Der Wintertourismus in Österreich steht auch heuer vor vielfältigen Herausforderungen. Womit kämpfen die Betriebe aktuell?
Matthias Matzer: Derzeit treiben die hohen Energiekosten und das Thema Fachkräftemangel die Tourismusbetriebe am meisten um. Viele Hoteliers haben bereits die Energiewende eingeleitet und setzen auf alternative bzw. umweltschonende Heizsysteme. Und auch beim Personal gilt es einige Hausaufgaben zu erledigen. Im Zuge der Corona-Pandemie haben zahlreiche Mitarbeiter die Branche verlassen und die Betriebe tun sich nun schwer, sie wieder zurückzuholen. Bessere Mitarbeiterwohnungen, Kinderbetreuung und attraktive Arbeitszeitmodelle können helfen, die Fehler der Vergangenheit zu vermeiden.
Welche Hausaufgaben müssen noch gemacht werden?
Matzer: Neben dem Personal- und Energiethema stellt auch die Betriebsübergabe eine zentrale Herausforderung dar. Da erleben wir derzeit von der perfekt gemanagten Betriebsübergabe bis hin zu einer komplett fehlenden Nachfolgestrategie alles. Darüber hinaus gibt es auch immer wieder Marktaustritte, weil mit dem Verkauf einer Immobilie teilweise weitaus mehr verdient werden kann als mit dem Betriebsverkauf. Das sind dann Betten, die in der nächsten Saison fehlen.
Werden die Betriebe ausreichend unterstützt?
Matzer: Die Covid-Pandemie ist speziell für den Tourismus mit einem Mix an Förderungen perfekt gemanagt worden. Die pauschale Kritik, dass es eine Überförderung der Branche gegeben hätte, ist aber nicht nachvollziehbar. So haben viele Unternehmen ihr Schlüsselpersonal durch die Pandemie getragen. Außerdem wurde die Zeit genützt, um zu investieren.
Es wurde befürchtet, dass die Insolvenzen nach dem Auslaufen der Hilfen stark steigen könnten. Welche Beobachtungen machen Sie?
Matzer: Die Tourismuswirtschaft hat insgesamt etwa 16.000 gewerbliche Beherbergungsbetriebe, wir betreuen in der Regel rund 2.000 davon als Stammkunden, weitere 9.000 kamen in Zuge der Covid-Hilfen dazu. Die Ausfallsquote in unserem „Covid-Haftungsportfolio“ liegt derzeit bei rund 1 Prozent, das ist ein absolut überschaubarer Wert. Eine abschließende Betrachtung ist derzeit aber noch nicht möglich, da die große Menge der Haftungen eine Restlaufzeit bis 2025/26 hat. Erst danach können wir eine profunde Analyse ziehen.
Wie ist die Stimmung für die Wintersaison?
Matzer: Durchwegs zuversichtlich und optimistisch! Der Tourismus ist schon länger mit abnehmenden Langfrist-Buchungen konfrontiert, was einen geringeren Liquiditätspolster aufgrund fehlender Anzahlungen mit sich bringt. Dieser Trend ist aber nicht beunruhigend, denn die Freude am Skifahren ist nach wie vor groß. Die einzige Sorge wäre, dass Covid wieder für ein Störfeuer sorgen könnte. Das zeichnet sich aber bisher nicht ab.
Hat angesichts des Klimawandels der Wintertourismus eine Zukunft?
Matzer: Die Branche ist außerordentlich kreativ und kann sich sehr gut auf neue Gegebenheiten einstellen. Was vielleicht vor fünf Jahren bei der Beschneiung nicht möglich gewesen wäre, ist heute mit Hilfe des technischen Fortschritts und unter strengen Vorlagen möglich. Wachstumspotenzial sehen wir aber in erster Linie in den Nebensaisonen sowie im Sommertourismus. Wenn es immer heißer wird, dann kann die Sommerfrische in den Alpen ein noch stärkeres Revival erleben.
Mit was für einer Wintersaison 2022/23 rechnen Sie?
Matzer: Die Preiserhöhungen wurden heuer mit Augenmaß zwischen 7 und 12 Prozent weitergegeben. Das Interesse an Winterurlaub ist aber ungebrochen hoch. In der laufenden Wintersaison sollte daher eine Rückkehr auf das Vorkrisenniveau möglich sein.