KI bringt große Hebelwirkungen

Führungskräfte des Firmenkundengeschäfts sind beim Management-Dialog des Raiffeisen Campus in die Welt der Künstlichen Intelligenz eingetaucht. Neben technologischen Aspekten ging es in Salzburg auch um das Menschenbild.

Blick auf die Bühen beim Management Dialog in Salzburg
© RC/Jan Zaslawski

„Es gibt kein Thema, das momentan heißer diskutiert wird als KI“, sagte Nicole Jauk vom Raiffeisen Campus beim Netzwerktreffen für Führungskräfte im Firmenkundengeschäft. Auch wenn am ersten Tag der Veranstaltung in Salzburg mit rund 80 Teilnehmern über die volkswirtschaftliche Entwicklung, Homeoffice-Regelungen oder Sanierungen gesprochen wurde, streifte die Diskussion immer wieder das Thema Künstliche Intelligenz (KI). „Im Firmenkundengeschäft ist es wichtig, dass wir mit der Zeit gehen und ein Verständnis haben, wie unsere Kunden diese neue Technologie anwenden“, betonte Nicole Jauk.

Projekte oft zu komplex

Doch wie geht man ein KI-Projekt an und wie wird die Technologie im Unternehmen implementiert? „87 Prozent aller KI-Projekte schaffen es nicht in den produktiven Betrieb. Sie sind oft zu komplex, die Erwartungen zu hoch“, betonte Patrick Ratheiser in seinem Vortrag. Ratheiser ist CEO und Mitgründer des Grazer Start-ups Leftshift One. „Starten Sie klein und fein, aber in Kollaboration“, lautete sein Ratschlag. 

Er muss es wissen: Sein Unternehmen steht auf der Top-30-Liste der KI-Start-ups im deutschsprachigen Raum von Forbes. Leftshift One entwickelt maßgeschneiderte Chatbots für Unternehmen. Das KI-Start-up arbeitet beispielsweise mit der Softwarefirma Cancom Austria zusammen, um Daten für ein Schweizer Medizinlabor mithilfe von KI auszuwerten. Die Grazer liefern die KI-Technologie für das Projekt, Ziel ist die Erforschung des menschlichen Darms. „Oft fehlt es im deutschsprachigen Raum an Mut, Dinge anzupacken“, so Ratheiser. 

Auch für die Raiffeisen-Landesbank Steiermark entwickelte sein Unternehmen einen Chatbot. „Viele Kunden kommen stets mit den identischen Fragen auf die Bankberater zu, das bindet Ressourcen“, erklärte Ratheiser. Der digitale Assistent soll nun helfen, die Anfragen besser zu filtern.

Peter Köllner, Geschäftsführer von Raiffeisen Analytik, gab im Anschluss einen Überblick über aktuelle KI-Anwendungen im Raiffeisensektor. „Es gibt nur wenige Projekte, die Kunden betreffen, es geht oft um interne Prozesse“, sagte Köllner. Im Kundendialog habe Künstliche Intelligenz aber die größte Hebelwirkung, betonte Köllner und nennt gleich ein Beispiel: Mit dem System „Rai-KI“ hat man bei der Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien bereits über 250.000 Anfragen verarbeitet. Das System versteht über 200 Geschäftsfälle. „Rai-KI entlastet den Berater, indem es das Ticket-Routing übernimmt“, erläuterte Köllner. Ticket-Routing ist das zielgerichtete Verteilen der Kundenanfragen, die auf diese Weise schneller bearbeitet werden können.  

Fähigkeiten und Potenziale

Zum Abschluss der Veranstaltung trat nach all der Technologie wieder der Mensch in den Vordergrund. Beim Thema Künstliche Intelligenz gebe es viele Missverständnisse, betonte Unternehmensberater Harald Pichler. „Intelligenz wird oft mit Bewusstsein verwechselt. Intelligenz ist aber nur die Fähigkeit, Probleme zu lösen“, so Pichler. Was uns verunsichere, sei die Vorstellung eines eventuellen künstlichen Bewusstseins. „Die Hirnforschung versteht allerdings noch nicht einmal unser eigenes menschliches Bewusstsein“, erinnerte Pichler.

Die Zukunft der Menschheit hänge insbesondere von unserem Menschenbild ab, ist er sich sicher. Die Fähigkeit, wertschätzend miteinander umzugehen, entscheide, wie wir künftig leben werden. Dazu zitierte der Unternehmensberater den österreichischen Psychiater Viktor Frankl: „Der Mensch strebt vor allen Dingen nach einem Sinn im Leben.“ Etwas Sinnvolles zu tun, mache viele Menschen glücklicher, als das Glück zu suchen, strich Pichler hervor. Es benötige positive Zukunftsgeschichten. „Wir sollten uns die Welt aber nicht schönreden, wir sollten die Welt sehen, wie sie ist.“ Und dabei den Blick von vermeintlichen Gefahren abwenden und auf Fähigkeiten und Potenziale richten.