Kärnten frischt auf

Die Kärntner Raiffeisenbanken passen ihre Vertriebsstrategie an und stellen die Weichen für das Jahr 2023.

Gruppenfoto: Walter Hartlieb, Vorstandsdirektor der RB Kötschach-Mauthen und Obmann des Kärntner Raiffeisen Marketings (KRM), Andreas Fritz, Martin Valentinitsch, Leiter Marketing & Vertrieb, Petra Walter, Georg Messner und KRM-Geschäftsführer Christopher Weiss (c) Raiffeisen
Walter Hartlieb, Vorstandsdirektor der RB Kötschach-Mauthen und Obmann des Kärntner Raiffeisen Marketings (KRM), Andreas Fritz, Martin Valentinitsch, Leiter Marketing & Vertrieb, Petra Walter, Georg Messner und KRM-Geschäftsführer Christopher Weiss (c) Raiffeisen

Traditionell treffen sich im Herbst Vertreter aller Kärntner Raiffeisenbanken, um gemeinsam mit der Raiffeisen Landesbank Kärnten die strategischen Schwerpunkte für das bevorstehende Jahr festzulegen. Da die letzten beiden Male online stattfinden mussten, war die Freude heuer umso größer, wieder persönlich im Casineum in Velden zusammenzukommen. Neben dem Austausch untereinander standen beim „Forum Privat- und Firmenkunden – Strategie & Planung“ natürlich die Neuerungen und geplanten Aktivitäten im Fokus.

Die hohe Inflation und die dadurch erzwungene geldpolitische Wende der Europäischen Zentralbank (EZB) stellt die Banken und natürlich ihre Kunden vor große Herausforderungen, sagt Gunter Deuber, Leiter von Raiffeisen Research: „Die Investitionen entwickeln sich sehr schwach, auch der private Konsum geht zurück. Der Kaufkrafterhalt am Kapitalmarkt wird sehr schwierig. Die Sparquote ist jetzt schon unter den längerfristigen Trend gefallen. Das sorgt für Druck auf der Einlagenseite der Banken.“ Die Zinsanhebungen der EZB werden neue Chancen bringen, aber erst einmal bei so manchem Kreditnehmer für Kopfzerbrechen sorgen. Vor allem bei der Immobilienfinanzierung seien viele schwierige Kundengespräche zu erwarten, so Deuber. 

Gunter Deuber beim Forum Privat- und Firmenkunden – Strategie & Planung im Casineum Velden
Gunter Deuber (c) Raiffeisen

Solide Basis

Starten können die Kärntner Raiffeisenbanken aber von einem „fast durchwegs positiven“ Ausgangspunkt, wie RLB Kärnten-Vorstandsdirektor Georg Messner anhand der strategischen Vertriebsziele berichtet. Mit einer Kundenanzahl von rund 280.000 und einem konstanten Marktanteil von rund 38 Prozent hält man weiterhin die Marktführerschaft. Das Einlagevolumen ist im Laufe der Jahre massiv angestiegen, seit 2012 um satte 51 Prozent. Bei den Finanzierungen ein ähnliches Bild: „Seit 2017 verzeichnen wir im Schnitt ein jährliches Wachstum von 4 Prozent.“

Die Girokonten sind bis zum September 2022 um rund 1,4 Prozent angewachsen, damit liegt man bereits über den Zielvorgaben für das heurige Jahr. Die Umstellung auf die 2018 neu eingeführten Kontomodelle – Premium Plus, Premium, Online und Klassik – ist weiterhin am Laufen, mittlerweile sind rund 60.000 Kunden umgestiegen. Die Zahl der Mein Elba-Kunden ist heuer um 4,7 Prozent gestiegen und liegt bei etwa 136.000. Auch hier wurde mit September das Jahresziel bereits übertroffen.

