Schaller: „Wir wollen gute Unternehmen im Land halten“

Die Raiffeisenlandesbank Oberösterreich hat sich kürzlich am Feuerwehrausstatter Rosenbauer beteiligt. Welche Intention dahintersteckt und wie der Beteiligungs­bereich derzeit dasteht, darüber spricht Generaldirektor Heinrich Schaller im Interview.

Beteiligungen sind ein Kerngeschäftsbereich der RLB OÖ. Rund 350 Beteiligungen zählt die Raiffeisen Beteiligungsholding, eine 100-Prozent-Tochter der RLB OÖ. Die Invest AG, zu 49 Prozent im Eigentum der RLB OÖ, hat weitere 56 Unternehmen im Portfolio. Wie hat sich das Beteiligungsgeschäft im ersten Halbjahr 2024 entwickelt?
Heinrich Schaller: Die elf großen Beteiligungen haben im ersten Halbjahr ein at-equity-Ergebnis von 127 Mio. Euro beigetragen. Darauf sind wir sehr stolz, auch wenn es aufgrund von Bewertungen deutlich niedriger ist als im Vorjahr. Auch alle anderen Beteiligungen haben einen sehr positiven Beitrag geleistet. Wir sehen bei keinem Unternehmen gröbere Schwierigkeiten, da und dort kleinere aufgrund von Branchenthemen. In Summe sind wir – angesichts des wirtschaftlichen Umfelds – wirklich sehr zufrieden. Das Beteiligungsgeschäft ist nach wie vor ein ganz wesentlicher Bestandteil unseres Geschäftsmodells, von dem wir sicherlich nicht abweichen.

Das Beteiligungs-Portfolio wächst auch weiter: Vor kurzem ist Raiffeisen Oberösterreich gemeinsam mit Stefan Pierer und Mark Mateschitz bei Rosenbauer eingestiegen. Warum beteiligt man sich beim Feuerwehrausstatter?
Schaller: Rosenbauer ist ein gutes Unternehmen mit viel Potenzial. Wir sind uns der gesellschaftspolitischen Verantwortung bewusst und wollen gute Unternehmen im Land halten, damit wir volkswirtschaftlich in unserem Wirtschaftsraum weiterkommen. Wir wollen nicht, dass irgendwelche ausländischen Fonds oder sonstige Gesellschaften hier strategische Beteiligungen eingehen, die dann in einer möglichen Krisenzeit sehr rasch Standorte schließen oder verlegen. Es geht um Standortsicherung, Arbeitsplätze, Erträge in der Region und damit Steuerleistung. Wenn man gute Unternehmen in der Region hat, haben alle Vorteile davon. Es ist ein wesentlicher Beitrag, den wir hier leisten, und auch eine Motivation, warum wir das machen. 

Wie dringend notwendig war der Einsatz bei Rosenbauer?
Schaller: Man hat an den Zahlen gesehen, dass hier Unterstützung notwendig ist, insbesondere was Eigenkapital betrifft. Es musste die Kapitalbasis gestärkt werden und das haben wir mit unserem Engagement gemeinsam mit unseren Partnern erreicht. Jetzt ist eine gute Basis da, um durchstarten zu können. 

Ist dieses Dreier-Konsortium einmalig zusammengekommen oder könnte man sich vorstellen, weitere Beteiligungen gemeinsam einzugehen?
Schaller: Ich sage nicht ja, ich sage nicht nein. Es ist alles offen.

Sehen Sie es generell als Aufgabe einer Bank, Unternehmen im Land zu halten?
Schaller: Wir sind davon überzeugt, dass das ein richtiger Weg ist. Ich will damit aber nicht sagen, dass das andere auch tun sollten. Für uns ist es richtig, wir fahren gut damit und daher werden wir dieses Geschäftsmodell nicht aufgeben, auch wenn es da und dort von der europäischen Aufsicht nicht gerne gesehen wird.

Heinrich Schaller im Interview © RLB OÖ
© RLB OÖ

Die Bankenaufsicht hat bei Basel IV anfangs überlegt, für Beteiligungen die Risikogewichtung von 100 auf 250 Prozent zu erhöhen. Dazu kam es nicht. Steht die RLB OÖ aufgrund ihrer Beteiligungen dennoch unter strengerer Beobachtung?
Schaller: Es ist gelungen, dass strategische Beteiligungen, die man lange halten will, von dieser erhöhten Unterlegungspflicht ausgeschlossen sind. Das war für uns der wichtigste Punkt, weil unsere größten Beteiligungen langfristige sind. Die Aufsicht schätzt das Risiko aber nach wie vor höher ein als bei Finanzierungen, das verstehen wir nicht ganz. 

Welche Kriterien sind ausschlaggebend, um sich zu beteiligen?
Schaller: Es ist auf der einen Seite die Branche. Mit unserer Beteiligungsstrategie wollen wir das bestehende Beteiligungsportfolio weiterentwickeln und in definierten Wachstumsbranchen wie beispielsweise Energie und Umwelt, Technologie, Gesundheit, aber auch Lebensmittel weiter ausbauen. Entscheidend ist natürlich auch, wie die Aussichten des Unternehmens für die Zukunft sind. Es muss Nachhaltigkeitskriterien entsprechen und auch den sonstigen Richtlinien, die wir in unserem Konzern für Finanzierungen und Beteiligungen aufgestellt haben. Das heißt keine Waffenproduktion, keine Kinderarbeit und was sonst alles dazugehört. Wenn sich dann immer noch ein positives Bild ergibt – also nach betriebswirtschaftlicher Rechnung ein Erfolg in Aussicht ist –, dann steigen wir ein.

