„Der Lagerhaus-Verbund funktioniert“

Christoph Metzker und Johannes Schuster bilden das neue Führungsduo der Raiffeisen Ware Austria (RWA). Die beiden Manager sprechen über die Herausforderungen nach der Partnerschaft mit der Baywa, das schwierige Jahr 2024 und die Schwerpunkte für 2025.

Anzeige
Raiffeisen Reise Anzeige

Herr Schuster, Sie haben die Führung der RWA in turbulenten Zeiten übernommen – die klassischen 100 Tage Einarbeitungszeit gab es nicht. Wie haben Sie die ersten Wochen an der Spitze der RWA erlebt? 
Johannes Schuster: Wenn man die Umstände unabhängig von meiner Funktion betrachtet, haben die Turbulenzen mit der Baywa ja nicht erst am 1. Dezember 2024 begonnen, als ich zum Vorstandsvorsitzenden der RWA bestellt wurde. Das Thema beschäftigt uns bereits seit dem 12. Juli 2024. Insofern hatte ich mehr als 100 Tage, um mich einzuarbeiten. Meine erste Zeit an der Spitze der RWA war geprägt von der Erkenntnis und Überzeugung, dass der Lagerhaus-Verbund funktioniert und in der Lage ist, schnell und effizient weitreichende Entscheidungen zu treffen. Gemeinsam ist es uns gelungen, das Baywa-Paket noch vor Jahreswechsel vertraglich abzuschließen und den vollständigen Rückkauf der Beteiligung auf den Weg zu bringen. Jetzt blicken wir nach vorne und machen das Beste daraus – im Sinne unserer Eigentümer und der österreichischen Landwirtschaft. 
Christoph Metzker: Wir haben uns zum Ziel gesetzt, die Verflechtungen mit der Baywa innerhalb der nächsten beiden Jahre vollständig aufzuarbeiten. Besonders die IT-Verflechtungen, die in den letzten 20 Jahren gewachsen sind, machen diesen Prozess komplex. Dennoch sehen wir diese Entflechtung als eine Chance, um uns strategisch neu aufzustellen. 

Mit der Entscheidung, die Anteile der Baywa an der RWA zurückzukaufen, wurde das Ende einer über 20 Jahre dauernden strategischen Partnerschaft besiegelt. Wie geht es nun weiter? 
Schuster: Wir glauben, dass wir die Transaktion noch im ersten Halbjahr 2025 abschließen können. Danach sollten 100 Prozent der Raiffeisen Ware Austria wieder im Eigentum von Raiffeisen Österreich stehen. Wir sind optimistisch, das schaffen zu können – gemeinsam mit der Unterstützung der gesamten Raiffeisenorganisation. Danach wartet eine ganze Reihe von Aufgaben auf uns. Der Betrieb unserer IT beispielsweise ist derzeit nahezu vollständig in München bei der Baywa beheimatet. Diesen wollen wir so rasch wie möglich wieder in eigene Sphären holen. Auch die Entflechtung bei Markennutzungsrechten, Vertriebsrechten und gemeinsamen Eigenmarken wird eine Herausforderung sein, die wir sorgfältig angehen müssen.

Die RWA ist auch Aktionär der Baywa. Bleibt das so?
Schuster: Ja, wir bleiben Aktionär. Wir werden uns auch an der bevorstehenden Kapitalerhöhung der Baywa im Mai oder Juni 2025 beteiligen. Als einer der drei großen Altaktionäre haben wir unseren Teil beizutragen, die Baywa wieder auf stabile Beine zu stellen. 

Das Jahr 2024 war geprägt von wirtschaftlichen Herausforderungen. Wie hat sich das auf die RWA ausgewirkt? 
Schuster: Die 2020er-Jahre lassen sich in zwei Phasen unterteilen. Bis 2022 hatten wir Rückenwind, nicht zuletzt durch die Corona-Krise und den Beginn des Ukraine-Russland-Krieges, der höhere Agrar- und Energiepreise zur Folge hatte. Unsere breite Aufstellung mit unseren fünf Geschäftsfeldern Agrar, Technik, Baustoffe, Haus & Garten und Energie hat uns geholfen, diese Jahre gut zu bewältigen. Doch mit 2023 hat sich das Blatt gewendet. Die Konjunkturflaute traf alle Sparten gleichzeitig und der Rückenwind war plötzlich weg. Wir hoffen, dass die Maßnahmen, die wir in den letzten zwei Jahren umgesetzt haben, uns helfen, 2025 besser zu meistern. 
Metzker: Besonders im Agrarbereich war das Jahr 2024 herausfordernd. Fallende Erzeugerpreise, mittlere bis schwache Erträge und niedrige Qualitäten haben das Geschäft belastet. Dennoch gibt es Hoffnungsschimmer, beispielsweise bei den Milch- und Schweinepreisen. Wir blicken optimistisch auf 2025 und hoffen auf eine positive Entwicklung in der Landwirtschaft. 
Schuster: Diese letzten fünf Jahre haben auch sehr viel zu tun mit unserem Namen ‚Lagerhaus‘: Zunächst waren die Lager im Lagerhaus voll und wir haben zeitgerecht liefern können – von der Landtechnik bis zur Energie. Voll waren unsere Lager zwar auch im Jahr 2023 und 2024, aber bei gänzlich anderen Zinskosten. Und das hat sich unterm Strich in unseren Bilanzen niedergeschlagen. 
Metzker: Die vollen Lager sind vor allem in einer Zeit, in der die Versorgungssicherheit das Thema war, der österreichischen Landwirtschaft und damit der gesamten Bevölkerung zugutegekommen. 

