Reinhard Schwendtbauer: „Wir sind sehr unternehmerisch“

Die Raiffeisenlandesbank Oberösterreich will ihre Rolle als Industriepartner weiter ausbauen. Generaldirektor Reinhard Schwendtbauer nennt Schwerpunkte und sieht den konjunkturellen Optimismus wieder verflogen.

Die Raiffeisenlandesbank Oberösterreich, die fünftgrößte Bank Österreichs, will auch unter Generaldirektor Reinhard Schwendtbauer ihren starken Fokus auf den Wirtschaftsstandort fortsetzen: „Wir sind mehr als eine Bank. Wir verstehen uns als starker Kernaktionär der heimischen Industrie und als Standortpartner“, betont Schwendtbauer im Klub der Wirtschaftspublizisten.

Die Bilanzsumme der Bank lag im Vorjahr bei knapp 50 Mrd. Euro – heuer bewegt man sich auf vergleichbarem Niveau. Insgesamt sei man „gut unterwegs“, auch bei den Risikokennzahlen: „Gerade in der aktuellen Zeit ist das wichtiger denn je – wir liegen hier im Rahmen und im Budget“, so der RLB-OÖ-Generaldirektor. 

Die Stärke der oberösterreichischen Bankengruppe liege im „gleichschenkligen Dreieck“ zwischen der Raiffeisenlandesbank, den 64 Raiffeisenbanken und den rund 350 Unternehmensbeteiligungen – „das macht uns sehr unternehmerisch“. Bisher habe man rund 5 Mrd. Euro in Anteile von Unternehmen investiert. Das Beteiligungsportfolio konzentriert sich auf die Bank- und Finanzbranche, banknahe Dienstleister wie IT- und Versicherungsdienstleister, Immobilienwirtschaft, die Lebensmittelbranche und klassische Industriebetriebe. So ist die RLB unter anderem an der Raiffeisen Bank International (RBI), an der Hypo Oberösterreich, aber auch am größten heimischen Lebensmittelmarkenkonzern Vivatis, der AMAG, Voestalpine und seit dem Vorjahr an Rosenbauer beteiligt.

Energie als Schwerpunkt

In den kommenden Jahren will die Bank eine weitere Milliarde Euro in Unternehmensbeteiligungen investieren. Eine Hälfte davon soll in Private Equity, also in Beteiligungen auf Zeit, und die andere Hälfte in strategische Beteiligungen fließen. Als künftige Schwerpunkte nennt Schwendtbauer vor allem die Branchen Energie, Gesundheit und Lebensmittelproduktion. Im Energiesektor ist die Bank mit einem Anteil von 13,9 Prozent an der Energie AG bereits stark positioniert. Dieses Portfolio wurde zuletzt mit der Gründung von rund 40 Energiegenossenschaften ergänzt. 

Einen konkreten Plan für den Ausbau des Beteiligungsgeschäfts gibt es dem RLB-OÖ-Generaldirektor zufolge nicht: „Es müssen die Opportunitäten passen.“ Grundsätzlich sei die Bank aber bereit, bei strategisch wichtigen Unternehmen einzusteigen – wie etwa im Fall von Rosenbauer. „Wir haben das Potenzial und werden es nutzen, wenn es notwendig und betriebswirtschaftlich sinnvoll ist“, stellt Schwendtbauer klar. Ein Einstieg bei KTM – dem in die Insolvenz geschlitterten oberösterreichischen Motorradhersteller – sei bewusst nicht erfolgt, weil das Unternehmen zu groß war. Gleichzeitig betont er, dass es keinen Druck gebe, im Beteiligungsgeschäft zu wachsen: „Die Beteiligungen sind wichtig, ganz vorne steht aber die Bank mit einem starken Kommerz- und Retailbereich. Uns gibt es schon seit 125 Jahren.“

