Wilhelmer: „Wir setzen auf nachhaltiges Wachstum“

Manfred Wilhelmer hat vor gut einem halben Jahr als Vorstandssprecher die Führung der Raiffeisen Landesbank Kärnten übernommen. Wir sprachen mit ihm über seine Strategie, wie er Verbundarbeit sieht und welchen Führungsstil er pflegt.

Manfred Wilhelmer, Vorstandssprecher Raiffeisen Landesbank Karnten
© RLB Kärnten

Herr Wilhelmer, wie sind die ersten Monate in Ihrem neuen Job gelaufen?
Manfred Wilhelmer: Meine ersten Monate waren eine herausfordernde und spannende Zeit, denn auch wenn man im Sektor seit vielen Jahren beruflich tätig ist, ist diese Funktion hinsichtlich Verantwortung und strategischer Ausrichtung eine anspruchsvolle Aufgabe. Ich bin mit Respekt an die Aufgabe herangetreten. Das erste halbe Jahr war geprägt von der Zusammenarbeit im neuen Vorstand mit organisatorischen, strukturellen und strategischen Themen, um die Raiffeisen Landesbank Kärnten zukunftsfit zu machen. Ergebnis ist ein Strategieprozess mit Entwicklungsthemen für die nächsten Jahre. Und wir haben intern die Organisation neu ausgerichtet. 

Wie sieht die Neuausrichtung konkret aus?
Wilhelmer: Wir haben vier Themenschwerpunkte definiert. Als Marktverantwortlicher lege ich besonderen Wert auf eine konsequente Vertriebsausrichtung. Unsere Vertriebsstrategie haben wir im Zuge einer Harmonisierung zwischen Landesbank und Sektor überarbeitet, sodass wir gemeinsame Wachstumsschritte setzen können. Als Schwerpunkt Nummer zwei möchten wir die Zusammenarbeit im Verbund – auf Landes- wie auch auf Bundesebene – ausbauen und optimieren. Beim Thema Regulatorik steht über allem die Frage: Wie schaffen wir es, schlanker und effizienter zu werden, um die ständig neuen regulatorischen Herausforderungen meistern zu können. Auch das Thema Human Ressources steht auf unserer Agenda, da wir aufgrund der bestehenden Altersstruktur, Demografie und Entwicklung unserer Mitarbeiter Akzente setzen müssen, um auch künftig als attraktiver Arbeitgeber interessant zu bleiben.

Wo liegt im Jahr 2024 Ihr Fokus?
Wilhelmer: Unsere strategischen Perspektiven für 2024 sind klar definiert. Im Mittelpunkt unserer Überlegungen steht stets die Kundenzentrierung. Im Privatkundenbereich beschäftigen wir uns daher mit einem innovativen Bankstellenkonzept in Verbindung mit Teambetreuung als neuen Ansatz in der effizienten Kundenbetreuung. Durch das Fachwissen und die Spezialisierung in einem Beratungsteam sollen Kunden noch gezielter betreut werden können.
Ein weiterer Fokus liegt auf dem Kompetenzaufbau in der ESG-Beratung. Dabei geht es sowohl um die Beratung unserer Kundinnen und Kunden zu spezialisierten nachhaltigen Finanzdienstleistungen als auch um die Unterstützung von Unternehmen bei der Integration der ESG-Kriterien in ihre Entscheidungsprozesse. Dies soll nicht nur Kunden und Unternehmen selbst zugutekommen, sondern auch der RLB Kärnten die Erfüllung der Nachhaltigkeitskriterien ermöglichen.
Potenzial für Wachstum bietet uns der slowenische Markt, wo wir uns eine direkte Repräsentanz überlegen. Im Firmenkundenbereich werden wir gemeinsam mit den Raiffeisenbanken das Konsortialgeschäft gezielt ausbauen.

Wie ist das Geschäftsjahr 2023 gelaufen?
Wilhelmer: 2023 war von der Ergebnisentwicklung ein herausragend gutes Jahr. Vor allem aufgrund der Entwicklung der Zinsspanne, des Provisionsergebnisses und der Risikokosten. Im vierten Quartal war besonders der Wohnbaubereich von einer rückläufigen Entwicklung betroffen. Grund dafür waren die gestiegenen Zinsen, die hohen Baukosten und die KIM-Verordnung. Im Firmenkundenbereich konnten wir trotz herausfordernder wirtschaftlicher Rahmenbedingungen ein Wachstum erzielen.

Und was erwarten Sie für das laufende Jahr?
Wilhelmer: Das wirtschaftliche Umfeld bleibt 2024 herausfordernd. Im Firmenkundenbereich rechnen wir mit einer zögerlichen Investitionsbereitschaft und einer höheren Ausfallswahrscheinlichkeit und somit mit höheren Risikokosten. Unsere Privatkunden belasten vor allem die höheren Preise für Energie und Wohnen sowie die Zinsentwicklung für Finanzierungen. Grundsätzlich gehen wir von einer wirtschaftlichen Entspannung im zweiten Halbjahr aus.

