Molkereitagung: „Jetzt Zukunft aktiv gestalten“

Die diesjährige Molkereitagung des Raiffeisenverbandes OÖ stand im Zeichen des Strukturwandels.

Der Strukturwandel in der österreichischen Milchwirtschaft schreitet weiter voran: 21.569 Milchbetriebe gibt es in Österreich. 850 haben von 2023 auf 2024 aufgehört. Somit ist die Zahl der Milchlieferanten wieder um knapp 4 Prozent gesunken, auch der Milchkuhbestand ging um 1,3 Prozent zurück. Nichtsdestotrotz ist die gemeinsame Betriebsleistung von 15 österreichischen Molkereiunternehmen – zwölf davon sind genossenschaftlich organisiert – um 3 Prozent auf 3,7 Mrd. Euro und der Verwertungserlös um 1,4 Prozent gestiegen.

Im Rahmen der traditionellen „Tagung des Raiffeisenverbandes OÖ. für Funktionäre von Molkereigenossenschaften“ wurden nun die aktuellen Herausforderungen der Branche diskutiert. Einen „ungeschönten Blick auf die Realität“ brachte dabei Torsten Hemme, Agrarökonom sowie Gründer und Vorstandsvorsitzender des International Farm Comparison Network (IFCN) Dairy Research Center, ein: „Wenn die Anzahl der Betriebe einmal abnimmt, nimmt sie in der Regel nicht mehr zu.“ Der Strukturwandel sei irreversibel. 

In Österreich sperren hauptsächlich kleinere Betriebe, mit einer jährlichen Anlieferung von bis zu 30 Tonnen Milch, zu. Mit wenigen Kühen ist es eben um ein Vielfaches schwieriger, kostendeckend zu wirtschaften. Für viele Betriebe würde es auch ohne Nebenerlöse nicht machbar sein. Österreichische Familienbetriebe funktionieren zudem nur, weil mindestens ein Familienmitglied unter dem realen Lohnniveau arbeitet, betont Hemme. Norddeutsche Großbetriebe (mit über 1.000 Kühen) würden den Stundenlohn und einen Unternehmensgewinn erwirtschaften: „Große Betriebe können einfach günstiger produzieren.“ 

Logischer Schritt wäre also die österreichischen Betriebe zu vergrößern, was auch der eine oder andere bereits getan hat. Dies ist daran zu erkennen, dass mittlerweile die Betriebe mit 30 bis 100 Kühen mehr als die Hälfte der Milchmenge liefern. Leider zeigt sich aber bei „mittleren“ Betrieben mit 30 bis 50 Kühen seit 2017 und bei Betrieben mit 50 bis 100 Kühen seit 2024 kein Wachstum mehr. „Das heißt, es werden weniger Ställe gebaut“, kommentiert Hemme und betont, dass sich ein völliger Neubau nur unter klaren Bedingungen lohne: „Es geht bei einem Milchpreis von mehr als 55 Cent, bei besserem Management als der Marktdurchschnitt oder einer Erhöhung der Direktzahlung um mindestens 5 Cent – oder beim Verzicht auf den Stundenlohn.“ 

Positive Aussichten

Spätestens jetzt sei es notwendig, sich mit zukunftsfähigen Betriebssystemen auseinanderzusetzen und neue Perspektiven zu entwickeln – vor allem auch in Kooperation mit der nächsten Generation an Milchbauern. Ansonsten werde es schwierig, langfristig motivierte Hofübernehmer zu finden. 

Der Markt biete jedenfalls enorme Chancen, wie Agrarökonom Hemme vorrechnet: „Der Konsumentenwert von Milch und Rindfleisch ist mit mehr als 1.000 Milliarden US-Dollar größer als Apple, Microsoft und Google zusammen.“ Zudem steige die Milchnachfrage mit dem Wachsen der Weltbevölkerung, gleichzeitig nimmt auch der Pro-Kopf-Konsum zu. „Bis 2050 brauchen wir 49 Prozent mehr Milch“, weiß Hemme. Die Zukunft sei machbar, verlangt aber eine aktive Gestaltung. 

Dass es in diesem herausfordernden Umfeld den oberösterreichischen Genossenschaften gut gelungen sei, wettbewerbsfähig zu bleiben, unterstreicht Genossenschaftsanwalt Walter Lederhilger: „Molkereien verfolgen immer zwei Prioritäten: einerseits einen bestmöglichen Preis für die Produkte und andererseits Investitionen in das Unternehmen und die Marke. Sie machen das bestens, sie haben das im Griff.“

Basis sichern

Agrarlandesrätin Michaela Langer-Weninger gab den Molkereifunktionären ein kurzes Update zum oberösterreichischen Agrarbudget 2026: „Hinten und vorne ist das Geld knapp, aber wir budgetieren vorsichtig und auch zukunftsorientiert.“ Die Förder- und Investitionsmittel für die knapp 30.000 bäuerlichen Familienbetriebe bleiben trotz angespannter wirtschaftlicher Lage voll erhalten, versichert die Landesrätin und betont: „Das stärkt die Höfe, gibt Perspektive und sichert die Basis von Ernährungssicherheit und wirtschaftlicher Wertschöpfung.“

Ebenso positiv sind die zu erwartenden Erleichterungen durch die geplante Omnibus-Verordnung der EU, die die Berichtspflichten bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung reduzieren soll. „Nüchtern muss man sagen: Die Bürokratie wird dadurch nicht entschärft, es kommt nur weniger Neues dazu“, sagt Norman Eichinger, Verbandsdirektor des Raiffeisenverbandes Oberösterreich, der neben den bürokratischen Lasten unter anderem auch die hohen Lohnabschlüsse als Gefahr für die Wettbewerbsfähigkeit nennt. „Es gibt dringlichen Handlungsbedarf.“ Denn wenn die Regierung nicht wesentliche Themen in Angriff nimmt, drohe laut Experten beim realen BIP-Wachstum eine ökonomisch verlorene Generation.

AusgabeRZ50-2025

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