1922, ein Jahr nachdem das Burgenland zu Österreich gekommen ist, wurde das Genossenschaftsgesetz übernommen und die ersten Raiffeisen-Genossenschaften gegründet. Hätte es den Rechtsbestand auch im ungarischen Teil gegeben, hätte es die Genossenschaften schon viel früher gegeben, ist Rudolf Könighofer, Generaldirektor der Raiffeisenlandesbank Burgenland, überzeugt, denn: „Die Genossenschaft ist die richtige Rechtsform der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.“ Diese Ansicht teilten alle Redner beim Festakt zu „100 Jahre Raiffeisenbankengruppe Burgenland“ im Schloss Esterházy in Eisenstadt, zu dem 150 Wegbegleiter, Kunden und Geschäftspartner geladen waren. Festrednerin Danielle Spera, Direktorin des Jüdischen Museums Wien, sprach von einer Vorzeigerolle für Toleranz und Respekt und betonte: „Wer 100 Jahre erlebt, der hat wohl alles richtig gemacht.“
Den großen Einfluss von Raiffeisen auf die Entwicklung des Burgenlandes würdigte auch Landeshauptmann-Stellvertreterin Astrid Eisenkopf: „Raiffeisen ist kompetenter und verlässlicher Partner der Wirtschaft und der Menschen in unserem Land und setzt starke Impulse für die gesamte Region.“ Für Eisenstadts Bürgermeister Thomas Steiner liegt der langjährige Erfolg am Wertefundament von Raiffeisen.
Die Raiffeisenbankengruppe Burgenland, bestehend aus der Landesbank und 15 selbstständigen Raiffeisenbanken mit 87 Bankstellen, fühlt sich den Werten Nähe, Vertrauen und Sicherheit verpflichtet. „Die Grundlage für ein erfolgreiches Bankgeschäft bleibt trotz aller wirtschaftlichen und digitalen Herausforderungen das Vertrauen unserer Kunden“, unterstreicht Alexander Kubin, Vorsitzender der Geschäftsleitervereinigung der burgenländischen Raiffeisenbanken. Dass dieses Vertrauen immer stärker wird, belegt die stetige Neukundengewinnung. Aktuell werden 242.000 Raiffeisen-Kunden gezählt, in einem Land mit 300.000 Einwohnern, damit ist man die klare Nummer eins. Die Bilanzsumme der Gruppe liegt bei 9,3 Mrd. Euro, die Kundeneinlagen bei 5,7 Mrd. Euro und das Finanzierungsvolumen hält bei 4,6 Mrd. Euro. Es werden 63.000 Bausparer betreut, 11.000 neu abgeschlossene Verträge im Vorjahr zeigen, dass Bausparen nach wie vor bei Kunden sehr beliebt ist. Wachsende Bedeutung hat der Wertpapierbereich mit 34.000 Fondssparplänen und einem Kundendepotvolumen von 1,65 Mrd. Euro. Darüber hinaus gibt es bei Raiffeisen Burgenland 58.000 Versicherungskunden und knapp 3.000 Leasingverträge. „Raiffeisen hat 100 Jahre mitgeholfen, das Burgenland lebens- und liebenswert zu gestalten und wird diesem Auftrag auch in Zukunft nachkommen“, ist Kubin überzeugt.
Wertschätzende Idee
Die genossenschaftlichen Prinzipien, Regionalität, Solidarität und Subsidiarität, seien gerade in herausfordernden Zeiten wie diesen besonders wichtig, erklärt RLB-Aufsichtsratsvorsitzender Erwin Tinhof und nennt einen wesentlichen Erfolgsfaktor: „Das Funktionärswesen ist einzigartig. Es gibt Menschen, die für andere Verantwortung übernehmen, das ist die wertschätzende Idee von Raiffeisen. Was wir gemeinsam schaffen, kann einer allein nicht tun.“ Rudolf Könighofer ergänzt: „Wir spüren gerade jetzt eine Zeitenwende, die wieder Herausforderungen bringt, die wir genossenschaftlich besser lösen werden.“ Die traditionellen Werte ließen sich mit aktuellen Themen gut verknüpfen.
