Gigabit am Hof

Still und heimlich findet in der Landwirtschaft gerade eine digitale Revolution statt. Auf den Äckern und in den Ställen halten immer mehr Systeme mit künstlicher Intelligenz Einzug. Eine Herausforderung wird es, diese allen Bauern zur Verfügung zu stellen.

„Das Thema Digitalisierung der Landwirtschaft wird die nächsten Jahre prägen“, meinte der zuständige Minister Norbert Totschnig bei einem Hintergrundgespräch im Ministerium am Wiener Stubenring. Stall, Feld, Werkstatt und Direktvermarktung werden sich mit der künstlichen Intelligenz verändern. „Ein wesentlicher Teil der Verwaltung, Buchhaltung und Förderantragstellung findet auf den meisten Höfen bereits digital statt“, machte Totschnig eine Bestandsanalyse. „Nun müssen wir ein Umfeld schaffen, damit die Digitalisierung und die damit einhergehenden größeren Veränderungen bei der täglichen Arbeit erfolgreich umgesetzt werden können.“ KI-getriebene Systeme seien eine Chance für die Landwirtschaft. Die Nutzung derselben müsse aber auch in der kleinstrukturierten österreichischen Landwirtschaft möglich sein.

Damit das möglich wird, braucht es eine vernünftige Netzabdeckung im gesamten Bundesgebiet. „Wir wollen eine gute Infrastruktur in Form mobiler und stationärer Breitbandversorgung zur Verfügung stellen“, sagte der Staatssekretär für Digitalisierung, Florian Tursky. Dies sei entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit für die ländlichen Regionen. „Am Anfang meiner Tätigkeit war ich mir nicht sicher, wie eng die Landwirtschaft damit verknüpft ist, bis der Hauptvortrag einer Konferenz von einem Vertreter von John Deere gehalten wurde“, berichtete Tursky. Ziel der Bundesregierung sei es, ganz Österreich bis 2030 Gigabit-fähig zu machen. Derzeit trifft das auf 62 Prozent aller Haushalte zu. Wie hoch der Wert bei den oftmals entlegenen Bauernhöfen ist, wird aber nicht erhoben. Tursky wies auf eine 75-prozentige Förderung hin, wenn sich Betriebe anschließen wollen. Gedeckelt sind die Kosten dabei bei 50.000 Euro.

Zusätzliches Wissen zum Einsatz von digitalen Werkzeugen auch im benachteiligten Gebiet soll über das Projekt „AgrifoodTEF“ hereinkommen. Dieses ist ein Netzwerk von Testzentren in Europa, das Unternehmen und Start-ups aus dem Agrar- und Lebensmittelsektor bei der Produktentwicklung von KI- und Robotik-Lösungen unterstützt. Umgesetzt wird dieses von einem Konsortium, in dem aus Österreich die Josephinum Research aus Wieselburg, die Fachhochschule Wiener Neustadt und die Raumberg-Gumpenstein Research & Development beteiligt sind. „Wir wollen gemeinsame digitale Datenräume schaffen“, erläuterte Heinrich Prankl von der Josephinum Research. Der Zuschlag für die Einreichung bringe die Chance, deren Tauglichkeit für heimische Höfe auszutesten. Unter Realbedingungen können hoffnungsfrohe Konzepte so zur Marktreife geführt werden.

Vielfältige Anwendungsbereiche

Der Projektverantwortliche Peter Riegler-Nurscher nannte mögliche Anwendungsbeispiele wie eine zielgerichtete Bewässerung, den Einsatz eines Hackroboters oder das sogenannte Spotspraying, bei dem eine Kamera das Unkraut erkennt und nur dort die Düse des Pflanzenschutzgerätes öffnet. 

„Ein weiteres interessantes Gebiet ist das Kuhtracking, bei dem Einzeltiere im Gelände aufgespürt werden können. Da ist es wichtig, mit physischen Tests Daten zu sammeln und eine kostengünstige Zertifizierung zu ermöglichen.“ Österreich sei dafür prädestiniert, hier Systeme für den alpinen Bereich auszuprobieren. Das Gesamtvolumen des Projektes beläuft sich auf 60 Mio. Euro in acht Ländern. In Österreich werden 5 Mio. Euro durch die Forschungsförderungsgesellschaft kofinanziert. „Letztendlich wollen wir bessere Produkte für unsere Bauern auf den Markt bringen“, so Riegler-Nurscher.

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