Buchbinder: „Das Grafenegg Festival ist wie ein reich gedeckter Tisch“

Das Grafenegg Festival hat sich in seinen ersten 19 Jahren zum internationalen Treffpunkt für Musik entwickelt. Auch 2025 trifft Tradition auf Moderne. Für Rudolf Buchbinder ist es heuer die vorletzte Saison als künstlerischer Leiter.

Von 14. August bis 7. September finden sich in Grafenegg heuer zum 19. Mal internationale Orchester der Spitzen­klasse und herausragende Solokünstler aus aller Welt ein. Raiffeisen Niederösterreich-Wien unterstützt Grafenegg seit 2007 und ist seit 2021 Generalsponsor des Musik- und Kulturschwerpunkts Grafenegg. 

Eröffnet wird das Grafenegg Festival mit „Prélude et Danse“ – das sensationelle Fundstück aus der Kantate „Sémiramis“ von Maurice Ravel wurde diesen März 2025 in New York urauf­geführt und „betritt“ bei der Premiere in Grafenegg erstmals europäischen Boden – passend zum 150. Geburtstag des französischen Komponisten. Darauf folgt ein Doppelkonzert für zwei Klaviere in d-Moll von Francis Poulenc, das von den Schwestern Katia und Marielle Labèque interpretiert wird, und Richard Strauss’ „Eine Alpensinfonie“ mit dem Tonkünstler-Orchester unter der Leitung des neuen Chefdirigenten Fabien Gabel zum Abschluss des Eröffnungsabends.

Hochkarätiges Programm

Genauso hochkarätig geht das Festival vier Wochen lang weiter – auf dem Programm stehen unter anderem das Gewandhausorchester Leipzig mit Andris Nelsons, das Hong Kong Philharmonic Orchestra mit Jaap van Zweden, das Royal Philharmonic Orchestra mit Vasily Petrenko oder die Wiener Philharmoniker unter Franz Welser-Möst. Als Solisten werden Anne-Sophie Mutter, Rudolf Buchbinder, María Dueñas, Hilary Hahn, Juan Diego Flórez, Kirill Gerstein, Alexandra Dovgan und viele weitere Künstler auf der Bühne stehen. 

Der aus Argentinien stammende spanische Komponist und Dirigent Fabián Panisello, der heuer die Funktion des Composer in Residence übernimmt, wird sein neues Orchesterstück „Mariposas“ zur Uraufführung bringen. Zu erleben ist das vom Grafenegg Festival bei ihm in Auftrag gegebene Werk im Rahmen des Abschlusskonzerts des Composer-Conductor Workshops Ink Still Wet am 24. August. Und auch das Finale des Festivals verspricht ein Höhepunkt zu werden: Zubin Mehta, der nach über 60 Jahren zum Tonkünstler-Orchester zurückkehrt, dirigiert am 7. September Brahms’ 1. Klavier­konzert mit Rudolf Buchbinder sowie die 1. Symphonie des Komponisten. 

Grafenegg Festival
Der Wolkenturm lässt bis 7. September wieder hochkarätige Töne erklingen. © Lisa Edi

Seit der Premiere im Jahr 2007 hat sich das Grafenegg Festival zu einem Hotspot klassischer Musik auf höchstem Niveau entwickelt. Seit der Geburtsstunde des Musikevents ist Rudolf Buchbinder als künstlerischer Leiter und Intendant eng mit Grafenegg verbunden. Er hat das Festival geprägt und ihm seine ganz persönliche Note verliehen. Am 1. Oktober 2026 wird Buchbinder von Johannes Neubert abgelöst. Wir haben Rudolf Buchbinder aus diesem Anlass zum Interview gebeten.

„In Grafenegg sollen die Musiker das spielen können, was sie wirklich interessiert und fasziniert.“

Sie sind seit fast 20 Jahren künstlerischer Leiter des Grafenegg Festivals. Was war der zentrale Gedanke oder das Leitmotiv bei der Gestaltung des diesjährigen Programms?
Rudolf Buchbinder: Das Grafenegg Festival ist für mich immer ein Dialog – zwischen Tradition und Gegenwart, zwischen großen Meisterwerken und neuen Stimmen. 2025 feiern wir etwa den 150. Geburtstag von Maurice Ravel mit einer echten Wiederentdeckung. Mir ist wichtig, dass jedes Konzert eine eigene Geschichte erzählt, aber alle gemeinsam ein großes, musikalisches Panorama ergeben, das unser Publikum in seiner Vielfalt anspricht. Dabei steht die künstlerische Freiheit der Musikerinnen und Musiker im Mittelpunkt, in Grafenegg sollen sie das spielen können, was sie wirklich interessiert und fasziniert.