Der Fokus auf Nachhaltigkeit bei neuen Investments – ist das für die Bank notwendig zur Kompensation der großen Industriebeteiligungen?
Schaller: Nein, weil diese großen Unternehmen natürlich auch Nachhaltigkeitsvorschriften unterliegen. Bei einer Voestalpine werden viele Investitionen vorgenommen, etwa in Elektroöfen sowohl in Linz als auch in der Steiermark, die notwendig sind, um die Nachhaltigkeitskriterien zu erfüllen und den CO₂-Ausstoß massiv zu verringern. 

Was sind die vorrangigen Gründe, warum Unternehmen einer Beteiligung einwilligen?
Schaller: Der Grund, warum wir oft gefragt werden, ob wir eine Beteiligung eingehen wollen, ist entweder, weil es Themen bei der Firmenübergabe gibt oder man expandieren will, aber das notwendige Eigenkapital dafür nicht hat. 

Ist momentan ein guter Zeitpunkt für neue Beteiligungen? 
Schaller: In einer Zeit, in der es wirtschaftlich kriselt, ist es ganz wichtig, die Businesspläne intensiv zu hinterfragen und durchzurechnen. Wirtschaftlich schwächere Phasen bedeuten nicht, dass man im Unternehmensbereich Schnäppchen bekommt oder die Zeit für Beteiligungen generell besser ist. 

Haben Sie neue Beteiligungen in der Pipeline?
Schaller: Ja, aber wenn man sie in der Pipeline hat, darf man noch nicht darüber sprechen. 

Die Bemühungen, Unternehmen im eigenen Land zu halten – ist das ein Ausdruck dafür, dass der Trend zur Globalisierung vorbei ist?
Schaller: Nein. Globalisierung ist in der heutigen Zeit nicht mehr wegzudenken. Es gibt aber Branchen, wo darüber nachgedacht wird, ob es nicht gut wäre, wenn man die Produktion in der unmittelbaren Region hätte. Gerade im Medikamentenbereich ist man momentan ein wenig aufgeschreckt, weil es in Europa viel zu wenige Unternehmen gibt, die hier auch produzieren. Dort, wo es gravierende Mangelerscheinungen gibt, kann man es aber nicht nur den Privaten überlassen, Produktionsstätten auszubauen oder neu aufzubauen. Wenn die öffentliche Hand ein Interesse hat, dass die Versorgung in bestimmten Bereichen gewährleistet ist, muss sie auch in Form von Förderungen einen Beitrag dazu leisten.

Heinrich Schaller im Interview © RLB OÖ
© RLB OÖ

Welche politischen Maßnahmen sind aus Ihrer Sicht notwendig, damit ein Unternehmen im Land bleibt oder sich ansiedelt?
Schaller: Mit der Senkung der Körperschaftsteuer hat die Regierung einen ersten wichtigen Schritt gesetzt. Die Entlastung für die Unternehmen bei den Lohnkosten wäre ein nächster Schritt. Ein weiterer Punkt, der mittlerweile nicht mehr nur die Banken betrifft, sondern die gesamte Realwirtschaft, wäre weniger Regulierung. Es macht mich unrund, dass es Unternehmen gibt, die definitiv darüber nachdenken, ob sie Expansionen oder Investitionen noch im europäischen Raum machen sollen. Das hängt im Wesentlichen von der Überregulierung und auch von der Überstrapazierung bestimmter Themen ab. Die Überlegungen und die Maßnahmen in Richtung Nachhaltigkeit sind nicht falsch, aber die Art der Umsetzung ist eine Katastrophe. Ich frage mich, wie wir unsere Volkswirtschaften in Zukunft stärken wollen: Durch überbordende Berichte oder durch unbürokratische Produktion? Ich glaube hier eher an die Produktion und die gesamte Wirtschaft denkt genauso. Nur die Politik sieht es offensichtlich anders.

Die Industrie baut derzeit Arbeitsplätze ab. Ist das Thema Fachkräftemangel oder überhaupt Arbeitskräftemangel jetzt vom Tisch? 
Schaller: Diejenigen, die Fachkräfte suchen, sagen, es ist aktuell ein bisschen einfacher, Fachkräfte zu finden. Das hängt natürlich damit zusammen, dass einige Unternehmen Arbeitskräfte abbauen. Ich bin der Meinung, man sollte beim Abbau sehr vorsichtig sein und darauf schauen, dass wenn die Wirtschaft wieder anspringt, man relativ rasch wieder auf diese Arbeitskräfte Zugriff hat.

Wann rechnen Sie damit, dass die Wirtschaft wieder anspringt? 
Schaller: Für das zweite Halbjahr bin ich noch nicht sehr zuversichtlich, aber mit Beginn des neuen Jahres werden wir einen leichten Anstieg sehen. Dann gehen wir insgesamt wieder in bessere Zeiten.

Wo kommen die positiven Signale her?
Schaller: Im Wesentlichen ist es die Aussicht auf Zinssenkungen, das ist normalerweise immer ein guter Stimulator für die Wirtschaft. Ob es heuer noch eine weitere Zinssenkung geben wird, da bin ich mir nicht sicher, aber umso schneller und stärker wird es dann im nächsten Jahr gehen. Das wird die Wirtschaft definitiv stimulieren. In den Auftragsbüchern unserer Beteiligungen sieht man derzeit noch keine Verbesserungen, aber insbesondere in der Bauwirtschaft wird man dann relativ bald wieder eine stärkere Nachfrage sehen. 

Hätte es das Beteiligungsgeschäft nicht schon gegeben, als Sie Generaldirektor geworden sind. Hätten Sie damit begonnen? 
Schaller: Ja, aber da es schon zur Tradition in unserem Haus gehörte, war einfach nur die Tradition fortzuführen. Und das mache ich mit großer Überzeugung zu diesem Geschäft. 

AusgabeRZ37-2024

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