Tierische Sprachkunst

Das Museum Niederösterreich zeigt, dass auch Tiere und Pflanzen kommunizieren, warum sie das tun und wie ähnlich sie den Menschen darin tatsächlich sind.

Maus vor einem Mikrofon
Tiere drücken sich neben der akustischen Kommunikation auch visuell, taktil, chemisch, vibratorisch und elektrisch aus. © NÖ Museum/Bettina Wernisch/Penn und Zala Lab/Vetmeduni Wien

Kommunikation in ihren vielfältigsten Formen ist lebensnotwendig – und das nicht nur für die Menschen. Dass auch Tiere und Pflanzen untereinander kommunizieren und Informationen austauschen und vor allem wie und warum das geschieht, zeigt das Museum Niederösterreich mit der neuen Ausstellung „Heraus mit der Sprache! Wie Tiere & Pflanzen kommunizieren“. 

Prinzipiell funktioniert Kommunikation durch ein Sender-Empfänger-Modell, wie man zu Beginn der Ausstellung erfährt. Der Sender kodiert ein Signal, welches vom Empfänger dekodiert wird und im besten Fall eine Reaktion hervorruft. Dieses Modell kann jedoch auf unterschiedlichste Art und Weise erfolgen und auch beispielsweise durch Lauscher – also die unerwünschte Präsenz eines Dritten – gestört werden. 

Ebenso können Besucher anhand einiger Lebend-Tiere – Grillen, Fauchschaben, Orchideenmantis, Schildmantis und brasilianische Pfeilgiftfrösche – hautnah erleben, wie unterschiedlich Tiere kommunizieren. So geben etwa Grillen und Fauchschaben besondere Laute von sich, welche sich in der Ausstellung mit Hilfe eines Waschbretts oder einer Trommel imitieren lassen, während Orchideenmantis ihr Äußeres benutzen, um Beute anzulocken. Als Blüte einer Orchidee getarnt, sind sie für andere Spezies kaum erkennbar. 

Die jeweiligen Kommunikationskanäle – akustisch, chemisch und visuell sowie taktil, vibratorisch und elektrisch – sind in der Ausstellung mit einem Farbschema gekennzeichnet, um Besuchern die Orientierung zu vereinfachen. So wird gezeigt, dass Kommunikation auf den unterschiedlichsten Ebenen stattfinden kann und Redewendungen wie „stumm wie ein Fisch sein“ so tatsächlich gar nicht stimmen. Denn auch Fische sind lautaktiv und kommunizieren – wenn auch für den Menschen nicht hörbar – miteinander, weiß Ronald Lintner, wissenschaftlicher Leiter des Hauses für Natur und Kurator der Ausstellung. Ähnlich ist es auch in der Welt der Elefanten. Diese gelten zwar aufgrund der trompetenartigen Geräusche, die sie von sich geben können, nicht als stumm, kommunizieren aber ebenso außerhalb der für Menschen hörbaren Tonlagen. Diese Art der Kommunikation nennt sich „Rumbling“ und entsteht über Infraschall. 

Überraschende Ähnlichkeit

Auch der Hauptraum gliedert sich nach dem Farbschema in vier Bereiche. So geht es unter den Themen Warnung, Reviergrenzen, Liebesgeschichten und Gruppendynamik um die Frage: „Wieso kommunizieren Tiere und Pflanzen miteinander?“ Das Highlight dieses Raumes ist wohl die Säule, die sich in dessen Mitte befindet – der „Menschturm“. Dieser stellt die Verbindung her zwischen den vier Kommunikationsbereichen und dem Menschen und lässt dabei die Bilder ganz für sich sprechen. 

Ein Schmunzeln wird hier wohl jedem abgerungen, wenn das Röhren der Rothirsche, um ihr Revier abzustecken, mit Fotos der neuseeländischen Rugby-Nationalmannschaft All Blacks verglichen wird. Denn auch diese wollen ihre Gegner durch einen speziellen Tanz und Ruf auf dem Spielfeld abschrecken. Und ähnlich wie die Hunde ihr Revier markieren, so machen das auch die Menschen – jedoch vorwiegend im Badeurlaub, wenn sie mit dem Strandtuch ihre Sonnenliegen reservieren. Unähnlich sind die Tiere den Menschen auch in der Partnersuche nicht. So achten manche besonders auf die physische Fitness, während andere versuchen, mögliche Partner auf die kreative Art zu beeindrucken. Amseln legen beispielsweise besonders Wert auf einen orangenen Schnabel, da dieser auf einen guten Gesundheitszustand hindeutet, während sich Haubentaucher durch eine Art Wasserballett in Szene setzen. 

Tierische Rituale

Wird in der Tier- und Pflanzenwelt kommuniziert, so gibt es auch hier gewisse Rituale. Als besonders höflich gelten etwa die Waldrappe, denn die Begrüßung zwischen Tieren dieser Art ist von größter Wichtigkeit. Treffen sich Waldrappe, wird zuallererst der Kopf in den Nacken gelegt, um den anderen entsprechend willkommen zu heißen. 

Als besonders einfallsreich im Bereich der Kommunikationsregeln gelten die Bienen. Denn diese führen sogenannte Bienentänze auf, welche jedoch nicht, wie zuvor im Fall der Haubentaucher, der Partnersuche dienen, sondern vielmehr als tierisches Navigationssystem fungieren. Hat eine Biene etwas gefunden, so hilft sie ihrem Schwarm, ausgehend vom Bienenstock, den richtigen Weg zu finden. In tänzelnden Bewegungen richtet sie sich an der Sonne aus und deutet die Richtung an, in der sich der Fund befindet. 

Neben der Einführung in die Welt der Tiere und Pflanzen werden Besucher jedoch auch zur Selbstreflexion eingeladen. So werden sie auf einer Tafel dazu aufgefordert, das erste eigene Wort mit anderen zu teilen oder die eigene Mimik im Spiegel zu analysieren.  Ähnliche Mitmachstationen sind in allen Räumen der Ausstellung zu finden und vermitteln vorwiegend den jüngsten Besuchern, aber ebenso ihren Begleitern, spielerisch neue Inhalte. Und auch die eigenen Haustiere rücken in den Fokus. So setzt sich ein eigener Teil der Ausstellung mit der Sprache der Hunde und Katzen auseinander. 

Sinne beanspruchen

Das Beste kommt bekanntlich zum Schluss und so endet auch diese Sonderausstellung mit dem Sinnesraum in einem Highlight. Hier wird sich unter Verdunkelung vor allem mit der Umwelt und mit Naturschutz – vorwiegend mit Lärm- und Lichtverschmutzung – beschäftigt. Eine Straßenlaterne veranschaulicht beispielsweise den Effekt des Lichtes auf das Zeitgefühl der Vögel. Befinden sie sich nämlich in der Nähe einer Laterne, so beginnen sie auch deutlich früher am Tag zu singen. Zudem wird hier visualisiert, was zuvor nur auditiv zu hören war. Mit Hilfe eines Bildschirms können Besucher die Stimmen verschiedener Tiere sowie auch jene des Menschen auf eine Wand projizieren und sichtbar machen. Erneut fällt dabei auf: Groß ist der Unterschied zwischen Mensch und Tier auch hier nicht.