Nach den zwei Rekordjahren 2021 und 2022 hat sich das Volumen, das Geldgeber in Österreichs Start-ups investieren, im Vorjahr spürbar reduziert. Die Gesamtsumme von 695 Mio. Euro bedeutet zwar einen Rückgang um 32 Prozent im Jahresvergleich, stellt aber immer noch die größte Summe – mit Ausnahme der bereits erwähnten zwei Boom-Jahre – dar.
Eine starke Entwicklung gab es bei der Anzahl der Finanzierungsrunden, die entgegen dem internationalen Trend um rund 22 Prozent auf die neue Bestmarke von 184 gestiegen sind. Allerdings wurden diese 2023 im Vergleich zu den beiden Vorjahren bedeutend kleiner. Das durchschnittliche Volumen der Deals mit veröffentlichten Summen ging im Jahresabstand um rund die Hälfte auf 4,35 Mio. Euro zurück, was den Rückfall auf das Vor-Boom-Niveau des Jahres 2020 bedeutet. Zum Vergleich: Im Rekordjahr 2021 lag das Durchschnittsvolumen getrieben von wenigen Mega-Runden bei 12 Mio. Euro, zeigt das „Start-up Investment Barometer“ des Prüfungs- und Beratungsunternehmen EY, das in Zusammenarbeit mit invest.austria, dem Netzwerk für Investoren am vorbörslichen Kapitalmarkt in Österreich, erstellt wurde.
Der Rückgang bei großen Wachstumsrunden lässt sich EY zufolge auf die deutlich kleineren Summen zurückführen, die internationale Investorengruppen in heimische Start-ups stecken. Erstmals seit Erhebungsbeginn kommt weniger als die Hälfte (45 Prozent) des Gesamtfinanzierungsvolumens von rein ausländisch besetzten Investorengruppen – im Vorjahr waren das noch 68 Prozent. Die Gesamtsumme, die rein ausländisch besetzte Investorengruppen für Österreichs Start-ups mobilisieren, ist im Vergleich zu 2022 um 54 Prozent auf 314 Mio. Euro gesunken. Nur 11 Prozent der Gesamtfinanzierungssumme bzw. 73 Mio. Euro Risikokapital stammen von Investorengruppen, die ausschließlich mit österreichischen Investoren besetzt sind. Weitere 294 Mio. Euro (42 Prozent) wurden von gemischten – österreichischen und ausländischen – Investorengruppen aufgebracht.
Neue Trends
„Internationale Geldgeber sind nach wie vor sehr aktiv in Österreich, der Fokus verschiebt sich aber auf frühphasigere Investments und kleinere Finanzierungsrunden. Gerade für stark wachsende Start-ups und Scale-ups ist das eine gefährliche Entwicklung: Bei Wachstumsfinanzierungen können einheimische Investoren oft (noch) nicht, internationale Geldgeber wollen aktuell nicht. Ziel muss es sein, dass heimische Start-ups auf Wachstumskurs das Kapital bekommen, das sie für ihre Skalierung benötigen – und dass der Anteil der heimischen Investoren dabei deutlich steigt“, erklärt Florian Haas, Head of Start-up bei EY Österreich.
Der Anteil an Finanzierungsrunden mit Beteiligung auch österreichischer Investoren sank im Vorjahr auf 62 Prozent nach 75 Prozent im Vorjahreszeitraum. Auch der Anteil an Finanzierungsrunden, die rein von österreichischen Investoren getragen werden, ging von 48 Prozent im Jahr 2022 auf 40 Prozent zurück. Dementsprechend gab es beim Anteil an Finanzierungsrunden mit rein internationalen Investoren auch fast eine Verdoppelung von 15 Prozent in 2022 auf 28 Prozent. Bei 19 der 184 insgesamt gezählten Deals liegen keine Angaben zu den Investoren vor.
Neuer Fokus
„2023 war der Anteil an Finanzierungsrunden ohne österreichische Beteiligung so hoch wie noch nie, gleichzeitig ging der Anteil am Volumen, das von internationalen Investoren in Österreichs Start-ups geflossen ist, stark zurück. Anstatt Wachstumsrunden zu stemmen, fokussieren internationale Geldgeber stärker auf die Pre-Seed und Seed-Phase und treten damit mit Frühphaseninvestoren aus Österreich in Konkurrenz“, betont Haas.