„Die Weinernte hat bereits in allen Anbaugebieten begonnen. Im Burgenland befinden wir uns bereits mitten in der Hauptlese. In Niederösterreich, der Steiermark und Wien wird diese jetzt Anfang September starten“, sagt Johannes Schmuckenschlager, Präsident des Österreichischen Weinbauverbandes.
Grund für die außergewöhnlich frühe Weinernte ist der Witterungsverlauf im Jahr 2024. Ein warmer Frühlingsbeginn und fast schon sommerliche Temperaturen Anfang April bedingten einen sehr zeitigen Rebaustrieb, drei Wochen früher als im langjährigen Durchschnitt. „Ein früher Austrieb birgt immer die Gefahr von Spätfrostschäden, die bis etwa Mitte Mai auftreten können. Und tatsächlich kam es in der zweiten Aprilhälfte in ganz Österreich zu mehreren Spätfrostereignissen“, berichtet Schmuckenschlager. Waren in den meisten Gebieten eher nur punktuell tiefe Lagen und teilweise Junganlagen vom Frost geschädigt, so war die Betroffenheit in Teilen der Thermenregion, des Kamptals und der Wachau deutlich höher.
Früher Reifebeginn
Aufgrund des zeitigen Rebaustriebs fand auch die Rebblüte entsprechend früher statt. So begann diese vielerorts in der letzten Maiwoche und fand in den ersten beiden Juniwochen ihren Abschluss. Aufgrund der Niederschläge zur Zeit der Blüte kam es in manchen Gebieten teilweise zu einer zögerlichen Rebblüte und teilweise auch zu Verrieselungsschäden.
Ab Mitte Juni begann die erste Hitzeperiode mit Temperaturen über 30 Grad. Dies führte zu einem sehr raschen Vegetationsfortschritt und Beerenwachstum bis hin zum Traubenschluss. Aufgrund der anhaltenden Hitze im Juli und August hat der Reifebeginn bereits sehr früh eingesetzt und schreitet zügig voran. Grund dafür war auch die gute Wasserversorgung vom Frühjahr, wobei die Niederschläge während des Sommers sehr unterschiedlich waren.
So gab es in manchen Gebieten während des Sommers keine nennenswerten Niederschläge. Andere Gebiete wiederum waren sehr gut versorgt, etwa der Raum Krems. Bedauerlicherweise gab es dieses Jahr auch wieder einige Unwetterereignisse mit starkem Hagelschlag. Besonders betroffen waren unter anderem Neusiedl am See, Gols und Podersdorf, das südburgenländische Güssing sowie einige steirische Weinbaugebiete wie Leibnitz, Deutschlandsberg und der Hartberger Raum. Erst kürzlich gab es starke Unwetter im Raum Hollabrunn und massiven Hagelschlag auf dem Wiener Nussberg.
Unter dem Durchschnitt
Die erwartete Weinmenge werde heuer mit etwa 2,0 Millionen Hektoliter deutlich unter dem Durchschnitt der letzten Jahre liegen, ein Stück weniger als im Jahr 2023 (2,33 Mio. hl) und gar ein Viertel weniger als in einem normalen Jahr. „Der Traubenansatz war in vielen Anlagen heuer weniger ausgebildet, ebenso haben die Spätfrost- und Verrieselungsschäden während der Blüte die Erntemenge verringert“, betont Schmuckenschlager.
Durch die Hitzeperioden des Sommers sind die Beerendurchmesser und damit die Mostausbeute vielfach niedriger als in normalen Jahren. Die Hagelereignisse sind für die betroffenen Gebiete zwar bitter, hätten auf die Gesamtweinernte aber meist nur geringen Einfluss. Aufgrund der vorrätigen Reserven in den Betrieben und einer eher verhaltenen Marktlage sei keinesfalls von einer Weinknappheit auszugehen, versichert der Weinbaupräsident.
Betriebe „cool“ genug
„Die Winzer haben wieder ihr Bestes gegeben, um gesunde Trauben zu erzeugen. Die aufgrund der Witterung weit fortgeschrittene Reife machte einen so frühen Lesebeginn notwendig, um ein harmonisches Zucker-Säure-Verhältnis zu erhalten“, zeigt sich Schmuckenschlager hinsichtlich der Qualität der Trauben sehr zufrieden: „Die Grundbasis ist ein gesundes Traubenmaterial quer durch alle Sorten. Beim Weißwein haben wir auch gute Säurewerte. Auch die Extraktwerte werden sehr hoch sein. Aufgrund des hohen Zuckergehalts wird es ein eher kräftiger Jahrgang sein.“
Besonders entgegen kommt der heurige Jahrgang den Rotweintrauben. Aufgrund der kleinbeerigen, tiefdunklen und konzentrierten Trauben kann man davon ausgehen, „dass das sehr intensive und gehaltvolle Rotweine werden“, so Schmuckenschlager.
Eine Weinernte bei hohen Temperaturen stellt Winzer vor große Herausforderungen. Denn ist es zu warm bei der Verarbeitung, besteht die Gefahr eines Aromaverlustes. Hier kann der Weinbaupräsident aber Entwarnung geben: „Auch bei der Lese unter hohen Temperaturen sind unsere Betriebe cool genug, um einen guten Jahrgang hervorzubringen.“ Langfristige Investitionen in Kühl-Infrastruktur und technische Fortschritte bei der Lese machen hier den entscheidenden Unterschied.