Schellhorn: „Wir brauchen eine Generalsanierung“

Die Raiffeisenbank Wels lud zum Unternehmerabend mit dem Wirtschaftsexperten Franz Schellhorn.

Österreichs Wirtschaft wächst nicht mehr. Der für 2024 erwartete Aufschwung lässt weiter auf sich warten. Die Gründe dafür sind vielfältig und reichen von der hohen Inflationsrate, fehlenden Reformen im Pensions- und Bildungssystem bis zur Überbürokratisierung. Um wieder auf Kurs zu kommen, braucht es daher eine „Generalsanierung“, sagt Franz Schellhorn, Leiter der Denkfabrik Agenda Austria, in seinem Vortrag in Wels. 

Österreich komme zwar zugute, dass das Wohlstandsniveau im Land vergleichsweise gut ist und wir aktuell etwa ein Drittel mehr verdienen als unsere Eltern. Musste man 1975 beispielsweise für einen Herrenanzug 40 Stunden arbeiten, so sind es heute 13 Stunden, bei einem Fahrrad waren es 46 Stunden statt heute 36,5 Stunden. Dennoch ist Österreich laut Schellhorn nicht mehr produktiv genug, „weil in Österreich zu viele Menschen zu wenig arbeiten“. Hauptgrund dafür sei der Trend zu Teilzeitjobs, „weil wir es uns leisten können“. Teilzeitbeschäftigung werde steuerlich besser behandelt als Vollzeit. Der Staat besteuere Leistung zu stark, weshalb das Geld nicht bei der Bevölkerung bleibe, sondern beim Staat. Zudem verliere auch Österreichs Exportwirtschaft an Dynamik: „Made in Austria wird vielen zu teuer. Wir preisen uns aus den Märkten“, warnt der Wirtschaftsexperte.

Wachstum notwendig

Aber: „Die Demografie kennt keine Gnade“, bringt es Schellhorn auf den Punkt. Österreich sei verdammt zu Wachstum, um den Wohlstand der Bürger halten zu können. Denn mussten in den 1970er-Jahren 2,1 Erwerbstätige für einen Pensionisten aufkommen, sind es derzeit 1,7 Erwerbstätige und werden 2030 1,5 Erwerbstätige sein. 2050 werde es eine Million Pensionisten mehr und 300.000 Erwerbstätige weniger als heute geben. „Wir brauchen Wachstum, um das zu finanzieren“, unterstreicht Schellhorn.

Als Lösungen schlägt der Experte daher vor, das gesetzliche Pensionsalter zu erhöhen und Vollzeitbeschäftigung attraktiver zu machen, „wir werden mehr und länger arbeiten müssen“. Zudem müsse das Einkommen im mittleren und oberen Ende steuerlich entlastet werden, um Österreich wieder wettbewerbsfähig zu machen. Auch die Staatsausgaben müssten, ähnlich wie in der Schweiz, eingebremst werden – „die Ausgaben dürfen nicht stärker wachsen als die prognostizierten Einnahmen“. Wichtig sei auch, die Schulen in Österreich – wie zum Beispiel in Großbritannien – zu modernisieren und Künstliche Intelligenz als Chance und nicht als Bedrohung zu sehen. 

Günter Stadlberger, Geschäftsleiter der Raiffeisenbank Wels, versicherte den anwesenden Kunden jedenfalls, auch weiterhin „starker Partner“  zu sein – auf Basis eines soliden genossenschaftlichen Verbundes und einer starken Verwurzelung mit der Region.  

AusgabeRZ17-2024

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