Wein: Genuss zwischen Tradition und neuen Trends

Junge Zielgruppe, Alkoholverzicht, Export: Beim ÖWM-Marketingtag 2025 standen aktuelle Kernthemen der Weinbranche auf der Agenda.

„Österreich ist die beste Weintourismus-Destination der Welt.“ Dass Chris Yorke in höchsten Tönen über den heimischen Rebensaft spricht, ist kaum verwunderlich. Nicht umsonst ist Yorke Geschäftsführer der Österreich Wein Marketing GmbH (ÖWM) und damit verantwortlich für die Förderung der weltweiten Vermarktung österreichischen Weins. Tatsächlich hat dieser, wie Yorke beim ÖWM-Marketingtag vor rund 800 Besuchern unterstrich, eine einzigartige Vielfalt auf vergleichsweise kleinem Raum zu bieten. Nichtsdestotrotz war Österreichs Weinwirtschaft im vergangenen Jahr auch mit Herausforderungen konfrontiert. Neben aktuellen Trends, neuen Kommunikationsstrategien und Absatzchancen stand beim Branchentreff Ende Jänner deshalb auch die Marktlage im Fokus.

Dass die Konsumlaune der Österreicher 2024 generell getrübt war, bekam auch der Weinsektor zu spüren. Im Lebensmittelhandel wurde zwischen Oktober 2023 und September 2024 um 2,6 Prozent weniger Wein verkauft als im Jahr zuvor, zugleich fiel auch der erzielte Umsatz um 0,9 Prozent. Ausländische Weine waren von den Verlusten (-5,8 Prozent Absatz, -2,3 Umsatz) jedoch wesentlich stärker betroffen als österreichische (-1,0 bzw. -0,5 Prozent).

GRAFIK: Veränderung des österreichischen Weinmarktes seit Corona

Rotwein-Markt schrumpft

Eine grundsätzliche Veränderung des Marktes hat bereits vor der Corona-Pandemie begonnen: Seit 2019 ging der gesamte Weinabsatz um 5,3 Mio. Liter zurück. Davon war mit 5 Mio. Liter hauptsächlich Rotwein und vor allem ausländischer Rotwein (3,6 Mio.) betroffen. „Der weltweite Trend weg von bestimmten Rotweinsorten lässt sich auch in Österreich nicht verleugnen“, stellte Yorke fest. Der Rückgang ausländischen Weißweins in Höhe von 2,8 Mio. Liter konnte durch heimische Weißweine (+2,4 Mio.) beinahe ausgeglichen werden. „Insgesamt hat Österreich Weiß- und Rotwein-Marktanteile gewonnen, aber der Rotweinmarkt wird kleiner“, so der ÖWM-Geschäftsführer.

Neben dem Weingenuss zuhause (39 Prozent), der großteils Einkäufen im Lebensmittelhandel zugeordnet werden kann, und dem Kauf durch Touristen und Gastarbeiter (5 Prozent) machen die Gastronomie und Events mit einem Anteil von 56 Prozent den größten Anteil des heimischen Weinkonsums aus. Obwohl der Weinverkauf in der Gastronomie nach Corona wieder zunahm, ist er noch nicht auf dem Niveau von 2019. „Die Situation in der heimischen Gastronomie, besonders in der klassisch-gutbürgerlichen, wo traditionell viel Wein verkauft wird, ist wirklich schwierig“, erklärte York. Weil die Gastro aus ÖWM-Sicht ein strategisch wichtiger Punkt am heimischen Markt sei, habe man im August 2024 die große Kampagne „Österreich Wein lädt ein“ gestartet, die den Konsum österreichischer Weine in den heimischen Lokalen einen Monat lang forcierte.

