlich eine Betriebseinnahme dar, sofern nicht von der steuerneutralen Auflösung in den Jahren 2002/2003 Gebrauch gemacht wurde), die vom Unternehmen an eine Versicherung bezahlte Erstprämie in Höhe der steuerrechtlichen Rückstellung ist wiederum eine Betriebsausgabe. Ab nun steht ein attraktiv verzinstes Finanzierungsmittel (Abfertigungsauslagerung) von Raiffeisen Versicherung parat, um die Abfertigungsansprüche auszuzahlen. In den Folgejahren sind laufende Prämien abzuführen und sollten da durch eine 100prozentige Ausfinanzierungsquote herbeischaffen.
Fazit: Die Finanzierung der Abfertigungsverpflichtung wird durch die Abfertigungsauslagerung günstiger.
Unabhängig davon, ob eine Abfertigungsauslagerung abgeschlossen wird oder nicht, bleibt arbeitsrechtlich das Band zwischen Dienstgeber:innen und Dienstnehmer:innen im vollen Umfang bestehen.
Mit welchen Mitteln kann man qualifizierte Mitarbeiter:innen an ein Unter nehmen binden?
Pekarek: Äußerst beliebt für Führungskräfte ist die Pensionszusage, auch bekannt unter der „direkten Leistungszusage“. Die mit arbeitende Person erhält eine Pensionszusage, diese wird heutzutage in „beitragsorientierter Form“ erteilt. Sprich: Das Unter nehmen schuldet eine Leistung, deren Höhe sich aus einem Finanzierungsinstrument – dabei bedient man sich gern einer sogenannten Pensionsrückdeckungsversicherung – ableitet. Als Alternative gäbe es noch die „leistungsorientierte Form“, dort wird unabhängig vom Veranlagungsergebnis eines Finanzierungsinstruments eine Leistung zugesagt. Aber Achtung: Das arbeitgebende Unternehmen kann eventuell bei „Deckungslücken“ zur Nachzahlung von Versicherungsprämien gebeten werden!
Im Leistungsfall zahlt das Unternehmen eine lebenslange Rente an die pensionierte Person. Auf Wunsch der Beschäftigten kann es auch zur einmaligen Abfindung der Rente kommen. Auch eine Übertragung der Ansprüche an eine zum Beispiel „Betriebliche Kollektivversicherung“ ist möglich!
Welche Änderungen treffen Unternehmer:innen ab dem 1. Juli 2022?
Pekarek: Das Niedrigzinsniveau wirkt sich in der Lebensversicherung aus. Die Versicherer in Österreich dürfen ab Mitte kommenden Jahres bei Vertragsabschluss keinen Garantiezinssatz für die klassische Lebensversicherung und die prämiengeförderte Zukunftsvorsorge mehr versprechen. Dies geht aus der aktuellen Höchstzinssatzverordnung der Finanzmarktaufsicht (FMA) hervor. Demnach wird der maximale Höchstzinssatz, von 0,5 auf 0,0 Prozent gesenkt. Dies tritt mit 1. Juli 2022 in Kraft und ist auf Versicherungsverträge an zuwenden, die nach dem 30. Juni 2022 abgeschlossen werden.
Neue Regelung ab 11. Juni 2022
Für Kund:innen der Raiffeisen Versicherung endet die Antragsannahme am 10. Juni 2022, danach greift die neue Regelung.
Wichtig ist: Die garantierte Mindestverzinsung bezieht sich nur auf die Sparprämie der Lebensversicherung, also die einbezahlte Prämie abzüglich Steuern, Risiko und Kostenanteilen. Etwaige Gewinnbeteiligungen sind davon grundsätzlich nicht betroffen. Traditionell setzt sich die Gesamtverzinsung aus dem Garantiezins sowie einer variablen Gewinnbeteiligung aus der Veranlagung zusammen.