Fasching, Flinserl, Fetzentanz 

Wenn der Winter sich dem Ende zuneigt, verwandeln sich Österreichs Dörfer in Bühnen für uralte Faschingsbräuche. Mit kunstvollen Masken, lauten Glocken und kuriosen Traditionen wird der Kälte der Garaus gemacht.

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Am 11.11. um 11 Uhr 11 beginnt der Fasching. Das ist allseits bekannt, aber warum ist das eigentlich so? Wenn man es ganz genau nimmt, so beginnt am 11. November nicht der Fasching, sondern die Faschingszeit. Der Fasching samt all seinen Bräuchen startet erst nach dem Dreikönigstag, also am 7. Jänner.

Was hat es nun mit der Zahl 11 auf sich? Ein Blick zurück in die Antike beweist, dass schon damals die 11 als Narrenzahl bekannt war. Im Mittelalter galt 11 als Besonderheit, aus Sicht der Religion verbindet man damit Maßlosigkeit, Sünde und einen gewissen teuflischen Bezug. Wie so oft gibt es auch einen ganz pragmatischen Zugang: Im Faschingsland Deutschland forderte ein Karnevalsexperte im Jahr 1823, dass die Organisation der Umzüge und Veranstaltungen einer ordentlichen Organisation bedürfe. Man suchte also ein Datum vor Beginn der Fasnachtsaison (am 7. Jänner). Da davor noch eine vierwöchige Fastenzeit, nämlich der Advent, eingehalten werden musste, einigte man sich auf den 11. November. 

Mit Tanz und Glockenklang 

Der Ursprung des Faschings ist in der Natur und damit verbundenen heidnischen Traditionen zu finden. Die Bräuche, die bis zum Aschermittwoch lautstark und vielerorts seit Jahrhunderten gepflegt werden, dienen dazu den Winter auszutreiben und den Frühling mit bunten Farben zu begrüßen. 

Das Imster Schemenlaufen, das nur alle vier Jahre am „unsinnigen Donnerstag“ – dem zweiten Sonntag vor Aschermittwoch – stattfindet, zählt zu den prächtigsten Faschingsbräuchen Tirols. Um die 900 Männer ziehen dann – einem genauen Protokoll folgend – durch die Stadt und sorgen für ein beliebtes Spektakel. Als Hauptfiguren treten der elegante Roller mit freundlicher Maske und feinem Seidenkragen sowie der grantige Scheller, dessen große Glocken beim Gehen lautstark erklingen, auf. Die Figuren formieren sich paarweise, führen dabei einen eigenwilligen Tanz auf und bilden gemeinsam mit weiteren Larven (wie die hölzernen Masken genannt werden) Kreise. Zum lautstarken Höhepunkt versammeln sich sämtliche Larven samt Publikum um 18 Uhr am Stadtplatz, wo beim sogenannten „Z’såmmschalle“ getanzt und gejubelt wird. 

Im Nordtiroler Rum geht es nicht weniger närrisch zu. Beim traditionellen Mullerumzug treten mehrere Protagonisten mit geschnitzten Masken auf, deren Tänze beinahe akrobatischen Charakter haben. Sie symbolisieren den Jahresverlauf – der Halbweiße steht für den Frühling, der Melcher mit seinen Kuhglocken für den Sommer und der Spiegeltuxer symbolisiert den Hochsommer – mit seinem opulenten, 10 Kilogramm schweren Kopfschmuck sorgt er wohl für das meiste Aufsehen. Die Rolle des Herbstes ist dem Zaggler mit seinen bunten Stofffetzen zugedacht, und der Zottler verkörpert den kalten Winter. Der Umzug endet dann, wenn der Halbweiße den Zottler besiegt und somit der Frühling ins Land einziehen kann.

Vom Wampelerreiten zur Schinterhochzeit

Besonders wild geht es beim Wampelerreiten in Axams zu. Die Wampeler, junge Männer mit dicken, aus Stroh geformten Bauchpolstern, werden von Reitern zu Boden gedrückt, und versuchen dabei standhaft zu bleiben. Diese Tradition gilt als Kraftprobe und symbolisiert das Ringen zwischen den Jahreszeiten. Wer am Ende des Wettkampfs noch steht, gilt als außergewöhnlich stark und hat sich den Respekt in der Dorfgemeinschaft verdient.

