Grüner Schmäh bei Pflanzendrinks

Ein Hersteller pflanzlicher Drinks wirbt in Wien derzeit mit aggressiven Botschaften gegen die Milch. Die Branche wehrt sich und zieht das Klimarettungs-Image der Alternativen in Zweifel.

„It’s like milk but for humans.“ – „Es ist wie Milch, nur für Menschen gemacht.“ Diesen Slogan
affichiert der schwedische Haferdrink-Hersteller Oatly gerade großflächig in der Bundeshauptstadt. Angesprochen sollen offenkundig Vegetarier und Veganer werden, die der Überzeugung sind, dass Kuhmilch den Kälbern vorbehalten sein sollte. Die Argumentation zieht, wie die Marktzahlen der Pflanzendrinks bestätigen. In den vergangenen 20 Jahren hat sich der Absatz an Milch-Ersatzprodukten aus Mandel, Hafer, Soja oder Reis nahezu verdoppelt. Ein Ende des Trends ist nicht abzusehen. Landwirte und Molkereien sind dementsprechend alarmiert und versuchen das Bild einer klimafreundlichen Alternative zurechtzurücken.

„Das Klimarettungs-Marketing hält nicht, was es verspricht“, erkennt der Präsident des Österreichischen Bauernbundes, Georg Strasser, selbst ein Milchbauer aus dem südlichen Waldviertel, in den Werbebotschaften viele Halbwahrheiten. Ein von den Kärntner Jungbauern und dem Verein „Wirtschaften am Land“ durchgeführter „Regionalitäts-Check“ habe ergeben, dass nur 15 Prozent der entsprechenden Produkte im Regal aus Österreich stammen. Fast die Hälfte der in Supermärkten und Drogerien eingekauften Waren kommt aus Ländern außerhalb der EU. Die Auswahl findet also vielfach zwischen Milch aus Österreich und Mandeln aus Kalifornien statt.

Wissenschaftlicher Vergleich

Welches Produkt nachhaltiger ist, ist für den Kärntner Landwirtschaftskammerpräsidenten Siegfried Huber klar: „Für die Herstellung von einem Kilogramm Mandeln aus Kalifornien sind bis zu 15.000 Liter Wasser erforderlich – und das in einer der trockensten Regionen der Welt. Der Wasserverbrauch der Mandeln, die aus den USA exportiert werden, ist gleichwertig mit jenem von Los Angeles über drei Jahre.“ In einem Liter Mandelmilch sind einer Studie der Universität Oxford zufolge umgelegt 371 Liter Wasser enthalten. Ein Liter heimischer Milch kommt hingegen nur auf 8,35 Liter. Beworben wird aber der geringe ökologische Fußabdruck der Pflanzendrinks. Kuhmilch enthält zudem acht Mal so viel Eiweiß und zahlreiche andere Inhaltsstoffe als Mandeln, die nach Hafer der zweithäufigste Rohstoff für derartige Drinks sind. Huber ist daher überzeugt, dass Milch nicht durch ein künstlich hergestelltes Produkt ersetzbar ist.

„Milch ist das unerreichte Original. Das ist der wahre Grund, warum immer wieder versucht wird, geschützte Begriffe für Imitate zu verwenden“, pocht der Geschäftsführer der Vereinigung Österreichischer Milchverarbeiter (VÖM), Johann Költringer, darauf, dass Pflanzendrinks eben keine Milch sind. „Im Zuge der Verhandlungen zur Gemeinsamen Agrarpolitik konnte der bestehende strenge Schutzstatus abgesichert werden. Damit sind auch weiterhin Marketingmaßnahmen verboten, die beim Konsumenten den falschen Eindruck erwecken, es handle sich um Milchprodukte.“ Költringer möchte Pflanzendrinks nicht per se schlechtreden, unterstreicht er: „Wer will, soll sie kaufen und konsumieren. Auch wenn sie ähnlich ausschauen, muss aber klar sein, dass es sich dabei um andere Produkte mit anderen Inhaltsstoffen und einer anderen Herstellung handelt.“

Bauernbund-Präsident Georg Strasser verwehrt sich dagegen, Acker- und Milchbauern gegeneinander auszuspielen und die Kuhmilch als Feindbild aufzubauen. Immerhin decken mittlerweile auch heimische Molkereien in ihrem Sortiment den Markt der Ersatzprodukte mit ab. Wenn Alternativen angeboten werden, muss aber die Herkunft klar gekennzeichnet werden, so Strasser. „Es kann nicht sein, dass eine bekannte Handelsmarke bei Eigenmarken-Produkten mit einer Österreichfahne auf der Verpackung wirbt, obwohl der Rohrzucker als wichtiger Inhaltsstoff vom anderen Ende der Welt kommt.“ Es sei durchaus möglich, heimischen Bio-Rübenzucker einzusetzen. Generell könne der heimische Ackerbau das Segment mit klimafreundlichen Alternativen bedienen. „In Österreich werden 210.000 Tonnen Soja pro Jahr geerntet. Die Hälfte davon geht in die Lebensmittelverarbeitung“, sagt Strasser. Auch Hafer werde im Land angebaut.

Organisiert wurde die Einkaufsaktion des Bauernbundes vom Mölltaler Jungbauern Marcel Wernisch. Er verweist auf die Bedeutung der Milchwirtschaft für sein Heimatbundesland: „Sie ist ein Teil des Grundgerüstes unserer vielfältigen Biodiversität.“ Weite Teile Kärntens sind nur über Wiederkäuer bewirtschaftbar. „98 Prozent der Höfe befinden sich im benachteiligten Gebiet. Auch die Almen werden von Kuhbetrieben gepflegt. Stirbt aber die Alm, stirbt auch der Tourismus.“ Es sei bedrückend, wenn er am Weg auf die Uni in Wien jeden Tag Plakate sehe, die gegen die eigene Arbeit agitieren. „Wir wollen keinen Konkurrenzkampf. Wer sich aus ethischen oder gesundheitlichen Gründen gegen die Milch entscheidet, soll das tun. Es darf aber nicht sein, dass unser Produkt aus Marketinggründen ins schlechte Licht gerückt wird“, betont Wernisch.

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