Agrarsymposium: Auf der Suche nach Wertschätzung

Das steirische Agrarsymposium beleuchtete den landwirtschaftlichen Spagat zwischen Anspruch und Anerkennung.

Raiffeisen hat seinen Ursprung in der Landwirtschaft und ist nach wie vor stark mit ihr verbunden. „Wir sind sehr stolz auf unsere Wurzeln. Ungefähr 10 Prozent unseres Kundenvolumens in der Steiermark kommen aus dieser Branche“, betont Josef Hainzl, Aufsichtsratsvorsitzender der Raiffeisen-Landesbank Steiermark, bei der Begrüßung der rund 500 Landwirte zum diesjährigen Agrarsymposium, das als Plattform dienen soll, „um gemeinsam an Lösungen für eine nachhaltige Zukunft zu arbeiten“. 

Dieses Mal stand die Frage nach der Wertschätzung im Zentrum: Bekommen die Landwirte denn die angemessene Anerkennung für ihre tagtägliche Leistung – sei es im finanziellen oder ideellen Sinn? 78 Prozent der Bauern finden jedenfalls Wertschätzung wichtig für ihre Arbeit. Ein Problem der Wertschätzung ist die Abstraktheit des Begriffs, erklärt Landwirtin und Kommunikationsexpertin Michaela Sandmayr: „Wertschätzung ist individuell. Jeder muss sie für sich selbst definieren, nur dann kann sie auch angenommen werden.“ Für die meisten bewegt sich die Wertschätzung zwischen Lob und Anerkennung, gesellschaftlichem Ansehen und fairen Preisen. 

„Wertschätzung braucht Sichtbarkeit und Sichtbarkeit braucht Kommunikation“, hält Sandmayr fest: „Unsere Landwirtschaft leistet Enormes – Tag für Tag, oft still und im Hintergrund. Wenn wir als Bäuerinnen und Bauern unsere Geschichten erzählen, entsteht genau dort, wo Wert entsteht, auch Wertschätzung. Kommunikation ist dafür unser stärkstes Werkzeug.“

So sieht es auch Maria Pein, die Vizepräsidentin der Landwirtschaftskammer Steiermark, und nennt vor allem die steirischen Farmfluencerinnen als Beispiel: „Konsumenten kennen alle den Preis, aber wenige den Wert der Lebensmittel. Deshalb ist es so wertvoll, tagtäglich ein realistisches Bild der Landwirtschaft zu zeigen. Und wenn es Bäuerinnen machen, ist es noch authentischer.“

Fehlendes Verständnis

Josef Pesserl, Präsident der Arbeiterkammer Steiermark, ist ebenso der Meinung, dass es am grundsätzlichen Verständnis und Bewusstsein fehlt: „Was steckt eigentlich dahinter? Wie werden Lebensmittel produziert? Es ist eine unglaubliche Herausforderung, den Leuten verständlich zu machen, dass der Preis alleine nicht aussagekräftig ist.“ Dazu brauche es einen Schulterschluss zwischen Politik, Landwirtschaft, Handel und Gesellschaft. 

Als Vertreter des Handels kann Christoph Holzer, Geschäftsführer von Spar Steiermark und Südburgenland, der aktuell geführten Preisdebatte naturgemäß nur wenig abgewinnen: „Wir nehmen uns nicht zu viel vom Kuchen. Der Lebensmitteleinzelhandel hat definitiv an Spanne verloren.“ Gestiegene Energie- und Lohnkosten treffen auch den Handel. „Wir werden alle miteinander versuchen müssen, die Wertschöpfung für alle wieder zu heben“, ist Holzer überzeugt und bekräftigt die Partnerschaft mit der Landwirtschaft, „die zwar von Diskussionen geprägt ist, aber letztendlich auch einen erfolgreichen Weg für beide über Jahrzehnte ermöglicht hat“. 

Mehrwert erkennen

Um als Konsument mehr zahlen zu wollen, müsse erst ein Mehrwert erkannt werden, weiß Kommunikationsexpertin Sandmayr: „Wenn man weiß, warum etwas mehr kostet, hat man auch einen Bezugspunkt, um sich den höheren Preis rechtzufertigen.“

Hier spielt natürlich auch das medial kommunizierte Bild der Landwirtschaft eine wesentliche Rolle. Wolfgang Schaller, Chefredakteur des ORF Steiermark, ist der Meinung, dass alle Medien-Formate, egal ob objektiv-realistisch oder satirisch-überzogen, ihre Berechtigung haben und im Gesamten ein rundes Bild der Landwirtschaft erzeugen. Gleichzeitig fordert er mehr Selbstbewusstsein von den Landwirten: „Die Landwirtschaft schlägt sich oft selber unter Wert. Gerade Landwirtinnen und Landwirte verstecken sich und ihre Leistungen für unsere Gesellschaft noch zu oft und wundern sich dann über fehlende Anerkennung.“

Zudem leiste die Landwirtschaft weit mehr als „nur“ die Lebensmittelproduktion, wie RLB-Generaldirektor Martin Schaller erinnert: „Die Landwirtschaft verdient in Österreich eine hohe Wertschätzung, da sie umfassende ökologische und ökonomische Leistungen für Konsumenten und die Gesellschaft erbringt. Diese Wertschöpfung muss sichtbar gemacht werden. Wir alle tragen dazu bei, dass dieses Vorhaben auch gelingt, denn echte Wertschätzung entsteht nur im Miteinander.“

AusgabeRZ50-2025

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