Bei den Wertpapier-Depots insgesamt konnte trotz der schwierigen Situation auf den Kapitalmärkten ein Zuwachs von fast 3,5 Prozent erreicht werden. Die Marktverwerfungen sorgten allerdings beim Depotvolumen für ein Minus von 12,5 Prozent. Für 2022 hat man sich als Ziel gesetzt, 6 Prozent mehr Depot-Neukunden zu gewinnen. „Da sind wir sehr ambitioniert. Aktuell liegen wir noch etwas unter dem Zielwert, aber das Jahr ist noch nicht vorbei“, so Messner zuversichtlich. Eher schwierig gestaltet sich der Markt für Versicherungen. „Hier sind wir unter den Zielvorgaben. Eine Prämiensteigerung von 6 Prozent liegt aber auch weit über den langfristigen Marktsteigerungen von 2 bis 3 Prozent“, betont Messner. 

Nachhaltige Anpassung

Alles in allem zeigen die Entwicklungen der letzten Jahre, dass die Kärntner Raiffeisenbanken „am richtigen Weg sind, die passenden Produkte und ein entsprechendes Ambitionsniveau haben. Unsere Strategie, die Maßnahmen und Investitionen haben sich bewährt“, so Messner. Dennoch müsse die 2019 definierte Vertriebsstrategie etwas angepasst werden. Denn es gelte, die österreichweite Neuausrichtung des Markenkerns zu berücksichtigen, im Bereich der Digitalisierung nachzuschärfen, vor allem in Anbetracht der im Zuge der Corona-Pandemie neugelernten digitalen Möglichkeiten, und den Aspekt der Nachhaltigkeit stärker zu integrieren. 

Georg Messner beim Forum Privat- und Firmenkunden – Strategie & Planung im Casineum Velden
Georg Messner (c) Raiffeisen

Das Thema Nachhaltigkeit ist letztlich für ein Unternehmen unverzichtbar geworden, weiß Andreas Fritz, Leiter der Abteilung Produktmanagement. So treiben auf der einen Seite die Erwartungen der Kunden und auf der anderen die regulatorischen Anforderungen die Auseinandersetzung mit der Thematik. „Raiffeisen kann sich hier zusätzlich als starker Partner positionieren“, ist Fritz überzeugt. „Investments in Nachhaltigkeit werden von öffentlicher Hand gefördert, müssen aber auch von jemanden finanziert werden. Hier sehen wir eine große Chance für die Kärntner Raiffeisenbanken.“ 

Potenziale heben

Unverzichtbar ist nach wie vor das Geschäftsfeld Zahlungsverkehr, betont Fritz: „Als Universalbank ist der Zahlungsverkehr die Basis und der Einstieg für viele Geschäftsbeziehungen. Das Konto ist das Ankerprodukt, wenn es ums Crossselling geht.“ Zudem könne man aus den Informationen aus dem Zahlungsverkehr wertvolle Daten über die Kunden ableiten, die wiederum eine gezielte Ansprache im Vertrieb ermöglichen.

Weil sich die Umstellung auf die neuen Kontomodelle aktuell eher schleppend entwickelt, möchte man dem Thema 2023 wieder etwas mehr Schwung verleihen. Dazu sollen die Vertriebsteams neu motiviert werden und das Bewusstsein für den „Ertragsbringer“ Konto geschärft werden. Ungehobenes Ertragspotenzial liege auch bei den Kreditkarten für Privatkunden. Alleine der Abtausch der Fremdprodukte von Card Complete oder Paylife hin zur RBI-Kreditkarte würde einen deutlichen Mehrertrag bewirken. 

2023 möchte man sich im Vertrieb weiter auf die jungen Privatkunden fokussieren, nachdem man im heurigen Jahr mit der Strategie große Erfolge erzielen konnte: Von rund 1.000 Beratungsgesprächen wurden 70 Prozent mit Abschlüssen gekrönt. Durchschnittlich wurden 1,8 Produkte pro Beratung abgeschlossen. Ein weiterer Fokus soll auf der Vitalisierung von Ertragskunden liegen. Das sind die Kunden, die bereits mehrere Produkte bei Raiffeisen haben, aber seit mindestens 24 Monaten keine persönliche Beratung hatten und auch kein Produkt online abgeschlossen haben.

