Die Ausgangslage 2014 war eine große Herausforderung: Die Anzahl der Funktionärinnen in der Raiffeisen Bankengruppe lag bei sehr bescheidenen 8,5 Prozent. Elf Jahre später kann der Funktionärinnen-Beirat stolz das Erreichen des ersten Zwischenzieles verkünden. Konsequent und ohne sich mit Rückschlägen aufzuhalten, wurde daran gearbeitet, die angestrebten 25 Prozent zu erreichen. Besonders erfreulich ist, dass alle Bundesländer Zuwächse in zweistelliger Höhe verzeichnen können.
Es hat sich gezeigt: Mit Durchhaltevermögen, effektiven Maßnahmen und persönlichem Einsatz ist vieles möglich – und das konnte nur gemeinsam mit Generalanwalt Erwin Hameseder als großem Unterstützer, allen Spitzenvertretern der Bundesländer und vielen Mitkämpfern geschafft werden. „Es brauchte intensive Überzeugungsarbeit, konsequente Maßnahmen und gezielte Unterstützung“, freut sich Hameseder über den Erfolg. „Förderprogramme, wie das Chancenprogramm für Spitzenfunktionärinnen in Niederösterreich oder eigene Netzwerke für Funktionärinnen, haben entscheidend dazu beigetragen, Barrieren abzubauen und Frauen zu ermutigen, Verantwortung zu übernehmen.“
Unterschiedliche Zugänge
Doch was bewirkt ein höherer Frauenanteil in Entscheidungsgremien? Warum ist es so wichtig, mehr Frauen, sprich mehr Vielfalt, in solche Positionen zu bringen? Zu diesem Thema gibt es zahlreiche Studien, etwa von McKinsey oder dem Institut für Höhere Studien. Im Sinne der betriebswirtschaftlichen Sichtweise bestätigen diese eindeutig die positive Auswirkung von Frauen in Entscheidungsgremien auf die Unternehmenskultur und Unternehmensperformance. Vielfältige Teams haben den großen Vorteil der unterschiedlichen Zugänge zur Arbeitsgestaltung, Aufgabenplanung und Problemlösung. Damit entstehen andere Perspektiven, neue Ideen – und vor allem eine bessere Gesprächskultur.
„Mehr Diversität in die Raiffeisen-Gremien zu bringen, ist mir persönlich seit vielen Jahren ein großes Anliegen. Unsere Gremien sollen die Bevölkerung widerspiegeln“, ist auch Erwin Hameseder überzeugt. „Diversere Gremien – mit mehr Frauen, aber auch mit jüngeren Funktionärinnen und Funktionären sowie Menschen mit unterschiedlichen beruflichen Hintergründen – treffen nachweislich bessere Entscheidungen.“
Bettina Kastner, die sich als Koordinatorin des Funktionärinnen-Beirates seit Jahren für die Stärkung von Frauen in der Raiffeisen-Organisation einsetzt, gibt zu bedenken: „Funktionärinnen-Förderung ist kein Selbstzweck, sondern Diversität stellt einen notwendigen Baustein für den nachhaltigen Unternehmenserfolg dar.“
Der Weg zum Ziel
Der Funktionärinnen-Beirat mit Vertreterinnen aus allen Bundesländern ist auf Bundes- und Länderebene aktiv und setzt sich dafür ein, das Bewusstsein zu stärken, dass mehr Frauen in Gremien eine große Bereicherung darstellen. Bei zahlreichen Netzwerktreffen wurde intensiv dafür geworben – Funktionärinnen des Beirats traten bei Veranstaltungen auf, berichteten in Generalversammlungen und nahmen an Podiumsdiskussionen sowie Workshops teil.
Unterstützt wurden die Anliegen auch durch ein Schulungsprogramm am Raiffeisen Campus, das den Fokus auf das Miteinander von Frauen und Männern in der Gremienarbeit legt. Vielfalt bringt für Gremien viele Vorteile, erfordert aber neue Rahmenbedingungen. Damit die gremiale Arbeit weiterhin erfolgreich bleibt, müssen Zusammensetzung, Kommunikation und Entscheidungsabläufe neu gedacht werden – diese Aspekte stehen im Mittelpunkt des Seminars.
