Der Wald der Zukunft wird anders aussehen, als wir es gewohnt sind. Die Kiefernmonokulturen der Nachkriegszeit werden eines Tages der Vergangenheit angehören. Vor 80 Jahren war eine großflächige Bepflanzung mit der schnellwüchsigen Kiefer sicher die richtige Entscheidung. Die Flächen waren nach dem Kahlschlag durch die russische Besatzung leer und Bauholz wurde dringend gebraucht.
Heute sind genau diese Flächen extrem gefährdet – die Kalamitätenjahre, in denen durch Trockenheit und dem darauf folgenden Borkenkäfer riesige Wälder auf einen Schlag zerstört worden sind, machten das auf radikale Art und Weise deutlich. „So eine Dimension war davor unbekannt“, betonte Martin Höbarth von der Landwirtschaftskammer Österreich im Rahmen einer Exkursion des Agrarjournalistenverbands. Doch eines war klar: „Die Flächen müssen wieder bewaldet werden.“ Dank des Waldfonds ist das auch möglich gewesen. Doch wer jetzt aufforstet, setzt den Fokus anders als vor 80 Jahren.
Heute zählen Biodiversität, Regionalität und klimafitte Baumarten zu den entscheidenden Faktoren. „Wald der Zukunft“ heißt daher das Ziel, das sich die Österreichischen Bundesforste (ÖBf) zum heurigen 100-jährigen Bestehen auf die Fahnen geschrieben haben.
Waldland Österreich
Der Wald ist ein besonders wertvolles Gut in Österreich. „Holz ist der einzige Rohstoff, den Österreich hat“, so ÖBf-Vorstand Georg Schöppl, „und dieser wächst sogar nach.“ Betrachtet man die vergangenen fünf Jahrzehnte, so hat die Waldfläche kontinuierlich zugenommen, konkret um 330.000 Hektar, was fast den Ausmaßen des Burgenlandes entspricht. Fast die Hälfte des Landes ist heute bewaldet (48 Prozent). Damit liegen wir im EU-Vergleich auf Platz 6 (Finnland, Schweden und Slowenien besetzen die Top 3).
Mit 80 Prozent befindet sich der Großteil des Waldes in Privatbesitz, aufgeteilt auf knapp 140.000 Eigentümer. Fünf Prozent gehören den Gemeinden und 15 Prozent sind in Besitz der ÖBf. Die Herausforderung in Österreich ist die Kleinstrukturiertheit, wie Höbarth erklärt – denn 43 Prozent der Waldbesitzer nennen weniger als fünf Hektar Wald ihr Eigen. Daher erfolgt die Vermarktung des Holzes meist über Waldverbände. Aktuell stehen 1.174 Millionen Vorratsfestmeter in den heimischen Wäldern. Fasst man alle Unternehmen der Forst- und Holzwirtschaft zusammen, so erwirtschaften diese 11,3 Milliarden Euro und damit 3,2 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung in Österreich.
Höbarth machte auch die ökonomische Bedeutung des Holzsektors auf europäischer Ebene deutlich: „Nur ein Prozent weniger Holzeinschlag würde ein Minus von 10,3 Milliarden Euro Wirtschaftsleistung und 162.000 Arbeitsplätze weniger bedeuten. Wir haben das errechnen lassen.“ Jeder Ausfall, sei es durch Trockenheit oder Schaderreger, hat also weitreichende Auswirkungen.

Der Wald ist selbst betroffen
Der ökonomische Nutzen ist aber nur ein Aspekt des Waldes, wenn auch ein sehr wichtiger. Der Wald sorgt zudem für Biodiversität – in Österreichs Wäldern kommen 3.100 Pflanzen- und 54.000 Tierarten vor –, er ist Erholungsraum für den Menschen und bietet Schutz (42 Prozent der Flächen sind als Schutzwald ausgewiesen). Außerdem ist der Wald ein ausgezeichneter CO2-Speicher und bindet Milliarden Tonnen Kohlenstoff in seinem Holz. Damit ist er ein starker Verbündeter des Menschen, wenn es um den Klimawandel geht, wie Schöppl betonte.
Doch der Wald ist selbst vom Klimawandel betroffen. In seiner aktuellen Zusammensetzung mit 80 Prozent Nadel- und 20 Prozent Laubbaumarten wird er den steigenden Temperaturen und damit einhergehendem Schädlingsbefall nicht gewachsen sein. Langfristig möchte man bei den Bundesforsten das Verhältnis auf 60 zu 40 verändern, um Totalausfälle, wie in den vergangenen Kalamitätenjahren, zu vermeiden.