Im oberen Murtal geht es beim Faschingsrennen von Hof zu Hof.
Im oberen Murtal geht es beim Faschingsrennen von Hof zu Hof. © STG/Tom Lamm

Im oberen Murtal wird das Erwachen der Natur beim Faschingsrennen am Rosenmontag eingeläutet. Angeführt wird der närrische Lauf vom „Wegauskehrer“, der ganz in Rot auftritt und vom „Hühnergreifer“ im Federnkostüm begleitet wird. Von Hof zu Hof geht es mit dem bunten Gefolge, das mit Schellengürteln, farbenfrohen Spitzköpfen und Kuhglocken den Winter auszutreiben versucht. Das Schlusslicht bildet ein Brautpaar, das zur „Schinterhochzeit“ lädt, mit dem man gemeinsam tanzt und auf ein glückliches Jahr hofft.

Gefürchtete Faschingsbriefe

Im Ausseerland wird der Brauch der Faschingsbriefe gepflegt. Diese werden am Faschingssonntag in den Gaststätten der Dörfer verlesen und bilden den Startschuss zum Ausseer Fasching. In gesprochener oder gesungener Weise wird dabei augenzwinkernd von so mancher Schandtat der Ortsbewohner, von Hoppalas und „Schildbürgereien“ berichtet. Am Rosenmontag ziehen dann die „Trommelweiber“ durch Bad Aussee: Hinter den weißen Nachthemden und Masken verbergen sich allerdings allesamt Männer, die rhythmisch die Trommeln schlagen. Am Faschingsdienstag haben schließlich die „Flinserl“ ihren großen Auftritt, die durch die Gassen ziehen und die Kinder beschenken. Die kunstvollen Kostüme sind mit bunten Stoffapplikationen und glitzernden Silberplättchen – den sogenannten „Flinserln“ – bestickt. Rund 500 Arbeitsstunden braucht eine geübte Näherin für ein einziges Kostüm, das in den Familien von Generation zu Generation weitergegeben wird.

Im Ausseerland treten die „Flinserl“ mit ihren reich bestickten Gewändern auf.
Im Ausseerland treten die „Flinserl“ mit ihren reich bestickten Gewändern auf. © STG/photo-austria.at

„Die Fetzen ziehen wieder durch den Ort“, heißt es beim Fetzenfasching in Ebensee. Dort wird der Höhepunkt der Ebenseer Nationalfeiertage, wie die Einheimischen den Fasching stolz nennen, mit dem großen Fetzenzug zelebriert. Am Faschingsmontag ziehen die Teilnehmer (die Fetzen) in alten, mit Lumpen benähten Frauengewändern durch den Ort und verbergen ihre Gesichter hinter geschnitzten Masken. Mit verstellten Stimmen darf dabei alles thematisiert und kritisiert werden, was die Bevölkerung im letzten Jahr bewegt hat.

Bissiger Humor geht beim Fetzenzug Hand in Hand mit Heiterkeit und ausgelassenem Feiern bis in die Morgenstunden. Am Faschingsdienstag haben dann die Kinder ihren großen Auftritt – sie werden mit Nüssen, Orangen und Süßigkeiten belohnt und singen lauthals den Ebenseer Fetzenmarsch: „Faschingtag, Faschingtag, kimm na bald wieda, wann ma ka Geld nit ham, scheren ma di nieda. Hutz’n, Fetz’n, Lump’n, auf und nieda, hin und he, Alles fährt nach Ebensee.“ Seinen wehmütigen Abschluss findet der Ebenseer Fasching am Aschermittwoch, wenn die Fetzenfigur mit Trauermusik zum See geführt und am Traunufer verbrannt wird. Begleitet wird das Spektakel vom „Brieftaschelwaschen“, ein Symbol dafür, dass der Fasching zu Ende ist und bis zum letzten Groschen ausgelassen gefeiert wurde.

AusgabeRZ7-2025

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