Eishockey ist ja als Sportart bekannt, in der große Rückstände schnell aufholbar sind und in der manchmal nur wenige Sekunden darüber entscheiden, ob eine lange Saison von Erfolg gekrönt ist oder nicht. Mit 0:4 lagen die Stock City Oilers aus Stockerau im Finale der Jakumi Elite Liga gegen den Eishockeyclub Union Wien hinten, ehe man sich zurückkämpfte und Mitte des letzten Drittels den Ausgleich schaffte. Als die Uhr nur mehr eine Spielzeit von 80 Sekunden anzeigte und viele schon mit einer Verlängerung rechneten, schlug Top-Center Moritz Mölls zu und versenkte den Puck zur Entscheidung ins Netz. 5:4, Titel verteidigt! „Da brachen bei uns natürlich alle Dämme“, erinnert sich Obmann Christian Prerauer an die letzten Sekunden in der Wiener Steffl Arena, vormals auch als Albert-Schultz-Halle bekannt. „Zumal wir nach dem Grunddurchgang nur Vierter waren und uns erst in den Play-offs so richtig in die Saison hineingearbeitet haben.“
Kleiner Klub, große Pläne
Da es der zweite Titelgewinn in Folge in der vierthöchsten Liga Österreichs war, ist das Ziel für die in diesen Tagen beginnende neue Saison natürlich vorab schon klar definiert. „Keine Frage, jetzt wollen wir das Titel-Triple“, sagt Prerauer. Was übrigens im Eishockey nicht automatisch bedeutet, dass damit auch ein Aufstieg in die nächsthöhere Liga verbunden wäre. Denn eine höhere Liga bedeutet immer auch einen höheren Aufwand, zeitlich wie finanziell – und da muss man es sich bei einem reinen Amateur-Klub wie den Stock City Oilers ganz genau überlegen, ob man sich das antun will.
„Wenn wir zum Beispiel mit unseren Nachwuchs-Teams auf Bundesliga-Ebene spielen wollten, bräuchten wir dafür eine eigene Halle. Die haben wir aber natürlich nicht“, sagt der 52-Jährige. Also weichen die Jugendmannschaften sowie die zweite und dritte Kampfmannschaft zum Training und zu Spielen oft nach St. Pölten aus, das Meister-Team der ersten Mannschaft trägt seine „Heimspiele“ auf einem Nebenplatz der großen Steffl Arena in Kagran aus, wo auch die Vienna Capitals in der ICE Hockey League zu Hause sind. „Eiszeiten zu bekommen, ist eine unserer größten Herausforderungen“, weiß Prerauer. „Allein, dass die Preise zuletzt um etwa ein Drittel gestiegen sind, trifft uns natürlich. Aber dieses Problem haben wir ja nicht allein.“
Talente entdecken und fördern
So schön die Erfolge im Erwachsenenbereich, in dem auch die niederösterreichischen Landesligen 1 und 2 mit weiteren Teams bespielt werden, sind: Noch wichtiger ist für den Mitte der 80er-Jahre gegründeten Verein eine funktionierende Jugendarbeit. „Unsere Philosophie lautet, eigene Spieler heranzuführen, auszubilden und dann für uns spielen zu lassen. Und nicht einfach nur Spieler von anderen Vereinen abzuwerben“, erklärt Prerauer. Von der ersten Mannschaft abgesehen, in der auch einige Spieler aus Wien auf Puckjagd gehen, bestehen die meisten anderen Teams aus Stockerauern.
Um möglichst früh Talente zu entdecken, bieten die Oilers sogar ein Kindergarten-Programm an, mit dem die Kids spielerisch an die rasante und dynamische Sportart herangeführt werden. Am Anfang geht es erst einmal nur darum, auf dem Eislaufplatz in Stockerau das Eislaufen zu erlernen, später kommen ein paar Grundtechniken mit dem Schläger hinzu. „Gecheckt wird in diesem Alter ohnehin noch nicht“, weiß Prerauer. „Das beginnt erst ab der U14. Und wenn die Kinder erst einmal merken, dass sie sich dank der Ausrüstung beim Hinfallen nicht wehtun, haben sie auch keine Angst.“ Die Ausrüstung wird übrigens vom Verein gestellt, lediglich eigene Eislaufschuhe sind vonnöten, was den Kostenfaktor für die Familien reduziert.
Obmann aus Leidenschaft
Prerauer selbst kam auch über seine Kinder zum Eishockey. 2012 meldete er seine beiden Söhne bei den Oilers an und wuchs immer mehr in die Funktionärsrolle hinein, bis er schließlich 2020 zum Obmann wurde. „Am Anfang war es mir einfach zu fad, immer nur die Kids abzuliefern und zuzuschauen“, sagt er lachend. „Erst habe ich die Tür für die Spielerwechsel bedient, dann noch die Strafbank überwacht, später wurde ich als Beisitzer in den Vorstand gewählt.“ Alles natürlich ehrenamtlich, denn ohne solcherlei Engagements wäre Sport auf dieser Ebene schlicht und ergreifend nicht durchführbar.
Umso wichtiger auch die Rolle von Sponsoren, ohne deren Zuwendungen es ebenfalls nicht funktionieren würde. „Die Raiffeisenbank Stockerau ist einer unserer Hauptsponsoren und definitiv schon länger dabei als ich es bin“, sagt Prerauer, der im vergangenen Jahr dafür gesorgt hat, dass es zur Überbrückung der Sommermonate auch wieder eine Inlinehockey-Sektion gibt. Drei Mannschaften gehen unter dem Oilers-Logo an den Start, wobei die U11 und die U19 heuer sogar zu Meisterehren kam. „Wir bieten natürlich ohnehin Sommer-Training an, aber wer dann noch Lust hat, auch in der warmen Jahreszeit Meisterschaft zu spielen, kann das bei uns im Inline-Bereich tun“, erklärt der im zivilen Leben in der Maschinenbaubranche tätige Prerauer die Beweggründe. Der Erfolg gibt ihm auch dahingehend recht, da bei der U19-Europameisterschaft, die in diesem Jahr in Amstetten ausgetragen wurde, sieben Spieler aus Stockerau am Start waren. Ein Erfolg, der die Beteiligten mit Stolz erfüllt.
Gute Aussichten für die Zukunft
Lust auf Meisterschaft hat natürlich auch die Einser-Garnitur der Eishockeyspieler. Das Gerüst der Mannschaft spielt seit Jahren zusammen, einen größeren Umbruch gab es schon länger nicht. „Da es ein paar junge Spieler gibt, die sowohl noch im Nachwuchs als auch schon in der Kampfmannschaft spielen können, haben wir einen recht großen und spannenden Kader“, sagt Prerauer. „Auf der anderen Seite sind es eben reine Amateure, die manchmal auch berufliche oder private Verpflichtungen haben. Drei Linien mit gut 15 Spielern bekommen wir aber immer zusammen.“
Und wenn die auch in diesem Jahr so gut harmonieren wie zuletzt, steht dem angestrebten Triple nicht viel im Wege.