Aufgrund der anhaltenden Industrierezession und einer starken Zurückhaltung beim Konsumverhalten befindet sich Österreichs Wirtschaft 2024 bereits das zweite Jahr in einer ausgeprägten Schwächephase. Auch für das kommende Jahr wird kein starker Aufschwung erwartet. Die heimischen Banken hielten diesem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld stand, wie der aktuelle 48. Financial Stability Report der Nationalbank (OeNB) zeigt: So betrug der Gewinn des Bankensektors in der ersten Jahreshälfte 2024 sieben Milliarden Euro und lag damit nur knapp unter dem Rekordergebnis der Vorjahresperiode.
Grundlage dafür waren die weiterhin hohen Zinsergebnisse sowie das Geschäft im Ausland, das mehr als 40 Prozent der Bilanzsumme ausmacht. Insbesondere in Zentral-, Ost- und Südosteuropa erreichten die österreichischen Tochterbanken ein neues Hoch: knapp drei Milliarden Euro Gewinn. „Das ist unser ökonomisches Hinterland, von dem wir stark profitieren“, sagt OeNB-Gouverneur Robert Holzmann.
Mehr Kapitalreserven
Durch die Einbehaltung der hohen Erträge konnte die Widerstandsfähigkeit gestärkt werden – mit der harten Kernkapitalquote von 17,7 Prozent lagen die österreichischen Großbanken über dem europäischen Durchschnitt. Holzmann befürwortet die Reserven der Banken, betont jedoch gleichzeitig, dass es wichtig sei, diese auch zu behalten. Im jüngst von der OeNB durchgeführten Stresstest, bei dem ein Minus der Wirtschaftsleistung von fünf Prozent in drei Jahren simuliert wurde, hat sich die Anzahl der durchgefallenen Institute in der Folge halbiert. So könne der Bankensektor auch in schwierigen Zeiten „Teil der Lösung und nicht Teil des Problems sein“, so OeNB-Direktor Markus Schwaiger.
Was den Notenbankern indes Sorge bereitet, ist die Kreditqualität. Hier gab es in der ersten Jahreshälfte 2024 eine Verschlechterung. Konkret stieg der Anteil notleidender Kredite (non-performing loans/NPL) auf 2,7 Prozent. Das ist zwar an sich kein hoher Wert, lag die Quote doch 2014 sogar bei 8,0 Prozent. Aber: „Das Niveau ist nicht das Problem, es ist eher die Dynamik“, erklärt Schwaiger. So sei nämlich der Anteil an Krediten, die zwar noch nicht ausgefallen seien, aber Anpassungen benötigten, um die Rückzahlungsfähigkeit zu erhalten, ebenfalls gestiegen. Aus Sicht der Nationalbank deute deshalb alles auf ein anhaltend hohes Ausfallgeschehen in den kommenden Jahren hin.
Von der sinkenden Kreditqualität ist in erster Linie der Gewerbeimmobiliensektor betroffen. Hier ist die Quote laut OeNB bis Mitte des Jahres auf 5,5 Prozent angewachsen, was einer Verdopplung seit ihrem Tiefststand im Jahr 2020 entspricht. Als Gegenmaßnahme hat das österreichische Finanzmarktstabilitätsgremium (FMSG) der Finanzmarktaufsicht empfohlen, einen zusätzlichen Systemrisikopuffer für den Bankensektor von zunächst einem Prozent per Mitte 2025 einzuführen.
Fragezeichen bei KIM-VO
Positiver sieht die Lage im Bereich der Wohnimmobilien aus: „Die aufsichtlichen Maßnahmen für die Wohnimmobilienkreditvergabe in Österreich sind effektiv und haben die Finanzstabilität gestärkt“, heißt es dazu von der Nationalbank, die in diesem Zusammenhang die seitens der Banken oft kritisierte KIM-Verordnung lobend hervorhebt. Die KIM-VO gilt vorerst bis Mitte 2025 – ob sie dann weitergeführt wird, ist derzeit offen und wird noch evaluiert. „Ja, sie läuft ab, aber ihr Geist sollte erhalten bleiben“, meint Holzmann dazu. Sprich, dass auch weiterhin nur Kredite an Haushalte, die es sich leisten können – also mit genug Eigenkapital – vergeben werden. Aus Sicht der OeNB habe die KIM-Verordnung „effektiv“ die Finanzmarktstabilität gestärkt. Im ersten Halbjahr 2024 lag der Anteil nachhaltiger Wohnimmobilienkredite jedenfalls bei 84 Prozent.