Wald unter Druck

Wildschäden und Klimawandel setzen Österreichs Wäldern zu.

Die Auswertung der österreichischen Waldinventur für das Jahr 2024 zeigt ein gemischtes Bild: Obwohl es gegenüber dem Vorjahr keine nennenswerten Veränderungen bei Verbiss- und Schälschäden gibt, verdeutlicht der Blick in die Vergangenheit noch immer eine Verschlechterung der Schadenssituation: Laut den aktuellen Daten sind inzwischen 40 Prozent der verjüngungsnotwendigen Waldflächen von Verbissschäden betroffen – ein Anstieg von drei Prozentpunkten seit 2007–2009. Der Schutzwald wird zudem stärker als der Wirtschaftswald in Mitleidenschaft gezogen. 

Das Wildeinflussmonitoring liefert jedoch auch vorsichtige Signale einer Trendwende: Zwischen 2022 und 2024 meldeten 39 Bezirke einen Rückgang des Wildeinflusses, während 34 Bezirke einen Anstieg verzeichneten. Bei den Schälschäden, die entstehen, wenn Wildtiere Rinde von Bäumen abziehen, gibt es im Wirtschaftswald eine positive Entwicklung: Der Anteil geschälter Stämme sank von 9,5 Prozent (2007–2009) auf 7,1 Prozent. Im Schutzwald hingegen stiegen die Schäden leicht auf 5,5 Prozent. 

„Die vorliegenden Ergebnisse zeigen, dass es noch weitere Anstrengungen braucht, um ausgeglichene Wald-Wild-Verhältnisse zu schaffen“, betont Peter Mayer, Leiter des Bundesforschungszentrums für Wald (BFW), das die Waldinventur seit 1961 wissenschaftlich durchführt. 

Schadholzanteil steigt

Aber nicht die Wildschäden alleine setzen die heimischen Wälder unter Druck, hinzu kommt der Klimawandel und seine Folgen: Klimabedingte Schadereignisse wie längere Trockenperioden, vermehrter Borkenkäferbefall oder Extremwetterereignisse wie Stürme und Schnee werden immer häufiger. Beispielsweise lag der Schadholzanteil 2024 mit rund 11 Mio. Kubikmetern um 22,2 Prozent über dem Vorjahr. Der Trend zeigt sich auch im mehrjährigen Durchschnitt: Der Schadholzanteil im Jahr 2024 lag um 30,4 Prozent über dem fünfjährigen Durchschnitt und um 32,4 Prozent über dem zehnjährigen.

„Der Wald ist mit seinen vielen wichtigen Funktionen ein wahrer Schatz für Österreich – und er ist ein zentraler Partner im Kampf gegen den Klimawandel. Umso wichtiger ist es, dass wir ihn pflegen und zum Wald der Zukunft weiterentwickeln. Bei der Waldbewirtschaftung geht es um langfristiges Denken. Unser Ziel muss es sein, den Wald auf die nächsten 100 Jahre vorzubereiten. Dafür ist eine aktive Waldbewirtschaftung mit einer laufenden Waldverjüngung wichtig“, ist der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Norbert Totschnig überzeugt.

Steirisches Vorzeigeprojekt

Bei den Neupflanzungen und Wiederbewaldungen sei es notwendig, den Wald möglichst gut auf die künftigen Klimabedingungen vorzubereiten, was durch Mischbestände mit geeigneten Baumarten erzielt wird, weiß Totschnig. Vor allem Laubbäume wie Buche, Eiche und Ahorn werden besonders häufig gepflanzt. „Ein klimafitter Wald ist ein bunter Wald“, unterstreicht auch Peter Mayer.

In der Steiermark, dem waldreichsten Bundesland, hat man mit der dynamischen Waldtypisierung ein Vorzeigeprojekt initiiert, sagt die steirische Landesrätin für Land- und Forstwirtschaft, Simone Schmiedtbauer. Das Online-Tool bietet Waldbesitzern unkompliziert und kostenlos maßgeschneiderte Empfehlungen für standortgerechte Baumarten. Dabei fließen Prognosen zu Temperaturentwicklungen, Niederschlägen und weiteren Klimaveränderungen ein, um konkrete Maßnahmen für ihre Wälder ableiten zu können.

Aktive Mitarbeit

„Unsere Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer sind die wichtigsten Verbündeten, wenn es darum geht, die Wälder klimafit zu gestalten. Sie tragen die Verantwortung Tag für Tag vor Ort und brauchen dafür klare Empfehlungen, verlässliche Rahmenbedingungen und Unterstützung. Nur gemeinsam mit ihnen gelingt uns der Waldumbau“, bekräftigt die Landesrätin.

Dafür hat das Land- und Forstwirtschaftsministerium (BMLUK) die Broschüre „Erfolgsmodelle ausgeglichener Wald-Wild-Verhältnisse“ veröffentlicht, in der Best-Practice-Beispiele der Zusammenarbeit von Forst und Jagd gezeigt werden, damit diese weiter ausgerollt werden können.

„Wir brauchen Lösungsmodelle, die gemeinsam mit den Waldbesitzern und allen Beteiligten umgesetzt werden können. Nur so kann es eine gesunde und produktive Entwicklung des Waldes geben“, sagt BFW-Leiter Peter Mayer, der vor allem in den lokalen Gesprächen einen wesentlichen Erfolgsfaktor sieht. „Kein Revier ist gleich. Es gibt keine pauschale Antwort. Jeder muss hier aktiv mitarbeiten: Waldbesitzer, die Jägerschaft und die Tourismusbranche.“

AusgabeRZ36-2025

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