Du bist, was du isst

Essen ist ein Grundbedürfnis des Menschen. Manchmal kann es uns aber auch krank machen, physisch und psychisch.

Unser Darm und unser Gehirn haben einen direkten Draht zueinander: Über die sogenannte Darm-Hirn-Achse sind die beiden wechselseitig miteinander verbunden. Das bekannte Sprichwort „Du bist, was du isst“, hat also durchaus seine Berechtigung. Die Kommunikation ist in beide Richtungen möglich und verläuft über Nervenverbindungen, Hormone, das Immunsystem und Darmbakterien. Auf diesem Weg können sowohl psychische sowie physische Vorgänge beeinflusst werden. 

Schlüsselrolle Darm

Welche Zusammenhänge zwischen Essen und Psyche bestehen, wie Essstörungen und Adipositas entstehen und wie sich unser Essverhalten im Laufe des Lebens verändert, hat der Verein Land schafft Leben in seinem neuen Report zum Thema analysiert. Fest steht: Essen ist weit mehr als nur die Versorgung mit Nährstoffen – es kann von unserer Stimmung abhängen, diese aber auch beeinflussen. 

Menschen mit psychischen Erkrankungen haben oft ein verändertes Darmmikrobiom. Dabei fällt auf, dass jene Bakterien seltener vorkommen, die Butyrat produzieren – eine kurzkettige Fettsäure, die auch Buttersäure genannt wird. Butyrat schützt die Darmschleimhaut und beugt Entzündungen vor. Die Menge an Butyrat kann z.B. durch die Aufnahme ballaststoffreicher Lebensmittel wie Vollkornprodukte, Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte sowie durch resistente Stärke, wie sie in gekochten und abgekühlten Kartoffeln zu finden ist, gesteigert werden.

Die Zusammenstellung des Mikrobioms lässt sich also direkt durch die Ernährung beeinflussen. Doch es sind viele Faktoren bei der Entstehung von (psychischen) Krankheiten beteiligt. Studien zeigen durchaus eine Verbindung zwischen Depressionen und einem veränderten Darmmikrobiom – unklar ist aber noch, welche Faktoren diese Veränderungen auslösen, etwa Ernährung, Bewegung oder Medikamenteneinnahme.

In unserer Gesellschaft mangelt es grundsätzlich am Bewusstsein über die Zusammenhänge zwischen Ernährung und Psyche. Maria Fanninger, Gründerin von Land schafft Leben, sagt dazu: „Die Forschung zu den Wechselwirkungen zwischen Essen und Psyche steckt noch in den Kinderschuhen. Dementsprechend wenig Bewusstsein gibt es dafür in der Bevölkerung. Dabei kann jede und jeder einzelne von uns hier wirklich viel für das eigene Wohlbefinden tun, indem sie beziehungsweise er darauf achtet, ausgewogen und bewusst zu essen.“

Wenn Essen krank macht

Die drei Hauptfaktoren, die unser Essverhalten bestimmen, sind innere Signale (Hunger und Sättigung), äußere Einflüsse (Angebot) und unsere persönlichen Einstellungen zum Essen. Das Zusammenspiel der Faktoren ändert sich im Laufe unseres Lebens – manchmal kommt es zu einem Ungleichgewicht, was im schlimmsten Fall Essstörungen oder Adipositas verursachen kann.

Adipositas ist eine komplexe und multifaktorielle Erkrankung, die durch das Zusammenspiel verschiedener Einflüsse entsteht und unterschiedlich ausgeprägt ist. Psychische Faktoren spielen dabei eine bedeutende Rolle, da viele Menschen durch Essen unangenehme Emotionen wie Traurigkeit, Ärger oder Einsamkeit bewältigen. Dieses sogenannte Essen zur Emotionsregulierung kann zwar kurzfristig Stress reduzieren, führt aber langfristig häufig zu einer Gewichtszunahme.

Nicht nur psychische, sondern auch physische Erkrankungen, wie Diabetes mellitus Typ 2 oder Bluthochdruck, werden dadurch begünstigt. Auffallend ist, dass Menschen mit psychischen Erkrankungen wie Angststörungen und Depressionen häufiger an Adipositas leiden. Sabrina Leal Garcia, Leiterin der Spezialambulanz für Psychosomatik, Ernährung und Psyche an der Medizinischen Universität Graz, sieht hier einen engen Zusammenhang: “Meiner Einschätzung nach sind circa 80 bis 90 Prozent der Patienten übergewichtig. Hier gibt es eine sehr hohe Komorbidität.”

Die gute Nachricht: Unser Essverhalten ist nicht in Stein gemeißelt. Es wurde im Laufe des Lebens erlernt und kann deshalb jederzeit angepasst werden. Für Fanninger liegt ein Schlüsselfaktor für die richtige Ernährung in der Ernährungsbildung ab dem Kindesalter: „Damit geben wir ihnen ein extrem wirkungsvolles Werkzeug, mit dem sie jederzeit selbst etwas für ihre Gesundheit und ihre Lebensqualität tun können.“

AusgabeRZ5-2025

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