RWA-Vorstand Johannes Schuster im Interview
Johannes Schuster © Sabine Klimpt

Welche Strategie verfolgen Sie für 2025?
Schuster: Wir sind nicht da, um uns auf externe Rahmenbedingungen oder die Konjunktur auszureden. Unser Fokus liegt darauf, unsere internen Stellschrauben zu optimieren und die Hausaufgaben konsequent zu erledigen. Gemeinsam mit unseren Lagerhaus-Genossenschaften wollen wir das Beste aus den vorhandenen Ressourcen machen und uns optimal aufstellen. 

Innovationen haben in den vergangenen Jahren bei der RWA eine zentrale Rolle gespielt. Vor welchen Herausforderungen stehen Sie in diesem Bereich? 
Metzker: Wir können mit Stolz sagen, dass die RWA und die Lagerhaus-Gruppe eines der größten Start-up- und Innovations-Netzwerke im europäischen Raum aufgebaut hat und spannende Projekte initiiert, beispielsweise im Bereich Wasser. Unser Ziel ist es, Innovations-Start-ups nach Österreich zu bringen und über die RWA und die Lagerhaus-Gruppe für die heimische Landwirtschaft anwendbar zu machen. Wir wollen unsere Innovationsarbeit ausbauen und konkrete Produkte und Dienstleistungen für die heimische Landwirtschaft entwickeln. 

Wie sieht es mit der internationalen Expansion der RWA aus?
Schuster: Unsere Wachstumschancen liegen vor allem in Zentral- und Osteuropa. In einem Radius von 300 Kilometern um Wien gibt es landwirtschaftliche Flächen, die rund zehnmal so groß sind wie die gesamte Ackerfläche Österreichs. Dieses Potenzial möchten wir nutzen, um Mehrwert für unsere Genossenschaften und Eigentümer zu schaffen. Prinzipiell bauen wir darauf, dass Österreich ein weltoffenes Land bleibt, mit einer international verbundenen Volkswirtschaft. 
Metzker: Die Expansion nach Osten hat unser Kerngeschäft nachhaltig abgesichert. Besonders im internationalen Einkauf von Betriebsmitteln und Verkauf von landwirtschaftlichen Erzeugnissen hat uns das eine stärkere Position verschafft. 

RWA-Vorstand Christoph Metzker im Interview
Christoph Metzker © Sabine Klimpt

Sind weitere Expansionsschritte geplant?
Schuster: Unser Schwerpunkt liegt in den nächsten Jahren darauf, den Rückkauf der RWA-Anteile von der Baywa erfolgreich abzuschließen, bevor wir neue Investitionsprojekte angehen. Wir sind im österreichischen Lagerhaus-Verbund gemeinsam mit unseren Lagerhaus-Genossenschaften stark genug. Ich bin mir sicher, dass es uns guttun wird, wenn wir in den nächsten Jahren wieder stärker auf unsere Gruppe schauen und überlegen, wie wir uns weiter optimieren und einander noch besser unterstützen können. 
Metzker: Ich bin überzeugt, dass sich in Österreich bei den Lagerhaus-Genossenschaften in den nächsten Jahren sehr viel verändern wird, ganz abgesehen von der wirtschaftlichen, konjunkturellen Situation. So stehen wir etwa im Energiebereich vor einem enormen Transformationsprozess. RWA und der Lagerhaus-Verbund sind gemeinsam der regionale Versorger mit Heizöl, Diesel oder Holzpellets. Hier werden wir uns in den nächsten Jahren strategisch neu ausrichten müssen, um auch in zehn Jahren immer noch diese Rolle im ländlichen Raum zu haben. Auch bei der Photovoltaik entstehen spannende, große Projekte, bei denen Energie und Landwirtschaft in Zukunft stärker gemeinsame Modelle umsetzen werden. Wir sehen, dass im Landmaschinenbereich sehr viele Hersteller in Richtung alternativer Antriebsmodelle denken – weg von Diesel, hin zu E-Mobilität. Das wird einiges verändern. Zudem hält das Thema autonomes Fahren mit Feld-Robotern immer mehr in der Landtechnik Einzug. 

Ist die Rechtsform der Genossenschaft dabei von Vorteil?
Schuster: Unsere Genossenschaften sind ganz nah an ihren Mitgliedern und Kunden, das ist ein riesiger Vorteil. Die RWA wiederum ist als Verbundspitze und Großhändler im B2B-Geschäft nicht zuletzt auch international positioniert. Ich bin überzeugt, dass gerade dieses Zusammenspiel und diese Aufgabenteilung in den nächsten Jahren das Erfolgsmodell und das Erfolgsgeheimnis bei uns im Verbund sein kann. Einer der wesentlichen Erfolgsbausteine für unsere Organisation in Österreich wird es sein, dass es ein klares Rollenverständnis gibt. Die Lagerhaus-Genossenschaften sind die Schnittstelle zum Kunden, die RWA ist vorgelagerter Großhändler, Dienstleister, Servicepartner, Franchisegeber oder Systemgeber. Wenn jeder versucht, seine Rolle professionell und konsequent zu erfüllen, werden wir auch künftig erfolgreich sein. 

AusgabeRZ7-2025

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Mehr lesen

Aktuelles

Die Welt der Raiffeisenzeitung