Eine positive Bilanz in turbulenten Zeiten zog der Raiffeisen-Revisionsverband (RRV) Niederösterreich-Wien über das Geschäftsjahr 2022/23 bei der ersten Generalversammlung nach der Corona-Pandemie in der Landwirtschaftskammer in St. Pölten. „Man merkt im aktuellen Umfeld die Verunsicherung, vieles schaut nicht bewältigbar aus. Wir spüren alle gemeinsam in der Gesellschaft, in den Familien und in den Betrieben, wo wir Verantwortung tragen, dass die Zeiten ungewöhnlich sind, dass vieles, was früher gegolten hat, aus dem Ruder läuft und neu angegangen werden muss. Das alles fordert uns ganz extrem“, gab RRV-NÖ-Wien-Obmann Josef Pröll eine Übersicht über die Stimmungs- und Wirtschaftslage. Umso wichtiger sei es, sich in solchen Momenten an die Gründungsgeschichte Raiffeisens zu erinnern. Schon damals waren die Zeiten nicht einfach. Daher sei es besonders wichtig zu betonen, „dass Raiffeisen ein verlässlicher Partner ist – gerade wenn es unrund und unruhig wird“.
Johannes Schmuckenschlager, Präsident der Landwirtschaftskammer Niederösterreich, machte in seiner Begrüßung auf die angespannte Lage der Landwirte in Österreich, aber auch in ganz Europa aufmerksam: „Auf der einen Seite haben wir steigende Betriebsmittelpreise und auf der anderen Seite destabilisierte Märkte – das bringt uns massiv unter Druck. Das ist aber nicht nur in der Landwirtschaft so, sondern in vielen Bereichen.“ Das Zauberwort in der heutigen Zeit laute Verhältnismäßigkeit. Die habe sich in den letzten Jahren massiv verschoben. Für die Produktion werden immer neue Anforderungen gesetzt, während man gleichzeitig unkontrollierten Märkten ausgeliefert sei. Viele Maßnahmen wie das agrarpolitische Programm bedürfen einer Revision. Die ersten Signale aus Brüssel seien diesbezüglich positiv, resümierte Schmuckenschlager.
Raiffeisenbanken auf Wachstumskurs
Im Anschluss berichtete Obmann Josef Pröll über die Entwicklung der wesentlichen Mitgliedsgenossenschaften. Insgesamt gehörten dem Verband im Vorjahr 42 Raiffeisenbanken an. Bei seinem Antritt als Obmann im Jahr 2012 hatte es noch 67 Raiffeisenbanken gegeben. Der Rückgang sei eine Folge der anhaltenden Fusionen der letzten Jahre. Heuer werde es das erste Jahr sein, in dem es keine Fusionen geben wird, so Pröll. Im Schnitt weise eine Raiffeisenbank in Niederösterreich eine Bilanzsumme von 757 Mio. Euro aus. Neun Banken im Land haben eine Bilanzsumme von über 1 Mrd. Euro, vier Banken von über 2 Mrd. Euro. „Die größte Primärbank des Landes ist fast 30-mal so groß wie die kleinste. Das zeigt die enorme Spreizung, die wir in unserem Prüfportfolio haben“, betonte Pröll.
Der kräftige Zinsanstieg habe die Betriebserträge der Raiffeisenbanken von rund 600 Mio. Euro im Jahr 2022 auf knapp 990 Mio. Euro im Vorjahr nach oben geschraubt. Trotz dieser starken Ertragslage gingen die Kreditinstitute „sehr verantwortungsvoll und restriktiv“ mit dem Kostenbereich um. Erfreulich sei auch, dass die Kundenanzahl seit der Pandemie auf 1,15 Millionen deutlich gesteigert werden konnte. Zum Vergleich: Vor der Pandemie zählten die niederösterreichischen Raiffeisenbanken weniger als eine Million Kunden.
Schwieriges Jahr für Lagerhäuser
Anders sieht die Lage bei den Raiffeisen-Lagerhausgenossenschaften aus, die die Corona-Pandemie erfolgreich gemeistert hatten und 2022 einen Rekordumsatz von 1,8 Mrd. Euro erzielt hatten. 2023 habe nun eine komplette Trendumkehr gebracht. Die Lagerhäuser wurden von den diversen wirtschaftlichen Verwerfungen „hart getroffen“. Für 2023 rechne man mit einem schlechten Ergebnis, es werde dieser Entwicklung bereits entgegengesteuert, betonte Pröll.
Positiv entwickelten sich im Vorjahr unter anderem die Milchgenossenschaften, die ihre angelieferte Milchmenge um 4,5 Prozent auf 433 Mio. Kilogramm steigern konnten. Und auch die Winzergenossenschaften seien auf einem guten Weg mit einem Plus von 2,4 Prozent bei den Traubenlieferungen. Darüber hinaus sei es in den letzten Jahren gelungen, die Genossenschaft besser und moderner in der Öffentlichkeit zu präsentieren, freute sich Pröll über den Boom der Genossenschaftsidee. So habe sich etwa die Anzahl der Energiegenossenschaft heuer auf bereits 21 erhöht, Tendenz weiter steigend. Und auch bei der Jugend sei man mit drei Schülergenossenschaften präsent.
Generalrevisor Michael Laminger, der den RRV geprüft und ihm einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk erteilt hat, attestierte dem Prüfbetrieb, dass „die Revisionen sachverständlich durchgeführt wurden“. Auch die Prüfungsqualität der Revisoren stimme. Beim Personalaufwand pro Mitarbeiter liege der RRV „sehr, sehr gut“. Insgesamt habe man den Förderauftrag durch die zeitgerechte Erfüllung der Prüfungs- und Beratungsaufgaben sowie die anwaltschaftliche Vertretung der Mitglieder erfüllt, konstatierte der Generalrevisor abschließend.