Potenzial beim Export

Grundsätzlich sei man am heimischen Markt jedoch am Zenit angelangt. „Viele andere Weinländer beneiden uns um den hohen Marktanteil, den wir in Österreich haben“, berichtete York, würden doch drei Viertel der Ernte auch hierzulande konsumiert. Weil der heimische Markt insgesamt nur mehr wenige Wachstumschancen bietet, liegt das Augenmerk auf dem Export. Hier zeigt die Entwicklung seit Beginn des Jahrtausends kontinuierlich nach oben, mit einem Exportwert von 248,2 Mio. Euro im bisherigen Rekordjahr 2023. Weil dieser Anstieg jedoch auf einmalig hohe Flaschenverkäufe nach Deutschland zurückzuführen war, rechnet die ÖWM für 2024 mit einem leichten Knick. Der prognostizierte Exportwert von 236 Mio. Euro liege aber immer noch über jenem vom 2022.

Besonders stark gewachsen ist die Weinausfuhr nach Kanada, wo ein staatliches Alkoholmonopol herrscht: Von 2022 bis 2024 stieg der Exportwert um 35,9 und die Exportmenge um 38,4 Prozent an. Hier habe man laut Yorke ein Fünfjahresziel erreicht: So werden heimische Weißweine ab Ostern nicht mehr unter Deutschland, Osteuropa oder andere Länder geführt, sondern unter Österreich.

ÖWM-Geschäftsführer Chris Yorke
ÖWM-Geschäftsführer Chris Yorke © ÖWM/Anna Stöcher

Junge trinken gerne Wein

Die Weinwirtschaft war im abgelaufenen Jahr auch mit neuen Trends im Konsumverhalten konfrontiert. So werden alkoholarme oder gar gänzlich alkoholfreie Weine immer beliebter – und zwar vorrangig bei jüngeren Zielgruppen, die gleichzeitig immer weniger Wein im klassischen Sinn konsumieren. „Wir müssen es schaffen, Wein als relevantes, attraktives Getränk in der Lebenswelt der jungen Leute zu etablieren“, hielt Sabine Bauer-Wolf, Bereichsleiterin Kommunikation der ÖWM, fest.

Generell trinken 20- bis 35-Jährige im Vergleich zum Beginn der 2000er-Jahre heutzutage weniger Alkohol. Eine repräsentative Studie zu dieser Zielgruppe hat ergeben: Zwar wird Wein (67 Prozent) vor Bier (56) und Cocktails (53) noch immer am meisten konsumiert. „Der“ junge Weinkonsument existiert aber nicht – vielmehr trinken junge Menschen Wein aus unterschiedlichsten Gründen und Anlässen. Besonders wichtig scheint ihnen jedenfalls der soziale Aspekt des Weintrinkens. Basierend darauf plant die ÖWM ab diesem Jahr gezieltere Bewerbungsmaßnahmen für die junge Zielgruppe.

Maßvoller Alkoholkonsum

Generell wirkt sich auch eine weltweite Anti-Alkohol-Bewegung auf den Weinkonsum aus. Josef Glatt, Direktor des Österreichischen Weinbauverbands, hielt dem entgegen, dass Wein nicht mit harten oder industriell hergestellten alkoholischen Getränken in einen Topf geworfen werden dürfe: „Studien belegen, dass der maßvolle Konsum von Wein – im Gegensatz zu anderen alkoholischen Getränken – durchaus positive gesundheitliche Auswirkungen mit sich bringt.“ Bauer-Wolf betonte zudem, dass man Wein nicht nur auf Alkohol reduzieren sollte und verwies auf die jahrtausendealte Tradition des Weinbaus sowie dessen maßgebliche Bedeutung im gesellschaftlichen, kulturellen und nicht zuletzt wirtschaftlichen Leben. So sichert die österreichische Weinwirtschaft speziell im ländlichen Bereich 75.000 Arbeitsplätze. 

Aktuell ist der Marktanteil von Weinen mit keinem oder geringem Alkohol noch klein. Um jedoch der steigenden Nachfrage gerecht zu werden, hat die ÖWM 2024 in der Weindatenbank „ÖWM-Admin“ die technischen Voraussetzungen geschaffen, sodass Winzer auch solche sogenannten „No & Low“-Weine eintragen und damit künftig bei ÖWM-Veranstaltungen präsentieren können.

AusgabeRZ6-2025

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