Die zahlreichen Veränderungen unserer Zeit machen auch vor der Landwirtschaft nicht halt. Immer mehr sind heimische Bauern mit den Auswirkungen des Klimawandels und den stark gestiegenen Preisen am Energie- und Rohstoffmarkt konfrontiert. Um Möglichkeiten aufzuzeigen, mit diesen Herausforderungen umzugehen, lud Raiffeisen Wien gemeinsam mit der Landwirtschaftskammer Österreich zu einer Informationsveranstaltung zum Thema „Die Wiener Stadtlandwirtschaft in Zeiten nachhaltiger Energie“. So stand vor allem die effiziente Nutzung erneuerbarer Energien im Fokus des Abends.
Als Bankunternehmen sehe es auch die Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien zunehmend als seine Aufgabe im Bereich der Nachhaltigkeit voranzuschreiten und auch landwirtschaftliche Betriebe in dieser Transformation zu begleiten, betont Generaldirektor Michael Höllerer und ergänzt: „Die Zukunft steht nicht still, es ist alles volatil. Wir möchten über den Tellerrand blicken und Produkte bringen, die man nicht grundsätzlich mit einer Bank assoziiert.“ So sei man zwar bereits „relativ gesehen“ der österreichweit größte Finanzierer nachhaltiger Energie, setze sich aber dennoch das Ziel, weiter nach innovativen Lösungen für Kunden zu suchen.
2 Mrd. Euro an Finanzierungsvolumen
Einer dieser Ansätze von Raiffeisen NÖ-Wien ist der Stromtarif „Auri One“, welcher sich seit Sommer 2023 als vollständig regionaler und nachhaltiger Ökostromtarif an Privatpersonen und Unternehmen richtet. „Wir entwickeln Auri stetig weiter. In einem nächsten Schritt geht es darum, für unsere Kunden die Möglichkeit zu schaffen, überschüssige Energie als wertvolles Gut einzuspeisen“, sagt Sebastian Leopold, Abteilungsleiter RLB NÖ-Wien Business Development & Innovation, und erläutert: „Das Mehr an Energie kann dann mittelfristig – beispielsweise mit Nachbarn – geteilt werden. Damit wird die gemeinsame Stromversorgung sichergestellt.“
Zudem habe man in der RLB NÖ-Wien ein Portfolio von 2 Mrd. Euro an Finanzierungsvolumen in landwirtschaftlichen oder damit verbundenen Betrieben. „Wir müssen schauen, dass wir jeden Betrieb weiterbringen, sonst sterben in unseren Breiten Industrien aus, die wir in ein paar Jahren wieder notwendigerweise brauchen werden“, gibt Höllerer zu bedenken.
Zu Unrecht unterschätzt
Aufgrund ihrer vergleichsweise geringen Größe – rund 700 land- und forstwirtschaftliche Betriebe innerhalb der Stadtgrenzen – erhält die Wiener Landwirtschaft häufig nicht dieselbe Aufmerksamkeit wie jene der anderen, ländlicheren Bundesländer. Dennoch sei sie nicht zu unterschätzen, wie Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig betont: „Wenn man die Wiener Landwirtschaft nicht kennt, dann muss man sie kennenlernen. Winzer, Ackerbauern und Gärtner, die zusammenarbeiten und die auch die Heurigenkultur am Leben halten.“ So leisten die Stadtlandwirte nicht nur einen wesentlichen Beitrag zur Versorgungssicherheit, sondern sind ebenso wichtige Kulturträger.
Damit Wiens Bauern diesen Aufgaben weiterhin nachgehen können, brauche es „stabile Rahmenbedingungen und Perspektiven“. Erreicht werden sollen diese durch die neue Gemeinsame Agrarpolitik (GAP), dem Strategieprozess „Vision 2028+“ sowie durch das Impulsprogramm für die Landwirtschaft und die Maßnahmen zur Abfederung der gestiegenen Energiekosten.
Stärkere Kommunikation
„Die GAP bildet eine gute Basis, auf der wir aufbauen können“, ist sich Totschnig sicher. So tragen 52 Prozent des im Rahmen der GAP investierten Geldes zum Erreichen der Klimaziele bei. Im Allgemeinen gehe es um eine gemeinsame Agrarpolitik, die höhere Standards einfordert, vor allem im Bio- und Biodiversitätsbereich. „Durch die Förderprogramme der Gemeinsamen Agrarpolitik und der Stadt Wien können neue Konzepte für energieeffiziente Anbaumethoden, nachhaltige Ressourcennutzung und neue Technologien in den bäuerlichen Familienbetrieben der Stadtlandwirtschaft umgesetzt werden“, schließt sich auch Norbert Walter, Präsident der Landwirtschaftskammer Wien, an.
Wichtig sei für beide zudem eine stärkere Kommunikation in die Bevölkerung. „Es gibt keine Millionenstadt, die so einen nennenswerten Weinbau und intensiven Gartenbau hat wie Wien und darauf können wir stolz sein. Wir müssen die Stadternte unbedingt weitertragen und kommunizieren, dass man hier heimische Lebensmittel in höchster Qualität kaufen kann“, unterstreicht Walter.