Ist es für Sie eine Herausforderung, sowohl organisatorisch als auch künstlerisch voll präsent zu sein? Wie wählen Sie das Repertoire für Ihre eigenen Auftritte im Rahmen des Festivals aus?
Buchbinder: Ich empfinde es nicht als Herausforderung, sondern als Privileg. Natürlich erfordert es viel Energie, aber für mich gehören das Organisatorische und das Künstlerische untrennbar zusammen. Bei meinen eigenen Auftritten wähle ich Werke, die inhaltlich in den Festivalbogen passen – und die ich mit einer besonderen Leidenschaft spiele. Es muss etwas sein, das ich dem Publikum nicht nur vorspiele, sondern wirklich erzählen kann.

Wenn Sie auf das Programm 2025 blicken – welche sind für Sie die Highlights und auf welchen Moment freuen Sie sich persönlich am meisten?
Buchbinder: Das Festival ist wie ein reich gedeckter Tisch – ich freue mich auf jede einzelne Begegnung. Die Eröffnung mit Ravel, Poulenc und Strauss ist sicher ein besonderer Moment, ebenso die Rückkehr von Zubin Mehta zum Festivalabschluss. Aber genauso freue ich mich auf unsere jungen Gäste, die erstmals in Grafenegg auftreten, und auf den Moment, wenn sich am Wolkenturm die Sonne senkt und Musik und Natur eins werden.

„Das ist eine Investition in die Zukunft der Musik.“

Welche Rolle spielt die Förderung junger Musiker beim Grafenegg Festival – und welche Impulse wollen Sie hier geben?
Buchbinder: Die Förderung des musikalischen Nachwuchses ist für mich ein Herzensanliegen. Mit der Grafenegg Academy, dem European Union Youth Orchestra und Projekten wie Ink Still Wet geben wir in Grafenegg jungen Künstlern nicht nur eine Bühne, sondern auch die Möglichkeit, sich zu entwickeln, auszuprobieren und mit erfahrenen Musikern zusammenzuarbeiten. Das ist eine Investition in die Zukunft der Musik.

Was macht für Sie den besonderen Charakter von Grafenegg als Festivalort aus? 
Buchbinder: Grafenegg ist einzigartig, weil hier alles zusammenkommt: die historische Kulisse des Schlosses, die moderne Architektur des Wolkenturms, die weite Landschaft des Parks und die besondere Stimmung, wenn Menschen aus aller Welt zusammenkommen, um Musik zu erleben. Es ist ein Ort, an dem Kunst und Natur im Einklang stehen – und das spürt man in jedem Konzert.

Kommendes Jahr feiern Sie 20-jähriges „Grafenegg-Jubiläum“. Wenn Sie auf Ihre Zeit als Intendant zurückblicken – worauf sind Sie besonders stolz? Und gibt es etwas, das Sie rückblickend anders machen würden?
Buchbinder: Stolz bin ich darauf, dass Grafenegg sich in diesen zwei Jahrzehnten zu einem internationalen Treffpunkt für die Musik entwickelt hat – und dass wir dabei immer unsere eigene Handschrift bewahrt haben. Ob ich etwas anders machen würde? Eigentlich nicht. Jeder Schritt, auch die schwierigen, hat uns zu dem Ort gemacht, der Grafenegg heute ist.

Können Sie unseren Lesern schon eine Kleinigkeit zur Saison 2026 verraten?
Buchbinder: Nur so viel: Es wird wieder eine Saison voller spannender Begegnungen, musikalischer Entdeckungen und großer Namen. Und natürlich feiern wir unser 20-jähriges Festivaljubiläum gebührend – mit Programmen, die einerseits zurückblicken, andererseits aber auch mutig nach vorne schauen.

AusgabeRZ33-2025

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