Welche Strategien es noch auf dem Weg zum Wald der Zukunft gibt, zeigte der Forstbetrieb Waldviertel-Voralpen. Die Hälfte der 41.200 Hektar großen Fläche sind Fichtenwälder, die aufgrund der Temperaturen stark unter Druck stehen. Buchen machen 22 Prozent aus – diese stehen laut Betriebsleiter Bernhard Funcke teilweise unter Druck – und acht Prozent entfallen auf die Kiefer, wo der Kieferborkenkäfer Schäden verursacht. Lärchen (sieben Prozent) und Douglasien (zwei Prozent) gehören zu jenen Baumarten, die gut mit dem Klimawandel umgehen können. Letztere möchte man auf maximal zehn Prozent steigern und damit die Fichte ersetzen. Tanne, Eiche, Ahorn, Esche sowie 47 weitere Baumarten vervollständigen die Flächen.
Kreative Strategien
Da es nach wie vor das Ziel der Bundesforste ist, die Versorgung Österreichs mit Holz zu gewährleisten, möchte man den Wald resilienter machen. Im Forstbetrieb Waldviertel-Voralpen hat man sich daher für dauerwaldartige Bewirtschaftung entschieden. „Wir setzten auf mehrere Baumarten“, wie Funcke erklärt, wobei vier Baumarten das Minimum bilden. Gibt es Ausfälle, müsse man so beim Aufforsten nicht bei null anfangen. Auch die Struktur ist eine andere, von Jung bis Alt und Klein bis Groß ist alles dabei. „Unser Ziel ist es, alle Schichten mit Chlorophyll zu füllen und kontinuierlich zu nutzen“, erläutert der Betriebsleiter. Denn es tue dem Wald gut, wenn man immer wieder Holz entnimmt. Auch Totholz ist im Wald der Zukunft erwünscht, denn dieses trägt entscheidend zur Biodiversität bei. „Das ist eine Leistung der Waldbesitzer an der Gesellschaft“, betont Höbarth in diesem Zusammenhang.
Im niederösterreichischen Forstbetrieb wurde für alle 120 Reviere genau definiert, wie sie sich in Zukunft verändern sollen. Dass ein alter Fichtenbestand nicht von heute auf morgen klimafit werden kann, ist klar. Man geht daher schrittweise und sehr kreativ vor und verjüngt den Wald kleinräumig und wo es möglich ist mit Mischbaumarten. Man schafft Lichtfelder, wo man die Samen der eigenen Klenge (Samenaufbereitungsanlage) aufbringt. Es ist eine hohe Handwerkskunst, die man dort beherrscht, um die Samen aus Zapfen und anderen Baumfrüchten zu gewinnen.

Ein Mehrjahresvorrat für alle Regionen des Landes wird in der Arndorfer Klenge gelagert. Mit einer Forstraupe werden genau jene Samen (Tanne und Buche) ausgebracht, die für den Standort und die Region geeignet sind. Für all diese Schritte sind Expertenwissen, Erfahrung und eine genaue Beobachtung ausschlaggebend. Auch Erfindergeist ist gefragt: Bei der Verjüngung lässt man sich nämlich auch von der Natur, genauer gesagt vom Eichelhäher, helfen. Zu diesem Zweck hat man Eichelhäherplattformen im Wald aufgestellt – hoch genug, damit Wildschweine und Rehe sich nicht bedienen – und mit Bucheckern und Eicheln bestückt. Der Eichelhäher freut sich über die Leckerbissen und verteilt die Samen anschließend per Zufallsprinzip. Auch mit diesem kleinen Input kann man für mehr Diversität bei den Baumarten sorgen.
Es ist ein Langzeitprojekt, das sich die Bundesforste mit der nachhaltigen Bewirtschaftung des Waldes vorgenommen haben. „Es wird 50 Jahre dauern, bis wir den Umbau geschafft haben“, schätzt Bernhard Funcke. Und Martin Höbarth appelliert an die politischen Entscheidungsträger auf EU-Ebene, der Expertise der Fachleute wieder mehr zu vertrauen, denn Ökonomie und Ökologie seien kein Widerspruch: „Wir Forstleute sind gute Schützer der Natur.“ Und eine EU-Waldpolitik, die mit einer Bürokratieflut einhergeht, ist auf dem Weg zum Wald der Zukunft wenig hilfreich.