Welche Akzente wollen Sie in der Beratung setzen?
Wilhelmer: Als verlässlicher Bankpartner setzen wir bewusst auf die Nähe zu unseren Kunden und wollen sie gerade in schwierigen Phasen begleiten. Durch einen ganzheitlichen Beratungsansatz versuchen wir alle Fördermöglichkeiten für den Kunden auszuschöpfen, Liquidität zu sichern und das Risiko im Auge zu behalten. Uns geht es darum, in Lösungen zu denken und unterstützend tätig zu sein.

Welche Produkte sind bei Privatkunden derzeit gefragt?
Wilhelmer: Generell ist das Thema Veranlagung stärker gefragt. Das Sparbuch und die klassischen Sparvarianten verzeichnen einen vermehrten Zustrom. Auch Anleihen und Garantie-Zertifikate sind gefragt. Das Fondssparen bleibt ebenfalls beliebt, dies zeichnet sich durch hohe Flexibilität aus. Der Nachhaltigkeit kommt bei Veranlagungen ein immer höherer Stellenwert zu. Im Finanzierungsbereich sind es Wohnraumsanierungen sowie Energieeffizienzthemen.

Auch wenn Banken im Vorjahr gut verdient haben, schließen sich immer Raiffeisenbanken zu größeren Einheiten zusammen. Wie ist hier der Status quo in Kärnten?
Wilhelmer: In Kärnten gab es in den letzten Jahren sinnvolle Zusammenschlüsse, sodass wir aktuell bei einer Zahl von 27 selbständigen Raiffeisenbanken stehen. Drei weitere Zusammenschlüsse sind für heuer geplant. Durch eine Fusion können sowohl die Leistungsfähigkeit, die Wettbewerbsfähigkeit und auch die Beratungsqualität gehoben werden. Das regulatorische Umfeld trägt natürlich auch dazu bei, eine gewisse Grundgröße anzustreben.

Bei wie vielen Raiffeisenbanken wird Kärnten in zehn Jahren liegen?
Wilhelmer: Eine Anzahl ist schwer festzumachen. Vielmehr geht es um sinnvolle Zusammenschlüsse, um einen Mehrwert für die Bankorganisation und letztendlich für den Kunden zu schaffen. 

Kärntner Raiffeisenbanken gelten als sehr selbstbewusst. Was planen Sie konkret in der Verbundarbeit?
Wilhelmer: Ja, unsere Raiffeisenbanken sind selbstbewusst und das ist auch gut so. Sie sind vertriebsstark, in der Region verwurzelt und nah am Kunden. In der Verbundarbeit ist es mir wichtig, die wirtschaftliche Eigenständigkeit der RLB Kärnten und der Raiffeisenbanken zu stärken. Dabei haben wir immer ein gemeinsames Ziel: zufriedene Kunden. Wir sind führender Bankpartner in Kärnten und ich bin überzeugt, wenn wir unsere Kräfte bündeln, werden wir unsere Marktstellung noch weiter festigen. 

Wo sehen Sie aktuell die Herausforderungen für Ihre Firmenkunden? 
Wilhelmer: Sicherlich derzeit im wirtschaftlichen Umfeld. Aber es gibt durchaus Branchen mit Wachstums­potenzial. Beispielsweise im Bereich der Mikroelektronik mit dem Technologiepark in Villach und dem Lakeside Park in Klagenfurt. In Kärnten ist der Export ein wichtiges Standbein vieler Unternehmen. Hier werden wir weiterhin unterstützen, vor allem rund um Exportfinanzierung und -absicherung.

Raiffeisen Kärnten forciert derzeit auch die Gründung von Energie-Gemeinschaften in Form von Genossenschaften. Erlebt diese Rechtsform wieder eine Renaissance?
Wilhelmer: Der Genossenschaftsgedanke ist moderner denn je. Es geht um das Miteinander, die Verbundenheit mit den Menschen und der Region und den Fördergedanken der Mitglieder. Mit den Energiegenossenschaften beleben wir diese Vernetzung neu und schaffen einen echten Mehrwert.

Kommen wir noch zur Person Manfred Wilhelmer: Wie würden Sie denn Ihren Führungsstil beschreiben? 
Wilhelmer: Kooperativ, fordernd und fördernd. 

Treffen Sie schnell Entscheidungen? 
Wilhelmer: Ja, eher schon. Ich entscheide sachlich und meine Berufserfahrung hilft mir dabei.

Wo holen Sie sich Kraft?
Wilhelmer: Einerseits in der Familie, aber auch in der Natur. Ich bin ein begeisterter Sportler – Stand-up-Paddeln, Bergsteigen, Skifahren oder Laufen – und auch das Reisen ist eines meiner Hobbys.

Wollten Sie immer schon Banker werden?
Wilhelmer: Aufgrund meiner familiären Wurzeln entwickelte sich schon früh mein Interesse für Wirtschaft und Unternehmertum. Eine Bankkarriere war nicht konkret geplant. Anfang 30 durch meine damalige Assistenzfunktion in einem Produktionsbetrieb, wo ich unter anderem für Finanzierungs- und Förderthemen verantwortlich war, wurde mein Interesse für das Bankwesen geweckt.