Frische Liquidität für die Baywa

Hauptaktionäre und kreditgebende Banken stellen dem angeschlagenen deutschen Agrarkonzern insgesamt 550 Mio. Euro zur Verfügung. Bis Ende September soll ein Sanierungsgutachten vorliegen.

Die Baywa AG hat sich mit den wichtigsten Gläubigerbanken und ihren größten Aktionären – mit der Bayerischen Raiffeisen Beteiligungs-AG (BRB AG) und der österreichischen Raiffeisen Agrar Invest (RAIG) – über die Bereitstellung frischer Liquidität in Höhe von insgesamt rund 550 Mio. Euro geeinigt. Voraussetzung dafür war laut einer Pressemitteilung der erfolgreiche Abschluss eines Stillhalteabkommens mit den kreditgebenden Banken. Auch fällige Darlehensrückzahlungen werden bis Ende September dieses Jahres ausgesetzt, um das beauftragte Sanierungsgutachten der Unternehmungsberatung Roland Berger fertigstellen zu können. 

Die börsenotierte Baywa ist Deutschlands größtes Agrarhandelsunternehmen und über die RAIG strategischer Hälftepartner des Lagerhaus-Mutterkonzerns Raiffeisen Ware Austria (RWA). Die RAIG hält 28 Prozent an der Baywa und steht ihrerseits im Eigentum der Raiffeisen Ware Austria Handel und Vermögensverwaltung (64 Prozent) und der Raiffeisen Agrar Holding GmbH der Leipnik-Lundenburger Invest Beteiligungs AG (36 Prozent).

Überbrückungskredite

Das Finanzierungspaket sieht im Einzelnen vor, dass die Kernbanken Überbrückungskredite mit einem Volumen von 272 Mio. Euro zur Verfügung stellen. Außerdem haben die beiden größten Aktionäre der Baywa als wesentlichen Bestandteil des Paketes nachrangige Gesellschafter-Darlehen in Höhe von insgesamt 125 Mio. Euro zur Verfügung gestellt, die in Höhe von 75 Mio. Euro bereits ausgezahlt wurden. Zudem hat die BRB AG gemeinsam mit der Frankfurter DZ Bank die Beteiligung der Baywa an der BRB Holding GmbH für einen Kaufpreis von insgesamt 120 Mio. Euro und die RWA die Beteiligung der Baywa an der BSV Saaten GmbH für einen Kaufpreis in Höhe von ca. 10 Mio. Euro erworben. Zur kurzfristigen Liquiditätsbereitstellung haben zudem die RAIG bzw. ihr nahestehende Unternehmen von der BayWa AG Getreide zum Marktpreis für einen Kaufpreis von insgesamt 20 Mio. Euro erworben.

Der Vorstand der Baywa geht aufgrund der konstruktiven Gespräche mit den Banken, weiteren Finanzierungspartnern und wesentlichen Stakeholdern davon aus, dass bis Ende September auf Basis des dann im Entwurf vorliegenden Sanierungsgutachtens ein Konzept für eine nachhaltige Sanierung sowie eine Neuregelung der Finanzierung erreicht werden kann. „Wir wollen unseren Kunden, Lieferanten sowie Finanzierungspartnern auch in Zukunft wieder als der gewohnt verlässliche Partner zur Seite stehen. Deshalb werden wir aus der aktuellen Situation jetzt rasch die notwendigen organisatorischen und prozeduralen Konsequenzen ziehen, um verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen“, sagt Baywa-CEO Marcus Pöllinger. 

Fokus auf Profitabilität

„Das Finanzierungspaket ist ein wichtiger Schritt, um die Zukunft der Baywa nachhaltig zu sichern. Wir sind damit einen weiteren Schritt gegangen, um das Unternehmen in einem schwierigen Marktumfeld robuster zu machen: mit zukünftig weniger Schulden und mit einem klaren strategischen Fokus auf Profitabilität der Geschäftsfelder.“

In Zeiten gestiegener Zinsen hatte der Vorstand den weltweiten, expansiven und hauptsächlich kreditfinanzierten Geschäftskurs der vergangenen Jahre im Rahmen der Strategie 2030 überprüft und steuert mit deren Umsetzung seit Jahresbeginn einen Konsolidierungskurs. Die Maßnahmen aus dem Sanierungsgutachten werden diesen Kurs beschleunigen. Zudem sollen das kapitalintensive Projektgeschäft mit Wind- und Solarenergieanlagen sowie andere Bereiche des Segments Regenerative Energien, die die Baywa über ihr vollkonsolidiertes Tochterunternehmen Baywa r.e. AG betreibt, neu aufgestellt werden. Davon unabhängig sieht die BayWa die Wachstumschancen auf den Märkten für erneuerbare Energien weiterhin gegeben, heißt es in der Mitteilung.

Indes zeigt die Baywa-Krise bereits spürbare Auswirkungen. Etliche besorgte Landwirte vor allem im Süden Deutschlands weichen auf andere Abnehmer für ihre Getreideernte aus, berichten Agenturen.  

2023 hatte die BayWa erstmals in ihrer hundertjährigen Geschichte rote Zahlen geschrieben. Allein die Finanzverbindlichkeiten belaufen sich auf 5,6 Mrd. Euro. Vor wenigen Wochen machte das Unternehmen seine „angespannte“ Finanzlage publik. Hauptproblem sind die Zinskosten der hohen Schulden – allein im ersten Quartal überwies die Baywa dafür fast 100 Mio. Euro an die kreditgebenden Banken.

AusgabeRZ34-2024

Mehr lesen

Anzeige
Raiffeisen Immoday 2024

Aktuelles

Die Welt der Raiffeisenzeitung