Feste muss man feiern, wie sie fallen. Im Falle der Landwirtschaftskammer Österreich sind es gleich zwei mögliche Termine, die dafür infrage kommen. Die Wurzeln einer übergeordneten Organisation der auf Bundesländerebene organisierten Kammern reichen rund 100 Jahre zurück. 1953 wurde die Präsidentenkonferenz aber als Verein in eine rechtlich verbindliche Form gegossen. Mitglieder sind damals wie heute die neun Länderkammern und der Österreichische Raiffeisenverband (ÖRV).
Bundeskanzler Karl Nehammer hob in seinen Grußworten die Bedeutung einer vitalen Land- und Forstwirtschaft in Zeiten der Krise hervor: „Bestelltes Land ist wertvolles Land.“ Für die anstehenden Herausforderungen brauche es eine engagierte Interessenvertretung wie die Landwirtschaftskammer und auch die gesamte Sozialpartnerschaft. „Wir müssen über Systemgrenzen hinausdenken. Einfache Lösungsangebote funktionieren nicht. Wir brauchen auch komplexe Antworten“, so Nehammer.
Vielfältiger Rückblick
Die Runde der verdienten Ökonomieräte mit den Alt-Präsidenten blickte auf mehr als 30 Jahre Kammergeschichte zurück. Rudolf Schwarzböck war ab 1990 Vorsitzender der Präsidentenkonferenz und hatte den Bauern den EU-Beitritt schmackhaft zu machen: „Zwei Drittel waren dagegen. Es ist aber nicht um Einzelinteressen, sondern um die Zukunft Österreichs gegangen.“ Gerhard Wlodkowski begleitete die Einführung des AMA-Gütesiegels Ende der 1990er-Jahre. „Wir haben darum gekämpft, alle Sparten mitzunehmen“, erinnert er sich und ergänzt: „Die Herausforderung war es, mit Augenmaß vorzugehen, damit alle Produzenten mitgehen können.“
Unter die Amtszeit von Hermann Schultes fielen die Ökologisierung und der Umbau des Energiesystems: „Besonders stolz darauf bin ich, dass es gelungen ist, die Rübenbauern zu überzeugen, drei Jahre lang Geld zur Seite zu legen und damit gemeinsam mit der Agrana das Bioethanolwerk in Pischelsdorf aus der Taufe zu heben.“ ÖRV-Generalanwalt Erwin Hameseder bezeichnete Raiffeisen und die Landwirtschaftskammer als „Wertegemeinschaft“: „Die Präsidenten waren auch stets in unseren Organen vertreten. Es hat immer eine tragfähige Brücke gegeben. Diese Achse müssen wir weiter ausbauen, um die nachhaltige Versorgung sicherzustellen.“
Abseits tagespolitischer Dispute zeigte sich auch Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl konziliant: „Die Sozialpartnerschaft ist wichtiger als je zuvor. Ich kann mir Österreich nicht ohne vorstellen.“ Während der Corona-Pandemie habe man bei der Kurzarbeit bewiesen, wie schnell man auf Krisen reagieren kann. „Wir kämpfen Seite an Seite mit der LKÖ für eine gute Lebensmittelversorgung“, sagte ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian. Seine Aufgabe sei es, dafür zu sorgen, dass sich die Menschen diese Lebensmittel auch leisten können. Seitens der Wirtschaftskammer überbrachte Generalsekretär Karlheinz Kopf Glückwünsche: „Die Transformation der Energiesysteme, die Ökologisierung und der Mangel an Fachkräften sind gemeinsame Herausforderungen.“
Bollwerk für die Bauern
Agrarminister Norbert Totschnig bezeichnete die LKÖ als „ökosoziale Stimme aus der landwirtschaftlichen Praxis“. „Andere sind so laut, als würden sie Millionen vertreten“, sagte er mit Blick auf die NGOs. „In der Kammer sitzen aber die demokratisch gewählten Vertreter.“ Die Landwirtschaft verspüre aktuell einen gewaltigen Veränderungsdruck. Dafür brauche es fachlich basierte Antworten auf wissenschaftlicher Grundlage. „Die Landwirtschaftskammer ist dabei das Bollwerk für den bäuerlichen Familienbetrieb.“
Einen Blick in die Zukunft warf LKÖ-Präsident Josef Moosbrugger: „Unsere Bauern bieten enorme Zukunftspotenziale. Wir sehen uns als Wegbereiter und Wegbegleiter.“ Gegen unsachliche Kritik verwehrte sich Moosbrugger: „Niemand muss unser Land vor den Bauern schützen. Die Familienbetriebe sind Nachhaltigkeitsvorbilder und ein entscheidender Sicherheitsfaktor.“