Als weiteres Instrument entwickelte der Funktionärinnen-Beirat den Folder „Zukunft miteinander – Zukunft Frauen“, der als Hilfestellung dient, um Frauen für die Funktionärstätigkeit zu gewinnen. Darin werden Aufgaben und Anforderungen für Funktionärinnen beschrieben, die Chancen des Amtes aufgezeigt und der Nutzen für die Bank erläutert.
Ein Film zum Thema Vielfalt wurde produziert, um durch Bilder Bewusstsein zu schaffen, zum Nachdenken anzuregen und unterschiedliche Frauen bei Raiffeisen vorzustellen.
In Zusammenarbeit mit der WU Wien wurde eine Diversity Research unter Raiffeisen-Funktionärinnen durchgeführt, um wissenschaftlich fundierte Ergebnisse, Stimmungsbilder, Trends und Meinungen zu erhalten. Auf Basis dieser Erkenntnisse wurden entsprechende Maßnahmen entwickelt.
Diversitätsbericht als Meilenstein
Ein Meilenstein war 2019 die gemeinsam mit dem Revisionsausschuss vereinbarte österreichweite Einführung eines Diversitätsberichts im Rahmen der Revisionen. Darin werden unter anderem Frauen- und Männeranteil sowie Altersstrukturen erfasst. Ebenso soll dafür Sorge getragen werden, den Funktionärinnen-Anteil bei Fusionen nicht zu verringern, sondern diesen aktiv beizubehalten.
Die von Beginn an begleitende Berichterstattung in der Raiffeisenzeitung sowie die 2020 gestartete Social-Media-Kampagne tragen wesentlich zur regelmäßigen Öffentlichkeitsarbeit und Sichtbarkeit des Funktionärinnen-Beirates im Raiffeisensektor bei.
Im Rahmen der Imagekampagne „Bewusst: Raiffeisen.“ wurden Frauen-Sujets entwickelt, die Diversität in Bezug auf das Geschlecht bildlich hervorheben.
Im Zeichen der Erweiterung
Der Beirat fördert nicht nur Austausch und Vernetzung unter den Raiffeisen-Funktionärinnen, sondern pflegt auch den Dialog mit anderen Frauennetzwerken, etwa jenem der Industriellenvereinigung, der WKÖ-Initiative „Frau in der Wirtschaft“, dem „Arbeitskreis Frauen“ des Raiffeisenverbandes Südtirol, der Arbeitsgemeinschaft Österreichische Bäuerinnen, der Landjugend und dem Team Green der RWA.
Um Maßnahmen in den Regionen strukturierter umzusetzen und klare Verantwortlichkeiten zu schaffen, war die Gründung von Bundesland-Teams ein logischer Schritt. Darauf aufbauend beschloss der ÖRV-Vorstand 2024 ein Maßnahmenpaket, das einheitliche Prozesse für die Zusammenarbeit der Beiratsmitglieder mit den Spitzenvertretern auf Bundeslandebene festlegt. Zudem wurden in allen Bundesländern Ansprechpersonen zum Thema Diversität mit ausreichenden Ressourcen zur Unterstützung der Tätigkeiten des Funktionärinnen-Beirates installiert und Aufwandsentschädigungen in den Bundesländern empfohlen.
Die Jahre 2022 und 2023 standen ganz im Zeichen der Erweiterung des Wirkungsbereiches auf Lagerhäuser und Molkereien. Hier wurden Fokusgruppen für eine gezielte Maßnahmensetzung und die Vereinbarung gemeinsamer Ziele gebildet. Diese Ausweitung der Diversitätsmaßnahmen war dringend notwendig, da die Thematik für alle Bereiche von Bedeutung ist und der ÖRV sich für alle Sparten als Plattform und Dienstleister versteht.