Konjunktur lahmt

Die wirtschaftliche Entwicklung in Österreich beurteilt Schwendtbauer zurückhaltend: „Der Optimismus, der im Sommer noch spürbar war, ist abgeflaut. Jetzt geht es darum, die Konjunktur wieder in Schwung zu bringen.“ Aktuell befinde sich die RLB OÖ – ebenso wie viele ihrer Beteiligungsunternehmen – in der Budgetierungsphase. Der Ausblick: „Wenn sich alles so entwickelt wie geplant, wird es schwierig, das erwartete BIP-Wachstum von 1 Prozent zu erreichen.“ Viele Unternehmen rechnen laut dem Bankmanager mit einer wirtschaftlichen Seitwärtsbewegung. Interessant sei dabei ein klar erkennbarer Trend im Beteiligungsportfolio der Bank: Je weiter weg die Absatzmärkte eines Unternehmens seien, desto besser gehe es ihnen. 

Der Diskussion über die Lebensmittelpreise in Österreich kann Schwendtbauer wenig abgewinnen. „Wenn man vergleicht, wie viel ein Haushalt vor 20, 30 Jahren für Lebensmittel ausgegeben hat, und dies mit dem Anteil von jetzt vergleicht, dann steht das in keiner Relation dazu, dass derartig aufgeregt über das Thema geredet wird“, so Schwendtbauer. Zudem halte er es für „brandgefährlich“, nach dem Staat zu rufen, damit dieser Preise reguliere. Daher stelle sich die Frage, ob es das Thema wirklich gebe. 

Entlastung notwendig

Froh zeigt sich Schwendtbauer über die Initiative der deutschen Finanzaufsicht, Erleichterungen für kleine und mittlere Banken anzustoßen, die in der Zwischenzeit wie Großbanken behandelt werden. „Das ist für unseren Sektor extrem wichtig. Wir haben eine überbordende Regulatorik, die in vielen Bereichen überschießend ist“, so der Bankmanager. Explizite Beispiele wolle er gar nicht nennen, um nicht singuläre Maßnahmen hervorzuheben. Es brauche vielmehr eine „grundsätzliche Entlastung“, etwa bei Listen, die Banken der Aufsicht einmelden müssten, die sich aber in der Folge niemand mehr anschaue. Auch das Thema Kapitalpuffer sei am Tisch. Das Hauptaugenmerk liege vor allem auf der Proportionalität der Regulierung, die sich an der Größe eines Instituts orientiert. Hier wünscht sich Schwendtbauer, dass die österreichische Aufsicht, aber auch die Bundesregierung den deutschen Vorschlag unterstütze. 

Mit rund 350 Bankstellen verfügt die Raiffeisenbankengruppe Oberösterreich über ein sehr dichtes Netz vor Ort – und das solle auch in Zukunft so bleiben. Diese starke Präsenz sei insbesondere für das Retailgeschäft von großer Bedeutung, betont der RLB-OÖ-Generaldirektor. Starke Konkurrenz komme zunehmend von Neobanken wie Revolut und N26. „Darauf brauchen wir massive Antworten“, ist Schwendtbauer überzeugt, etwa durch die Kreation neuer Apps und das noch stärkere Bespielen von Trading-Plattformen. Auch Kooperationen mit Neobanken würden geprüft. Trotz der zunehmenden Nutzung von Online-Banking sei es ein zentrales Ziel, die Bankstellen bestmöglich zu erhalten. Da geht man auch neue Wege. So teilen sich beispielsweise eine Bankstelle und ein Reisebüro tageweise einen gemeinsamen Standort. Letztlich entscheide jedoch die tatsächliche Kundennutzung einer Bankstelle über deren Zukunft. 

Die regionale Präsenz sei ein wesentlicher Wettbewerbsvorteil – eine Stärke, um die Raiffeisen von anderen Sektoren oft beneidet werde, so Schwendtbauer. Gleichzeitig sehe man mit Respekt, wie stringent Konzerne geführt werden können, insbesondere beim Kostenmanagement. Trotzdem sei die dreistufige Struktur des Raiffeisensektors für ihn nicht diskutabel. „Wir haben den Vorteil, unsere Kosten durch eine stärkere Zusammenarbeit besser in den Griff bekommen zu können“, sagt der RLB-Generaldirektor.

AusgabeRZ43-2025

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