Jeder sechste Haushalt ohne Ersparnisse

Eine Untersuchung der OeNB zeigt trotz hoher Sparquote große Unterschiede im Sparverhalten österreichischer Haushalte.

Das nettoverfügbare Einkommen des österreichischen Haushaltssektors – dazu zählen private Haushalte, Selbstständige, Einzelunternehmer, institutionelle Haushalte (z. B. Menschen, die in Altenheimen leben) und private Organisationen ohne Erwerbszweck – ist im Jahr 2024 um 7,8 Prozent auf 289,6 Milliarden Euro gestiegen. Davon wurden 88,3 Prozent oder 257,6 Mrd. Euro ausgegeben und 11,7 Prozent, also 34 Mrd. Euro, gespart.

Die hohe Sparquote von 11,7 Prozent resultiere daraus, dass das nominelle Einkommenswachstum von 7,8 Prozent das nominelle Konsumwachstum von 4,3 Prozent deutlich übersteige. Als Gründe für das vorsichtige Agieren und die verstärkte Sparneigung sieht man bei der Oes­terreichischen Nationalbank (OeNB) unter anderem die geopolitische Lage und die schwache Konjunktur. Allerdings sei nun ein Peak erreicht, wie OeNB-Gouverneur Martin Kocher betont: „Wir rechnen mit einem Rückgang um 1 Prozent für das Jahr 2025.“ Das bedeute aber immer noch ein deutlich höheres Sparniveau als vor der Pandemie. Damals lag die Sparquote bei etwa 8 Prozent. 

Was passiert nun mit dem Ersparten? Anders als im Jahr 2023 wurde 2024 nur ein geringer Anteil der verfügbaren Mittel (21 Prozent) für realwirtschaftliche Investitionen ausgegeben, 2023 waren es noch 50 Prozent. Diese Entwicklung sei dem Finanzierungsumfeld geschuldet. Mit 79 Prozent der verfügbaren Mittel bzw. 29,5 Mrd. Euro wurden Finanzinvestitionen getätigt: „Ein historischer Höchstwert“, betont Kocher, der davon ausgeht, dass sich dieser Trend auch 2025 fortsetzen wird. 

Ungleichgewicht bei Verteilung

Geht man weiter ins Detail, zeigen sich aber große Unterschiede im Sparverhalten privater Haushalte: „Der Median der Haushalte in Österreich spart rund 300 Euro pro Monat, also die ‚typische‘ Mitte der Bevölkerung“, heißt es seitens der OeNB. Der Durchschnitt liege aber deutlich höher (bei rund 490 Euro), weil wohlhabendere Haushalte größere Beträge zurücklegen können. 

„10 Prozent der Haushalte können ein Drittel oder mehr sparen. 50 Prozent sparen 10 Prozent ihres Einkommens. 17 Prozent der Haushalte können sich nichts zur Seite legen“, erklärt OeNB-Vizegouverneurin Edeltraud Stiftinger. Das bedeutet: Ein kleinerer Teil der Haushalte trägt einen größeren Teil der gesamten Ersparnisse. Demnach kann auch die gesamtwirtschaftliche Sparquote steigen, obwohl manche Haushalte weniger oder gar nicht sparen.

Gut 80 Prozent der Haushalte verfügen über ein Auto, rund die Hälfte lebt im Eigentum. Rund 12 Prozent besitzen andere Immobilien neben dem Hauptwohnsitz. Fast alle Haushalte in Österreich besitzen Finanzvermögen – meist auf Giro- oder Sparkonten, oft auch in Form von Bausparverträgen. Wertpapiere spielen dagegen nur für eine Minderheit eine Rolle: 12 Prozent halten Fonds, 6 Prozent Aktien, 3 Prozent Anleihen und 4 Prozent investieren in Krypto-Werte. Schulden haben weniger als ein Drittel der Haushalte: 15 Prozent haben besicherte Kredite, meist durch den Hauptwohnsitz besichert, und 18 Prozent unbesicherte Kredite.

Die Detailbetrachtung verdeutlicht das Ungleichgewicht bei der Vermögensverteilung. So besteht das Vermögen der unteren Hälfte der Haushalte fast ausschließlich aus liquiden Finanzmitteln. Sachvermögen spielt bis auf das Auto praktisch keine Rolle. Oberhalb der Mitte dominiert das selbst genutzte Wohneigentum: „Der Hauptwohnsitz ist die mit Abstand wichtigste Vermögensposition und bestimmt den Großteil des Nettovermögens.“ Bei den oberen 10 Prozent der Haushalte kommen Vermögensarten hinzu, die stark konzentriert sind: weitere Immobilien, Unternehmen, landwirtschaftliche Betriebe und teilweise umfangreichere Wertpapierbestände.

Das heißt, für rund ein Viertel der Haushalte liegt das Nettovermögen unter 20.000 Euro, für etwa 40 Prozent unter 50.000 Euro. Erst ab der Mitte steigen die Werte deutlich, und steigen steiler. Seit 2021 liegt der Wert der Mitte praktisch unverändert bei rund 125.000 Euro, der Durchschnitt aber viel höher, bei über 330.000 Euro, weil wenige Haushalte sehr große Vermögen besitzen. Diese profitieren auch am meisten von Vermögensgewinnen, was die absoluten Vermögensabstände weiter wachsen lässt.

Fonds im Fokus

Das finanzielle Vermögen des österreichischen Haushaltssektors beläuft sich mit Stand Juni 2025 auf 936,7 Mrd. Euro. Den größten Anteil davon machen Einlagen aus (36 Prozent), gefolgt von Beteiligungen an GmbHs, Privatstiftungen und Ähnliches (24 Prozent) sowie Wertpapiere (21 Prozent). Von den 334,1 Mrd. Euro an Einlagen entfallen 63 Prozent auf täglich fällige Einlagen und 37 Prozent auf gebundene Einlagen. 

Der Wertpapierbestand hat mit 197,3 Mrd. Euro einen neuen Höchststand erreicht. Investmentfondsanteile machen mit 108 Mrd. Euro (55 Prozent) den größten Anteil aus, gefolgt von börsenotierten Aktien in Höhe von 49,9 Mrd. Euro (25 Prozent) und verzinslichen Wertpapieren mit 39,4 Mrd. Euro (20 Prozent).

AusgabeRZ50-2025

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Mehr lesen

Aktuelles

Die Welt der Raiffeisenzeitung

Banner für die Newsletter Anmeldung
Banner: