Jeden Tag nimmt die Bewaldung in Österreich um mehr als 6 Hektar zu. Umgerechnet auf ein Jahr sind dies 2.300 Hektar. Das entspricht dem Ausmaß des Wiener Bezirkes Simmering oder von Steyr Stadt. Insgesamt beträgt die Waldfläche der Republik mehr als 4 Mio. Hektar oder 47,9 Prozent des Staatsgebietes. Spitzenreiter ist dabei die Steiermark mit 62 Prozent, knapp gefolgt von Kärnten mit 61 Prozent. Entnommen werden derzeit 89 Prozent des jährlichen Zuwachses und damit etwas mehr als noch vor einigen Jahren, als nur rund zwei Drittel geerntet wurden. Mitverantwortlich für diesen höheren Anteil sind sogenannte „Zwangsnutzungen“ nach Schäden durch Borkenkäfer oder nach Elementarereignissen.
Um zu den Zahlen zu kommen, schwärmen Mitarbeiter des Bundesforschungszentrums (BFW) alle fünf Jahre auf 11.000 Probeflächen aus und messen dort den Zustand der Bäume. Kombiniert wird das mit Satellitendaten. „Daraus rechnen wir, ähnlich wie bei einer Wahl, das Ergebnis auf ganz Österreich hoch“, berichtet der Leiter des BFW, Peter Mayer, bei der Präsentation der Waldinventur für den Zeitraum 2016 bis 2021. So weiß man etwa auch, dass sich die Waldflächen vor allem in den gebirgigen Regionen im Westen vergrößert haben. Verändert hat sich auch die Artenzusammensetzung: Reine Nadelholzbestände sind um 6 Prozent zurückgegangen, Laubwälder haben um 8 Prozent zugenommen. Auch Mischwälder sind um 6 Prozent mehr geworden. „Durch die höhere Vielfalt verbessern sich die Klimafitness und die Biodiversität“, so Mayer.
Wald als Wirtschaftszweig
Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig verwies auf den Höchststand von 1,2 Milliarden Vorratsfestmetern an Holz im gesamten Forst. Nur mit dem jährlichen Zuwachs könnten 380.000 Wohnungen in der Größe von 70 m² beheizt werden. Rund 300.000 Menschen arbeiten in der Wertschöpfungskette im und um den Wald und erwirtschaften eine direkte Wertschöpfung von 11 Mrd. Euro. In der gesamten Kette werden sogar 20 Mrd. Euro umgesetzt. Damit der angesichts der Gaskrise besonders bedeutende Wirtschaftszweig weiter funktionieren kann, muss jedoch eine aktive Bewirtschaftung der Wälder möglich bleiben. Diese ist grundsätzlich so auch im Forstgesetz festgeschrieben. Die Europäische Kommission möchte allerdings im Rahmen des Green Deals 10 Prozent der Wälder außer Nutzung stellen. „Wir brauchen den Forst aber als strategische Ressource und organisieren uns daher gemeinsam mit anderen waldreichen Ländern für eine nachhaltige Nutzung“, so Totschnig.
Zahlreiche Bedrohungen kommen mit dem Klimawandel auf die heimischen Wälder zu. Zwar sind die Borkenkäfer-Schäden heuer geringer ausgefallen als zuletzt, die Anfälligkeiten durch Trockenstress bleiben aber bestehen. „Um unsere Wälder klimafit zu machen, haben wir mit dem Waldfonds mit 350 Mio. Euro das größte Unterstützungspaket jemals geschnürt“, sagte Totschnig weiter. Mit diesem wurde etwa die Auspflanzung trockenheitsresistenterer Bäume gefördert. Problematisch sind auch die Wildschäden, unter denen vor allem junge Bäume leiden. Sie machen eine natürliche Verjüngung oft kompliziert bis unmöglich. Laut Peter Mayer wurden 420.000 Hektar Wald durch Verbiss geschädigt. Hier bedürfe es großer Anstrengungen von Jägern und Forstwirten, um das Problem zu lösen und eine Trendumkehr einzuleiten. Wortwörtlich brandaktuell ist auch die Gefahr von Feuern, wie sie quer durch Europa wüten. „Hier brauchen wir die notwendige Infrastruktur, damit wir rasch löschen können“, kündigt Mayer die Erarbeitung regionsspezifischer Vorsorgemaßnahmen in einem „Aktionsplan Waldbrand“ an. Entscheidend ist aber das Verhalten des Menschen im Wald: Denn 85 Prozent aller Waldbrände werden von diesen durch unvorsichtiges Verhalten verursacht.