„Die steirischen Genossenschaften leisten tagtäglich einen unverzichtbaren Wert für die Versorgung, Sicherheit und Souveränität in unserem Land“, eröffnete Obmann Franz Titschenbacher den diesjährigen Verbandstag in Raaba-Grambach. Mit rund 540.000 Mitgliedern ist statistisch gesehen fast jeder zweite Steirer Genossenschaftsmitglied. „Die Steiermark ist ohne Raiffeisen nichts und Raiffeisen ist auch ohne die Steiermark nichts“, geht Landeshauptmann Christopher Drexler auf die Bedeutung der Genossenschaften für die Region ein.
Die gesamtwirtschaftliche Bruttowertschöpfung der steirischen Raiffeisen-Gruppe hat im Jahr 2022 rund 836 Mio. Euro betragen. Raiffeisen Steiermark sichert knapp 10.000 Jobs und der fiskalische Effekt beträgt rund 440 Mio. Euro. Diese Zahlen unterstreichen die wirtschaftliche Kraft der steirischen Raiffeisen-Gruppe, die heuer und im Vorjahr um 16 neue Genossenschaften gewachsen ist – die meisten davon Erneuerbare Energiegemeinschaften.
Genossenschaftsidee stärker leben
„Gerade in schwierigen, herausfordernden Zeiten erfährt die Genossenschaft eine Renaissance. Werte wie Solidarität und Regionalität sind gefragter denn je“, betont Titschenbacher. Diese Werte will man gemeinsam mit dem Österreichischen Raiffeisenverband (ÖRV) auch im kommenden Jahr noch stärker hervorheben.
Das Jahr 2025 wurde von den Vereinten Nationen zum 2. Internationalen Jahr der Genossenschaften erklärt, nach 2012. „Die Genossenschaften liefern nicht nur einen wirtschaftlichen Beitrag, sondern auch einen sozialen, das wollen wir 2025 zeigen. Wir wollen das Jahr zum Anlass nehmen, sich auch auf die Wurzeln zu besinnen und die Genossenschaftsidee vor Ort stärker zu leben“, erklärt ÖRV-Generalsekretär Johannes Rehulka und denkt dabei etwa konkret an Mitgliedergewinnung.
Wirtschaftliche Entwicklung
Im Vorjahr war das Umfeld auch für die steirischen Genossenschaften nicht einfach. Die 40 selbstständigen Raiffeisenbanken und die Raiffeisen-Landesbank Steiermark hätten sich aber als starker Partner der steirischen Wirtschaft erwiesen: Die Ausleihungen bei den steirischen Primärbanken betrugen 14,5 Mrd. Euro, die Ersteinlagen 16,4 Mrd. Euro. Das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (EGT) lag bei 384 Mio. Euro oder 1,89 Prozent der durchschnittlichen Bilanzsumme, damit konnte man die Eigenkapitalsituation weiter stärken.
Der Lagerhausbereich musste nach zwei besonders umsatzstarken Jahren im Jahr 2023 einen Rückgang von 7,8 Prozent hinnehmen und fiel mit einer Betriebsleistung von 978,5 Mio. Euro wieder unter die Milliarden-Euro-Marke. Die Umsatzrückgänge waren insbesondere auf die Sparten Energie und Agrar zurückzuführen. Das Ergebnis vor Steuern in Höhe von 8,0 Mio. Euro oder 0,8 Prozent der Betriebsleistung lag deutlich unter dem sehr guten Wert des Vorjahres. In den Aus- und Umbau sowie in die Sanierungen der Lagerhäuser wurden 42,0 Mio. Euro investiert.
Die Molkereisparte wurde 2023 mit 542.000 Tonnen Rohmilch beliefert, das ist um 2,6 Prozent weniger als im Jahr davor. Auch die Anzahl der Milchlieferanten hat sich um knapp vier Prozent auf 3.491 reduziert. Die Betriebsleistung der steirischen Molkereien ist um 0,7 Prozent auf 276,4 Mio. Euro angestiegen. Das operative Ergebnis der steirischen Molkereien lag im Jahr 2023 in Summe wiederholt im negativen Bereich.
Einen Gesamtumsatz von 26,2 Mio. Euro (+15,4 Prozent) erwirtschafteten die 78 Biowärme- und Hackschnitzelbetriebe und versorgten dabei erstmals über 6.000 Kunden mit natürlicher Wärme. Steiermarkweit wurden 17,0 Mio. Euro in den Ausbau des Leitungsnetzes sowie in neue Betriebsanlagen investiert und weitere 400 Wärmebezieher angeschlossen. Im Sinne des genossenschaftlichen Fördergedankens wurden in diesem Bereich nur die zur Abwicklung eines ordnungsgemäßen Geschäftsbetriebes notwendigen Gewinne erwirtschaftet.
Bei den sonstigen vom Raiffeisenverband Steiermark zu prüfenden Mitgliedsbetrieben ist die wirtschaftliche Lage insgesamt stabil, wobei sich die stagnierende österreichische Wirtschaftsentwicklung auch in vielen Ergebnissen der steirischen Genossenschaften widerspiegle.