Daten pflegen

Für Firmenkunden steht mit „Infinity“ nun der Nachfolger von Elba-Business in den Startlöchern. Damit werde das Online-Banking für Unternehmer in die heutige Zeit gehoben. Weiters sollen auch Firmenkunden von neuen Kontomodellen profitieren. Hier fokussiert man sich auf drei Modelle inklusive eines speziell für Vereine.

Kundenberater können sich auf neue Entwicklungen im Beratungstool „SMART_Beratung“ freuen. Dieses sei „gekommen, um zu bleiben“. Dort finden sich alle Kundeninformationen auf einen Blick. Zudem gibt es Schnittstellen zu den Tools der Bausparkasse und der Raiffeisen Versicherung sowie verschiedene Berechnungstools. Das im Jahr 2022 eingeführte Beratungsprogramm für Firmenkunden „Cooper“ komme entsprechend dem Feedback der Berater gut an und besteche vor allem durch die hohe Datenqualität.

Apropos Daten: Künftig werden die Berater vom sogenannten Signalcontainer unterstützt. Durch die Analyse aller vorhandenen Datenquellen werden Muster errechnet beziehungsweise Signale ermittelt, aufgrund derer ein Kunde automatisiert kontaktiert werden kann oder der Berater einen Hinweis erhält, sich mit dem Kunden in Verbindung zu setzen. Solche Signale können sein „Hoher Habeneingang“, „Nachwuchs in der Familie“, „Erster Gehalt“ oder „Adressänderung“. Viele mehr sollen folgen.

Petra Walter beim Forum Privat- und Firmenkunden – Strategie & Planung im Casineum Velden
Petra Walter (c) Raiffeisen

Marke stärken

Ob Künstliche Intelligenz zur Kundenansprache, moderne Banking- und Beratungstools oder digitale Lösungen im Zahlungsverkehr wie RaiPay: Geht es um technische Innovationen, braucht sich Raiffeisen nicht verstecken, davon ist man unter dem Giebelkreuz überzeugt. Immerhin ist man österreichischer Marktführer. „Wir sind eine Marke, die jeder kennt, die sehr präsent ist, aber nicht mehr alle Zielgruppen empfinden uns als Nummer eins. Andere Marken wirken moderner und digitaler“, weiß Petra Walter, Geschäftsführerin der Zentralen Raiffeisenwerbung (ZRW). Deshalb war es notwendig, die Markenstrategien von Raiffeisen zu überarbeiten und sich in Folge über das zentrale Leistungsversprechen „Wir macht’s möglich“ zu differenzieren – und nicht über Testimonials oder einzelne Produkte. (Lesen Sie alles über die neue Markenstrategie im Interview mit Petra Walter.)

Um die „erlebte Marktführerschaft“ wiederzugewinnen, setzt man 2023 in der Kommunikation auf „den Mehrwert, den wir schaffen. Angebote und Produkte können als Leistungsbeweis ergänzt werden“, so Walter. So möchte man im ersten Halbjahr 2023 mit einer Haltungskampagne das „Wir“ verdeutlichen und mit Inhalten aufladen. Mit dem zweiten Schwerpunkt wird Raiff­eisen als Partner und Förderer von Jugendaktivitäten hervorgehoben. Im zweiten Halbjahr stehen dann die Innovationen am Kommunikationsprogramm sowie der Fokus auf die Kompetenz und das Know-how von Raiffeisen. Passend zu den österreichweiten Marketing- und Werbeaktivitäten wird man in Kärnten vertriebsunterstützende Kampagnen fahren, um so die Kommunikation abzurunden.