Bei den Lagerhäusern und Molkereien konnten in den vergangenen Jahren erste Fortschritte erzielt werden. Im Rahmen von Impulsvorträgen und Netzwerktreffen konnte das Bewusstsein für die Vorteile von gemischten Gremien gestärkt werden. Das vor kurzem abgehaltene erste Netzwerktreffen der Lagerhausfunktionärinnen hat eindrucksvoll gezeigt, wie viel Aufbruchsstimmung spürbar ist, und dass das Commitment vorherrscht, gemeinsam noch viel bewegen zu wollen.
Vision: 50 Prozent
Bei der Herbsttagung des Funktionärinnen-Beirates – heuer auf Einladung der Raiffeisen Landesbank Vorarlberg – wurde über die nächsten Zwischenziele und damit verbundene unterstützende Maßnahmen abgestimmt. Beschlossen wurden folgende Benchmarks: In der Bankengruppe möchte man den Anteil der Funktionärinnen bis zum Jahr 2030 auf 33 Prozent steigern, bei den Lagerhäusern und Molkereien wird das Ziel ein 15-prozentiger Anteil sein.
In allen drei Sparten bleibt selbstverständlich die Vision von 50 Prozent Funktionärinnen-Anteil aufrecht. „Wir verzeichnen bei den Mitarbeitern, Kunden und Genossenschaftsmitgliedern einen 50-prozentigen Frauenanteil – diese Zahl muss sich auch im Funktionärsbereich widerspiegeln“, betont Kastner. Raiffeisen wird dadurch eine Steigerung der gesellschaftlichen Anerkennung und einen wesentlichen Wettbewerbsvorteil erreichen können, zeigt sich die Koordinatorin überzeugt. Erwin Hameseder meint dazu: „Die zentrale Frage ist nicht, ob wir mehr Diversität brauchen, sondern wie schnell wir Strukturen weiter öffnen, Rahmenbedingungen verbessern und echte Chancengleichheit schaffen.“
Um die Raiffeisen-Unternehmen bei dieser Zielerreichung zu unterstützen, hat der Funktionärinnen-Beirat ein Factsheet mit Empfehlungen verfasst. Darin wird das Thema „Kommunikation der Vorteile der Funktionärinnen-Funktion“ mit Argumenten untermauert, die Zielgruppen für die Gewinnung von Funktionärinnen aufgelistet, die strukturierte Nachfolgeplanung dargestellt und Praxistipps zusammengefasst. Dieses Empfehlungspaket soll über die Bundesland-Teams an die Raiffeisenbanken, Lagerhäuser und Molkereien verschickt werden.
Gebot der Stunde
Mit Blick auf die Zukunft gibt Bettina Kastner zu bedenken: „Aufgrund der demografischen Entwicklung hinsichtlich des Arbeitskräftemangels in den nächsten Jahren ist es nicht zu empfehlen, auf 50 Prozent der Kompetenzen in der österreichischen Bevölkerung zu verzichten.“ Besonders wenn man bedenkt, dass Gleichberechtigung und Gleichstellung für viele wichtige Kriterien dafür sind, ob sie sich für eine Bank oder ein Unternehmen entscheiden.
Evelin David, Vorsitzende des Funktionärinnen-Beirates und Aufsichtsrats-Vizepräsidentin der Raiffeisenlandesbank Burgenland, bringt es mit klaren Worten auf den Punkt: „Geschlechtergerechtigkeit ist das Gebot der Stunde.“
In diesem Sinne wird der Funktionärinnen-Beirat weiterhin seine Stimme erheben und gemeinsam mit allen Entscheidungsträgern daran arbeiten, um Raiffeisen auf dem Weg zu einer ausgewogenen Verteilung von Männern und Frauen in den Gremien zum Nutzen der Unternehmen voranzubringen. Die Erfolgsgeschichte des Funktionärinnen-Beirates geht in die nächste Runde.