Mit Energie in die Zukunft
Eine große Herausforderung ist die Energiewende, der man seit kurzem mit der Raiffeisen-Nachhaltigkeits-Initiative (RNI) Burgenland begegnet. „Wir wollen die nachhaltige und ökologische Entwicklung im Burgenland fördern“, erklärt RLB-Vorstandsdirektorin Eva Fugger. Als erstes Projekt ist man gerade dabei, die Infrastruktur für Energiegemeinschaften zu schaffen. 20 Energiegenossenschaften, flächendeckend über das gesamte Bundesland, sollen den Teilnehmern ermöglichen, durch gemeinschaftliches und gemeinnütziges Wirtschaften Vorteile aus dem Handel mit sämtlichen Formen nachhaltiger Energien zu erwerben. Mitglieder sind Private, Gemeinden und öffentliche Einrichtungen sowie Unternehmen. „Der Urgedanke von Raiffeisen, gemeinschaftliches Wirtschaften zum Vorteil aller Mitglieder, lässt sich hier wunderbar vereinen mit den Herausforderungen, die der Klimawandel bringt“, betont Fugger. Ein weiteres Projekt der RNI Burgenland ist der Nachhaltigkeitsrechner für Photovoltaik-Anlagen, der bereits in allen Raiffeisen-Bankstellen angeboten wird. „Bei uns geht es um mehr als nur die reine Energiegewinnung. Unser Ziel wäre dann erreicht, wenn jeder Kunde von der Mitgliedschaft der Genossenschaft profitiert und wir es schaffen, damit die regionale Wirtschaft zu fördern.“
Positive Bilanz 2021
Wie gut die Idee Raiffeisen 100 Jahre nach der Gründung der ersten Genossenschaften funktioniert, zeigt der jüngste Geschäftsbericht der RLB Burgenland, die bis heute die Genossenschaft als Rechtsform hat. Die Bilanzsumme erhöhte sich gegenüber 2020 um 2,4 Prozent auf 4,48 Mrd. Euro. Die Kundeneinlagen sind von 1,33 auf 1,37 Mrd. Euro gestiegen und die Forderungen an Kunden erhöhten sich von 1,78 auf 1,90 Mrd. Euro.
„Stabilität und Sicherheit wird von den Kunden honoriert. Privatkunden haben sichere Häfen gesucht und in Raiffeisen gefunden. Wir haben unseren Kundenanteil kräftig ausgeweitet“, fasst Könighofer das Jahr 2021 kurz zusammen. Die RLB Burgenland betreut rund 50.000 Kunden. Eine der zentralen Herausforderungen war es auch im Jahr 2021, die Kunden unbürokratisch bei Überbrückungshilfen und Stundungen zu unterstützen. Dazu gehört die Hilfe bei der Erstellung aller notwendigen Unterlagen zur Einreichung bei den Förderstellen des Bundes und des Landes und die rasche Auszahlung der bewilligten Gelder. Mit Stand 31. Dezember 2021 haben 638 RLB-Kunden Moratorien in Höhe von insgesamt 27,5 Mio. Euro in Anspruch genommen und 92 Firmenkunden Überbrückungsfinanzierungen in Höhe von 24,7 Mio. Euro. „Wenn diese Förderungen und Maßnahmen auslaufen, werden Nachfolgeregelungen notwendig werden. Wir erwarten uns weitere Besicherungshilfen“, so Könighofer Richtung Politik.
Die Eigenmittel der RLB Burgenland belaufen sich auf 434,4 Mio. Euro, damit hält die Bank nahezu doppelt so viele Eigenmittel wie gesetzlich vorgeschrieben. Mit einem Sicherheitspolster von 215,1 Mio. Euro sei man für alle Eventualitäten in nächster Zeit gewappnet und könne auch künftige Investitionen ermöglichen. Das Betriebsergebnis verbesserte sich um 47,2 Prozent auf 32,6 Mio. Euro. Das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit reduzierte sich um 0,45 Mio. Euro auf 12,88 Mio. Euro. Der Jahresgewinn erhöhte sich 2021 von 5,74 Mio. auf 9,09 Mio. Euro.
Für das Jahr 2022 ist Könighofer vorsichtig optimistisch: „Unser Kerngeschäft mit unseren Kunden läuft sehr gut, aber uns fehlt die Ausschüttung der RBI, die Risikokosten steigen kriegsbedingt und die Kreditnehmer sind in unsicheren Zeiten eher zurückhaltend.“