Weitere Gründungen erwartet
Das Motto „Wertschöpfung durch Erneuerung“ sei für den Raiffeisenverband Steiermark ein dauerhafter Auftrag, um den Revisionsverband zu einem innovativen und modernen Prüfungs- und Beratungsunternehmen zu entwickeln, um damit die größtmögliche Wertschöpfung für die Mitgliedsbetriebe sicherzustellen, betonte Verbandsdirektor Peter Weissl.
Stolz ist Weissl über die 22 neuen Genossenschaften, die in den vergangenen drei Jahren in der Steiermark gegründet wurden – überwiegend im Energiebereich. Eine große Chance wittert der Verbandsdirektor in den rechtlichen Neuerungen ab dem Jahr 2025, die die Umwandlung von Vereinen in Genossenschaften im Wege einer Gesamtrechtsnachfolge zulassen: „Immer mehr Vereine sind wirtschaftlich tätig, da bietet die Genossenschaft den richtigen Rechtsrahmen. Da sehe ich viel Potenzial.“
Datenqualität entscheidend
Das Potenzial und die Risiken von Künstlicher Intelligenz skizzierte die Schweizer IT-Ökonomin Sita Mazumder und stellte bei ihrem Vortrag die Frage „Werden wir Master oder Slave sein?“ Die Antwort darauf werde von mehreren Komponenten abhängen, erklärt Mazumder, nicht zuletzt von der Qualität der Daten. Strengerer Datenschutz ist für die Wissenschafterin deshalb kein Allheilmittel: „Die Positionierung geht momentan sehr stark zu Gunsten und zum Schutz der Datensätze. Aber wollen wir, dass die KI nur Daten von Facebook und Instagram verarbeitet? Eine hohe Datenqualität ist für bessere KI-Lösungen entscheidend.“
Generell habe es im Bereich der KI schon immer Entwicklungsschübe gegeben, mit der Markteinführung von ChatGPT seien diese aber rasant gewesen und in der breiten Öffentlichkeit angekommen. Umso wichtiger sei es nun, Menschen frühzeitig beizubringen, nicht alles zu glauben, was sie online sehen oder lesen. „Jeder Tag muss 1. April sein. Man muss sich fragen, ob dies richtig oder falsch sein kann“, nennt Mazumder eines der größten Risiken von KI.
Die Chancen von KI stehen für die Schweizerin aber ebenso außer Frage, wobei sie die Pauschalisierung für nicht mehr adäquat hält: „Artificial Intelligence ist ein riesiges Gebiet. Und nicht immer ist KI auch KI, sondern manchmal einfach nur Statistik.“ Sie unterscheidet jedenfalls in schwache, starke und super KI. „Roboter, die durch Beobachtung von Menschen lernen, das ist keine Science Fiction mehr, sondern das gibt es schon“, so Mazumder und verweist auf den 2021 entwickelten humanoiden Roboter namens „Ameca“.
Wann die Künstliche Intelligenz tatsächlich „stark“ ist, lasse sich noch nicht sagen. In Forscherkreisen würden die Jahre 2030, 2040 herumgeistern. „Wir müssen vorbereitet sein und mitgestalten“, rät Mazumder. Auch die Bank der Zukunft müsse sich mit digitalen Innovationen und neuen Technologien beschäftigen. Die Schweizerin ist sich sicher: „Das Bankgeschäft der Zukunft wird digitaler, persönlicher und intuitiver sein. Es geht um die richtige Kombination und darum, Künstliche und natürliche Intelligenz zusammenzubringen.“
Weibliche Intelligenz
Um die natürliche Intelligenz in Teams zu stärken, wurde vor zehn Jahren der Funktionärinnen-Beirat des Österreichischen Raiffeisenverbandes gegründet. Das Jubiläum wurde auch in der Steiermark zum Anlass genommen, um auf die Erfolge dieser Initiative hinzuweisen.
2014 lag der Anteil der Funktionärinnen bei den steirischen Raiffeisenbanken bei 9 Prozent, heute sind 27,5 Prozent der Eigentümervertreter weiblich. „Das ist eine Verdreifachung in der Steiermark und wir haben das Ziel 25 Prozent bis zum Jahr 2025 schon übertroffen“, freut sich die steirische Vertreterin im Funktionärinnen-Beirat, Doris Grantner-Planitzer.
Damals waren noch 19 Raiffeisenbanken ohne eine Funktionärin, heute sitzen in den Kontrollgremien der Banken mindestens zwei Frauen. Damit ist für Grantner-Planitzer das Endziel aber noch nicht erreicht: „50 Prozent der Kunden, Mitglieder und Mitarbeiter sind weiblich. Da ist es natürlich naheliegend, dass 50 Prozent unser Ziel ist.“ Bei den Lagerhaus-Genossenschaften steht man erst am Beginn.
„Ich will noch keine Prozentzahlen nennen, sondern zunächst Bewusstsein schaffen“, erklärt Franziska Schilcher, Vertreterin der Ware im Funktionärinnen-Beirat. Seit 2022 ist die Warengruppe auch im Beirat vertreten.
Beim Verbandstag standen heuer auch reguläre Neuwahlen an. Der seit 2009 amtierende Verbandsobmann, Landwirtschaftskammer-Präsident Franz Titschenbacher, wurde für weitere fünf Jahre im Amt bestätigt. Seine Stellvertreter sind der Aufsichtsratspräsident der Raiffeisen-Landesbank Steiermark, Josef Hainzl, und der Obmann der Obersteirischen Molkerei, Jakob Karner.